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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Die 60er-Jahre, ein Sommer im Ruhrgebiet. Der Krieg ist vorbei. Das Ruhrgebiet sorgt mit Kohle und Stahl für das Wirtschaftswunder und den Fortschritt der gesamten Republik. Die Gastarbeiter sind schon da und Tante-Emma-Läden noch rentabel; Rauchen gilt nicht als gesundheitsgefährdend und Currywurst als nahrhaft. Während die Männer unter Tage malochen, vertreiben sich die Jungen ihre Zeit mit Zigaretten, Bier und Obszönitäten. Doch der 12-jährige Julian ist anders. Er kümmert sich liebevoll um seine kleine Schwester, schmiert Brote für seinen Vater und dient sonntags in der Messe. Mit Neugier beobachtet er, was um ihn herum geschieht. Besonders angetan hat es ihm die frühreife Nachbarstochter Marusha, die jedoch nicht nur den Jungen fasziniert. Als sich die latente erotische Spannung an einem heißen Sommertag plötzlich entlädt, gerät das Leben von Julian und seiner Familie aus der Bahn. Daraufhin packt er seine Sachen, läuft von zu Hause weg und vertraut sich dem Pfarrer an. Aber kann man überhaupt die Sünden eines anderen beichten?

Kritik

„Es is wat Seelisches.“ Wurstbrot kauend vertraut der Bergmann Walter Collien seinem Kollegen in der kurzen Verschnaufpause unter Tage die Beschwerden seiner Frau an. Es reichen wenige Worte, um eine Verständigung zwischen den kohlegesichtigen Kumpeln herzustellen. Fest steht, dass Frau Collien nicht mehr ihren täglichen Aufgaben als Hausfrau gerecht werden kann und mit der kleinen Sophie ans Meer fahren soll. Zurück bleiben der schwer arbeitende Walter und sein zwölfjähriger Sohn Julian, der in seinen Sommerferien zwischen Tristesse und Jugendglück schwankt. Regisseur Adolf Winkelmann nimmt den Zuschauer mit in das Ruhrgebiet der 60er Jahre, das angesichts des deutschen Wirtschaftswunders unter einer vor Kohlestaub verdunkelten Sommersonne liegt und Frauen und Kindern wenig Rechte einräumt. Basierend auf dem Roman von Ralf Rothmann wird die in ein historisches Gesellschaftsportrait eingebettete Familiengeschichte mal aus der kindlichen Perspektive des Jungen, mal aus der verantwortungsgebeugten Sicht des Vaters erzählt.

Junges Licht kann in erster Linie als Coming-of-Age-Drama bezeichnet werden, steht doch Julian im Zentrum des Geschehens. Vor den Kochlöffelschlägen seiner Mutter (gespielt von Lina Beckmann) fliehend streift der Junge durch die Bergbausiedlung. Trotz seines Bemühens, sich bei seinen älteren Spielgefährten beliebt zu machen, findet sich Julian oft alleine wieder. Als er von dem unheimlichen Herrn Gorny (Peter Lohmeyer) aus der Nachbarschaft eine Kamera geliehen bekommt und einen Hund vor dem Tode rettet, bieten sich ihm erste Möglichkeiten, die Langeweile abzuschütteln. Dabei begleitet ihn die Abenteuerlust eines Kindes, das sich an den Kleinigkeiten des Alltags erfreuen kann. Sein Wunsch nach Freiheit äußert sich vor allem in den Gesprächen mit seinem Vater, dem er anvertraut, dass er später einmal nicht in der Finsternis unter der Erde arbeiten möchte, sondern den Dampf der Kokerei so faszinierend findet. Oscar Brose vermag in der Rolle des Julian bei dem Zuschauer eine Ahnung davon aufkommen zu lassen, was es damals bedeutet haben muss, in der luftschwängernden Hassliebe zum Bergbau und der Industrie aufzuwachsen. Denn neben den ersten Kontakten mit erotischen, alkoholvernebelten Gefühlen der Erwachsenenwelt dominieren Dankbarkeit und Verfluchung gegenüber dem Broterwerb im damaligen Ruhrgebiet Julians junges Leben.

Auf der Ebene der Erwachsenen steht aus der Perspektive des Vaters eine Reflexion der Familien- und Gesellschaftsstruktur der damaligen Zeit im Vordergrund. Charly Hübner strahlt als Walter Collien eine unverwechselbare Authentizität aus, die sich aufgrund seiner Schweigsamkeit weniger aus dem Dialog speist als aus den bodenständigen, wacker-herzlichen Gesten und Gesichtszügen. Er ist die haltgebende, verständnisvolle Vaterfigur, die ebenso ihre Ecken und Kanten hat. Und trotz seiner zuerst makellosen Lebenshaltung ist er auch derjenige, der Julian letztendlich die Illusion eines perfekten Idols nimmt. Die Kollisionspunkte zwischen der unbefangenen Kindheitswelt und dem Erwachsensein sind nicht immer ganz geglückt. Es gibt Momente, wo der Fokus der Erzählung ins Chaotische abschweift und die Figuren um die Aufmerksamkeit des Zuschauers konkurrieren. Einen weiteren Beitrag zur Verwirrung liefert der wohl eher aus ästhetischen als aus inhaltlichen Gründen gewählte Wechsel des Bildformats. Die Übergänge von Schwarz-Weiß zu Farbe dagegen sind so geschickt in den Bildverlauf eingebettet, dass sie als nostalgischer Kunstgriff ihre Wirkung nicht verfehlen.

Von der ersten Minute im Dunkel des Bergstollens an wird deutlich, dass sich mit Adolf Winkelmann ein Kenner und Liebhaber mit dem Stoff beschäftigt hat. 2007 sorgte er zuletzt mit seinem Fernsehfilm Contergan für Diskussionen, der ihm einen Bambi und den deutschen Fernsehpreis einbrachte. Mit Junges Licht schuf er einen Film, der ebenso im Zeichen der Menschlichkeit steht wie sein Vorgänger. Denn inmitten der qualmenden Kohleschlote und Industrielandschaften spielt sich genau wie andernorts das Familienleben ab. Begleitet von der festlich anmutenden Jahrmarktsmusik von Tommy Finke, die in einer rockigen Version des Steigerlieds die Brücke zur Gegenwart zu schlagen weiß, drückt der Film ein Lebensgefühl aus, das im Kontrast zum alltäglichen Malochen unter Tage steht. Aus dieser Beschwingtheit des Alltags heraus, die eng mit der charakterlichen Struktur der Menschen zusammenhängt, blitzt öfters eine herrliche Situationskomik hervor, die dem Film den nötigen Kontrast zum Ernst des Lebens liefert.  

Fazit

"Junges Licht" vereint eine formvollendete Coming-of-Age-Story mit einem historischen Gesellschaftspanorama des Ruhrgebiets der 60er Jahre. Mit einem atmosphärischen Blick für das Menschliche, den aus dem wahren Leben entliehenen wahrhaft gewitzten Dialogen und einem gewagten Spiel mit Bildformat und Farbe ist der Film von Adolf Winkelmann ein mehr als beachtliches Stück deutscher Film, das laut dem Autor der Buchvorlage das Zeug zum Klassiker hat. 

Kritik: Jonas Göken

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