MB-Kritik

Il tempo che ci vuole 2024

Drama

Fabrizio Gifuni
Romana Maggiora Vergano

Inhalt

Eine tief empfundene Erzählung über die Zeit der Filmemacherin mit ihrem Vater. Eine Geschichte, die zugleich persönlich ist und mit der nötigen Distanz erzählt wird. Wie eine Leidenschaft, eine Lebensentscheidung und eine Art, in der Welt zu sein.

Kritik

Warum müsste die neue Generation Filmschaffender immer Filme über sich selbst machen, fragt in einer bezeichnenden Szene der Vater der jungen Protagonistin (Romana Maggiora Vergano, Cabrini), die nichts anderes ist als ein aufgehübschtes Alter Ego Francesca Comenicis. Jene beantwortet die von ihrem Vater (Fabrizio Gifuni, Die Bologna-Entführung), der in seiner italienischen Heimat mit Leinwandwerken wie Liebe, Brot und Eifersucht und Genosse Don Camillo eine gewisse Prominenz erlangte, aufgeworfene Frage der szenischen Selbstbespiegelung weder vor noch hinter der Kamera. 

Letzte dient der Regisseurin und Drehbuchautorin als verklärendes Vergrößerungsglas der eigenen beschönigten Biografie. Selbige erscheint untrennbar verbunden mit dem Kino, das sie fast so sehr liebt wie ihren Papa Luigi Comenici. Der integriert sie bereits als kindliche Komparsin in sein Schaffen, welches sie mit den gleichen medialen Mitteln und metatextueller Methodik nun wiederum in ihr Werk einbindet. Das Potenzial zu einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Projizieren persönlicher Perspektiven ist hier durchaus vorhanden.

Doch die revisionistische Rezeption ist eine rein romantisierte. Ein Diskurs über die ineinander verstrickten Fragen familiärer und filmischer Erzähl-Hoheit kommt nie zustande in dem intellektuell sterilen, emotional seichten Kino-Kompendium aus Auto- und Elternbiografie. Auffällig abwesend darin ist Neben der Mutter Francescas Schwester, Production Designer Paola Comencini, umso mehr, da sie auf der Biennale, wo der filmische Familienroman außer Konkurrenz Premiere feiert, mit dem Campari Passion for Film Award ausgezeichnet wird. Zwei Nepo Babys in ihrem Element.

Fazit

In ihrer dualen Hommage an Vater Luigi und ihre eigene Promi-Persona befasst sich Francesca Comenici erneut mit ihrem Lieblingsthema, das sie seit ihrem selbstverliebten Spielfilm-Debüt "Pianoforte" wälzt: Ihr eigenes Ego, das die retortenhaften Retro-Kulissen in der schauspielerisch mediokren, dafür äußerlich attraktiven Gestalt Romana Maggiora Verganos durchwandert. Der Titel (etwa: Die Zeit, die wir brauchen) gilt wortwörtlich in Betracht der langatmigen Liebeserklärung an Privilegien, von deren kritischer Reflexion das bilaterale Biopic kaum weiter entfernt sein könnte."

Autor: Lida Bach
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