Inhalt
Nordirland: Alistair hat als junger Mann Jimmy vor den Augen von dessen jüngerem Bruder Joe getötet. Er hat dafür Jahre im Gefängnis verbracht und ist ein völlig anderer Mensch geworden. 25 Jahre später will man ihn in einer Fernsehsendung zu einem Gespräch mit Joe bewegen. Die beiden Männer kämpfen jeder auf seine Art mit den Schatten der Vergangenheit.
Kritik
Bausteine und abgenutzte Spielfiguren liegen in der Ramschkiste, in der Alistair die Mordwaffe versteckt. Oh weh, der Killer ist ja fast noch ein Kind! Oliver Hirschbiegel hält den Holzhammer nicht zurück. Sobald einer der feinfühligeren Momente gekommen scheint, zieht der Regisseur einem damit eins über. Anteilnahme für die krampfhaft tragischen Figuren kann durch diese pathetischen Schübe nicht entstehen. In jeder Szene ist offenbar, dass alles reine Leinwandfiktion ist. Sogar der reale politische Konflikt, den der Plot aufgreift, wirkt so seltsam unwirklich. Mit der Pistole verübt der 16-Jährige (Mark Davison) einen Mord vor den Augen des kleinen Bruders des Opfers. Alistair ist Mitglied der britisch gesinnten UVF, sein Opfer war Katholik. Über dreißig Jahre später ist der Täter (Liam Neeson) ein erfolgreicher Schriftsteller, der routiniert seinen Lebensweg vermarktet. Mit auswendig gelernten Floskeln, die den Dialogen nicht unähnlich sind, bewirbt er auf Vortragsreisen sein Buch über den Mord, den er als Jugendlicher beging. Die Gewalt hat sich für ihn ausgezahlt, so wie sie sich indirekt für die Filmemacher auszahlt.
Doch die Fallstricke innerhalb des komplizierten Geflechts von Realität, Kommerz und angeblicher Kunst werden von dem Standardplot hübsch beiseitegelassen. Dafür gibt es ein Mann-gegen-Mann-Drama mit einigen psychologischen Schnörkeln. Der Protagonist fährt in einer Limousine zum Drehort einer Fernsehshow, in der Alistair den jüngeren Bruder seines Opfers treffen soll. Joe Griffin (James Nesbitt) ist der kleine Junge, der damals den Mord mit ansehen musste. Den Mord an seinem älteren Bruder. Für Alistair hält er nur Hass bereit. Und ein Messer, dass er seit den Vorbereitungen zu der Show heimlich bei sich trägt. Wie Alistair will er für einen flüchtigen Moment töten. Beide Kontrahenten sind sich näher als sie ahnen. Der jugendliche Mörder suchte in der Tat Anerkennung und den Stolz, sich als Freiheitskämpfer zu fühlen. Joe erhofft sich Rache für den Tod seines Bruders und die Vorwürfe seiner Mutter (Anamaria Marinca), die ihm die Schuld an dem Ereignis gab. Ohne Mamas Meckerei wäre es nie dazu gekommen. Für ein bisschen Küchenpsychologie ist immer Platz. Die emotionalen Parallelen zwischen den Hauptfiguren werden dafür vernachlässigt.
Den andauernden Konflikt mit der brutalen Landesgeschichte verkörpern die Hauptcharaktere in äußerlich gegensätzlicher, innerlich jedoch ähnlicher Weise. Beider Leben kreisen um das Verbrechen. Joes gedankliche Fixierung darauf kontrastiert mit Alistairs emotionaler Verdrängung, die ihn eine Existenz ohne persönliche Kontakte getrieben hat. Theaterregisseur Guy Hibbert gliedert sein auf dem Sundance Filmfestival preisgekröntes Drehbuch in vier Akte, die nie ihre bühnenhafte Statik überwinden. Zu seinem Werk inspirierten Hibbert die realen Begegnungen mit einem nordirischen Attentäter und dem Bruder dessen Opfers. Anders als die Filmcharaktere sind die beiden sich nie begegnet. Doch die vage Ähnlichkeit reicht schon für die werbewirksame Suggestion der Authentizität. Aber nein, um kalte Geschäftemacherei soll es hier nicht gehen. Dabei hätte das markige Drama dazu wohl auf mehreren ebenen einiges beizutragen.
Fazit
In ansehnlichen Settings, doch mit wenig Spannung spielt Hirschbiegel unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten und deren möglicher Konsequenzen durch. Das schauspielerische Duell Neesons und Nesbitts kann nicht die Lücke im Plot kaschieren.
Autor: Lida Bach