Im Jahr 2002 kam der auf dem gleichnamigen Videospiel basierende Film Resident Evil in die Kinos. Ein von Paul W. S. Anderson (Event Horizon) inszeniertes Werk, das zahlreiche Fortsetzungen erhielt. Trotz dieses Erfolgs waren bzw. sind viele Videospielfans von der Verfilmung enttäuscht. Denn mit der düsteren, atmosphärisch dichten und obendrein sehr blutigen Videospielvorlage hat Andersons actionorientierte Adaption kaum etwas gemein. Klar, es gibt Zombies, den T-Virus sowie einen Licker, der Geist der Vorlage wurde jedoch absolut nicht getroffen. Wie es wohl gewesen wäre, wenn Resident Evil von Zombie-Urvater George A. Romero, dem Regisseur hinter Genreklassikern wie Night of the Living Dead, Dawn of the Dead und Day of the Dead gedreht worden wäre? Beinahe hätten wir es herausgefunden.
Romero wurde dereinst nämlich tatsächlich mit der Verfilmung des überaus erfolgreichen Videospiels beauftragt. Woran es scheiterte, das verrät uns die Dokumentation George A. Romero's Resident Evil. Doch bevor es dazu kommt, werden uns zunächst einmal George A. Romero und einige seiner Regiearbeiten vorgestellt. Allen voran der aus dem Jahr 1968 stammende Film Night of the Living Dead. Ein überaus einflussreiches Werk, das viele Filmschaffende inspirieren sollte und den Zombiefilm, wie wir ihn heute kennen, begründete. Zwar gab es den Begriff des Zombies im filmischen Kontext bereits deutlich früher (zu nennen wären hierbei White Zombie oder I Walked with a Zombie), aber zu menschenfleischverzehrenden Untoten, die nur durch die Zerstörung des Gehirns aufzuhalten sind, wurden Zombies erst durch Romeros Filme.
Nachdem uns Romero bzw. dessen Einfluss auf die Popkultur vor Augen geführt wurde, macht es sich die Dokumentation zur Aufgabe, uns das von der japanischen Softwarefirma Capcom entwickelte Videospiel Resident Evil näherzubringen. Hierfür erfahren wir unter, anderem wovon das Spiel handelt, wie es seinerzeit bei den Gamer*innen ankam und was das Spielerlebnis so besonders macht(e). Da Capcom mit Resident Evil einen immensen finanziellen Erfolg feiern konnte, dauerte es nicht lange, bis ein Sequel in Angriff genommen wurde. Außerdem erwarb die Constantin Film AG die Rechte an einer Verfilmung des ersten Resident Evils, womit wir wieder bei Romero sowie bei den Kernthemen von George A. Romero's Resident Evil angekommen wären. Den Fragen danach, warum die Zusammenarbeit scheiterte und wie Romeros Version von Resident Evil wohl ausgesehen hätte.
Dabei ist George A. Romero's Resident Evil vor allem eins: Pure Nostalgie. Jene, die mit den „alten“ Resident Evil-Teilen groß geworden sind, werden eine stimmungsvolle Reise zurück in ihre Kindheitstage erleben. Um uns die Materie näher zu bringen, kommen im Verlauf der knapp zweistündigen Laufzeit (abseits einer aus dem Off erklingenden Stimme) zahlreiche Interviews sowie Einblendungen von schriftlichen Auszügen aus Magazinen wie Spiegel Online oder Webseiten wie Rotten Tomatoes zum Einsatz. Zusätzlich präsentiert uns die Doku eine Menge Ausschnitte aus Romeros Filmen und unzählige Szenen aus dem Resident Evil-Franchise. Als Interviewpartner fungieren dabei ein Kurator des George A. Romero Archives, der Schauspieler Jim Krut (Dawn of the Dead), der an der Entwicklung von Resident Evil beteiligte Kenichi Iwao, der Special-Effects-Künstler John Wrightson (Fear the Walking Dead), der Regisseur George Demick (Dead Start) und noch einige andere.
Was die visuelle Gestaltung der Dokumentation angeht, so war man sichtlich bestrebt, die Stilistik der besprochenen Werke ein Stück weit nachzuahmen. Beispielsweise flimmern Teile der Interviews sowie Film- bzw. Spielszenen über inmitten von heruntergekommen Kulissen platzierten Röhrenfernseher, neben denen dann auch mal ein grünes bzw. rotes Kraut (Gamer*innen kennen sie) oder ein Playstation-Controller drapiert wurde. Texteinblendungen wie jene von schriftlichen Interviews werden im Stil der aus Resident Evil bekannten Dokumentenansicht dargeboten und weisen zudem die identischen Soundeffekte auf. Doch so nett die Aufmachung und das Schwelgen in Erinnerungen auch sein mag, inhaltlich könnte sich unter Umständen ein gewisses Maß an Ernüchterung einstellen. Denn das, was wir im Zuge der rund 50-minütigen Heranführung an das eigentliche Thema über Romero bzw. Resident Evil erfahren, geht nur selten über allgemein bekanntes Basiswissen hinaus.
Wer sich halbwegs mit dem Oeuvre Romeros oder dem Resident Evil-Franchise auskennt, wird daher tendenziell nicht allzu viele neue Erkenntnisse gewinnen. Hinzu kommt, dass wir es mit dem unkritischen Blick durch eine rosarote Fanbrille zu tun haben. Romero war genial, warmherzig, hochgradig unterschätzt und reicherte seine Filme stets mit sehr viel sozialkritischem Subtext an. Ein toller Mensch, dessen scheinbar einzige „Schwäche“ darin bestand, dass er sich nicht von Produktionsfirmen verbiegen lassen wollte. So jedenfalls das Bild, das einem hier vermittelt wird. Darüber, dass ein paar seiner Werke (allen voran Diary ofthe Dead & Survival of the Dead) keine guten Filme darstellen oder manche Zuschreibung (Stichwort Sozial- bzw. Gesellschaftskritik) möglicherweise bloß wohlwollende Interpretationen von „glücklichen Zufällen“ darstellt, wird kein Sterbenswörtchen verloren.
Es werden aber durchaus auch einige äußerst interessante Information vermittelt. Allen voran so manche Aussage über die Entwicklung des zombieverseuchten Videospieleklassikers sowie die Ausführungen darüber, wovon die ungenutzten Drehbücher (von denen er mehrere gab) der Videospieladaption handeln. Was man dahingehend zu hören bekommt, lässt Fans der Videospielvorlage vor Sehnsucht regelrecht zerfließen. Die Doku ist sich jedenfalls sicher, hätte Romero bei Resident Evil die Regie übernommen, dann wäre ein absolutes Meisterwerk entstanden. Eines, das sowohl die Fans der Spiele als auch Zombiefans im Allgemeinen glücklich gemacht hätte. Ob es tatsächlich so gekommen wäre, bleibt natürlich pure Spekulation. Hätte die Doku kürzer ausfallen können? Definitiv. Hätte sie kritischer und tiefschürfender sein dürfen? Absolut. Bekommt man Lust darauf, Romeros „alte“ Zombieklassiker in den UHD-Player zu werfen und zeitgleich die eingestaubte Playstation mit den ersten Resident Evil-Teilen zu füttern? Aber so was von!