Inhalt
Nach dem Tod seines Bruders in Afghanistan und seiner eigenen Rückkehr aus dem Kriegsgebiet bekommt Jacob Singer sein Leben endlich wieder in den Griff. Er hat eine Frau, ein neugeborenes Kind und eine erfolgreiche Karriere als Chirurg. Bis ihm ein Fremder erzählt, dass sein Bruder noch am Leben ist. Jacob wird von Visionen und Halluzinationen geplagt und kann nicht mehr zwischen Wahn und Realität unterscheiden. Plötzlich trifft er seinen Bruder...
Kritik
Adrian Lyne brachte 1990 mit Jacob's Ladder – In der Gewalt des Jenseits einen Film auf die Leinwand, der noch heute einen gewissen Kultstatus genießt und sogar die Spieleentwickler von Silent Hill für ihre Videospielreihe inspiriert haben soll. Tim Robbins (Die Verurteilten) spielte den Vietnamkriegs-Veteranen Jacob Singer, der von Visionen und Albträumen geplagt wird und irgendwann nicht mehr zwischen Wahn und Wirklichkeit unterscheiden kann. Braucht ein solcher Film, der auch bei den Kritikern weitestgehend gut ankam, nach rund 30 Jahren ein Remake? Die Antwort in Hollywood lautet: Ja. Remakes tragen fast immer den Makel mit sich, dass sie mit dem Original verglichen werden und insbesondere dann, wenn das Original bereits sehr positive Reaktionen bekam und zwischen Original und Remake eine kurze Zeitspanne liegt, in den meisten Fällen zum Scheitern verurteilt sind. Nicht immer ist die Kritik aber gerechtfertigt und manchmal liegt es auch nur an einer negativen Grundeinstellung, weil das Original die Sehgewohnheiten beeinflusst hat.
Vor diesem Problem steht auch das Remake von Jacob's Ladder. Der Film behandelt die gleiche Grundthematik und entwickelt sich in gewisser Weise auch in die gleiche Richtung. In einem direkten Vergleich kommt auch dieses Remake nicht an das Original heran, aber ein solcher Vergleich würde dem Film aus dem Jahre 2019 Unrecht tun. Jacob's Ladder ist keine Eins-zu-eins-Umsetzung, sondern weicht erheblich vom Plot von Lynes Film ab und genau deshalb sollte der Film auch für sich selbst stehen. Unter dieser Betrachtungsweise ist der Jacob's Ladder ein sehenswerter Psychohorrorthriller mit einer spannenden und zum Teil überraschenden Handlung, der auch mit seinen Effekten überzeugen kann.
Jacob Singer (Michael Ealy, Last Vegas) ist ein erfolgreicher Chirurg, der immer wieder mit Erinnerungen an seinen Bruder konfrontiert wird. Isaac Singer (Jesse Williams, Cabin in the Woods) ist ein Jahr zuvor in Afghanistan gefallen, aber im Leben von Jacob weiter präsent. Als er eines Tages auf der Straße von einem Fremden angesprochen wird, der behauptet zu wissen, wo sein Bruder ist, passieren merkwürdige Dinge. Er sieht Dinge, die andere nicht sehen und niemand will ihm glauben, bis er tatsächlich seinen Bruder findet. Aber dennoch scheinen sich Wahn und Wirklichkeit weiter zu vermischen. Auch der Zuschauer wird lange im Dunkeln gelassen, was real ist und was nicht. David M. Rosenthal (How It Ends) hat mit Jacob's Ladder einen düsteren Horrortrip inszeniert, der zwar die Auswirkungen des Schreckens eines Krieges auf die Soldaten anspricht, aber keinesfalls die Problematik der posttraumatischen Belastungsstörung zu sehr in den Vordergrund rückt. Letztendlich dient sie nur als Erklärung, quasi als Mittel zum Zweck ohne den Versuch aufzuarbeiten, welche gesamtgesellschaftlichen Probleme im Zusammenhang mit den traumatisierten Soldaten entstehen.
Der Film macht auf das Thema aufmerksam, mehr aber auch nicht, denn es hätte auch jedes andere traumatische Erlebnis als Ursache für das Leiden der Brüder dienen können. Rosenthal schafft es aber dennoch Spannung aufzubauen und zu überraschen und das ist, was den Film letzendlich ausmacht. Jacob's Ladder spielt mit der Psyche und hält den Zuschauer mit den düsteren albtraumartigen Sequenzen ordentlich auf Trab. Wer ist Freund und vor wem sollte man sich lieber in Acht nehmen? Die Spannung steigert sich im Verlauf der Handlung, die Ereignisse scheinen sich zu überschlagen und alles läuft auf den Höhepunkt zu. Die klassischen Elemente eines Thrillers sind vorhanden und durch die düstere Stimmung und Inszenierung, die atmosphärisch gut gelungen ist, sowie die zunehmend surrealer werdenden Wahnvorstellungen bringt Rosenthal auch den Gruselfaktor mit hinein, sodass im Ergebnis ein Psychothriller mit Horrorelementen entsteht, der zwar nicht unbedingt für die große Kinoleinwand geschaffen ist, aber für einen Heimkinoabend genügend Spannung mitbringt und zu unterhalten weiß.
Fazit
"Jacob's Ladder" ist keine Kopie des Originals aus dem Jahre 1990, sondern eher ein Film, der die Thematik aufgreift und den gleichen Titel trägt, sich aber inhaltlich zum Teil deutlich unterscheidet. Als eigenständiger Film betrachtet, ist "Jacob's Ladder" ein gelungener Mix aus Horror- und Psychothriller, der es schafft seine Zuschauer zu überraschen.
Autor: Andy Mieland