MB-Kritik

Goodbye Sisters 2026

Documentary

Inhalt

Zwei nepalesische Schwestern verlassen Kathmandu, um in ihrem Bergdorf den wertvollen Yarsagumba-Pilz zu ernten. Jamuna hofft, mit dem Verkauf des seltenen Pilz-Insekten-Hybriden ihre Familie zu unterstützen und ein Auslandsstudium zu finanzieren.

Kritik

“Tausendfüßler Pilz” lautet der umgangssprachliche Name des kuriosen Organismus, dem die beiden Hauptfiguren im Mittelpunkt Alexander Murphys dokumentarischer Exkursion auf der Spur sind. Die 21-jährige Jamuna Budha Magar und ihre jüngere Schwester Anmuna Budha Magar verlassen ihr Zuhause auf der Suche nach dem in den Hochebenen Tibets auftretenden Pilz namens Ophiocordyceps sinensis. Was aussieht wie eine Mischung aus einem Stöckchen und einem Insekt ist in der traditionellen Volksmedizin ein begehrtes Heilmittel. Die Preise sind abhängig von der Qualität schwindelerregend hoch - und die Beschaffung nicht ungefährlich.

Gemeinsam begeben sich die Schwestern auf einen tagelangen, beschwerlichen Treck in die Hochebenen des Himalaya in der Hoffnung, dort etwas Ophiocordyceps sinensis zu finden. Schon ein paar Gramm des raren Organismus würden ihnen genug Geld einbringen, um Jamunas Studium im Ausland zu bezahlen und ihre betagten Eltern abzusichern. Ein Großteil der Landbevölkerung lebt vom Ernten des wild wachsenden „Yarsagumba“. Doch eine erfolgreiche Tour bedeutet auch die Trennung der Schwestern. Deren enge Bindung ist der emotionale Herzschlag der dokumentarischen Reise über Kathmandu bis in die entlegenen Bergregionen. 

Mit Bus, Moped und schließlich zu Fuß bewältigen die zwei jungen Frauen die zehrende Tour, deren Anstrengungen zur unterschwelligen Metapher für die ökonomischen Belastungen wird. Ohne direkte Interviews oder Kommentar begleitet die Kamera in stiller Beobachtung den gemeinsamen Weg, der das Ende eines umfassenderen vereinten Lebenspfads markiert. Im fragilen Gleichgewicht zwischen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft und widersprüchlichen Ängsten vor Trennung und Existenzverlust wird die äußere Reise zugleich zu einer inneren. Geteilte Verantwortung, Festhalten und Loslassen, Konsistenz und Wandel sind die subtilen Begleiter der meditativen Doku. 

Fazit

Zurückhaltend und respektvoll begleitet Alexander Murphy die jungen Protagonistinnen seines dokumentarischen Road Movies auf einer Suche, die zum biografischen Schlüsselmoment werden kann. Der bewusste Verzicht auf gezielte Dramatisierung lenkt den Fokus weniger auf subjektive Spannung als die menschlichen Zwischentöne und tieferliegenden Fragen, die sich unterwegs auftun. Imposante Felsformierungen, windige Talflächen und ein endloser Horizont bilden die epische Kulisse eines unscheinbaren Familiendramas. Jenes ist der menschliche Kern der filmischen Auseinandersetzung mit der Kluft zwischen familiärer Verpflichtung und persönlichen Zielen, Sehnsucht und Realität. 

Autor: Lida Bach
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