Inhalt
Bahrams türkisch-aserbaidschanisches Werk stößt im Iran erneut auf Ablehnung. Er und sein mutiger Produzent versuchen eine Untergrundvorführung und müssen dabei Zensur, Bürokratie und interne Konflikte überwinden.
Kritik
Bissige Bürokratie-Kritik, selbstironische Referenzen und ein feines Gespür für zwischenmenschliche Dynamik und soziale Hierarchien machen Ali Asgaris jüngstes Werk zu einem Geschwister im Geiste seiner Terrestrial Verses. Das systemkritische Episoden-Stück in Co-Regie mit Alireza Khatami (Until Tomorrow) brachte dem iranischen Filmemacher acht Monate Hausarrest während der er Higher than Acid Clouds konzipierte. Mit seinem neuen Film, der einem türkisch-iranischen Regisseur auf einer cineastischen Mission folgt, kehrt er zurück zu vertrauter Form. Episodische Strukturierung, lange Takes, ein kondensierter Handlungszeitraum und autofiktionale Elemente prägen die gewitzte Story.
Der in der Mid-life-crisis steckende Filmemacher Bahram (Bahram Ark als kongeniale Variation seiner selbst) hofft auf eine Kinoaufführung seines neuen Werks, eines Arthouse-Dramas in Türkisch und Azeri. Die iranische Zensurbehörde, bei der er sein Anliegen vorträgt, hat bisher allerdings keinem seiner Filme eine iranische Premiere gegönnt. Also kurvt der hartnäckige Protagonist mit seiner blauhaarigen Produzentin Sadaf (Sadaf Asgari, Leere Netze, Nichte des Regisseurs) durch Teheran, um ein inoffizielles Screening zu organisieren. Die Road-Movie-eske Tour durch einen turbulenten Tag führt das Duo auf immer skurrilere Umwege.
Ein koksender B-Star mit hochtrabenden Aspirationen, ein Straßen-Prophet sowie Bahrams Zwillingsbruder und Regie-Kollege Bahman (ebenfalls als er selbst) sind einige der Nebenfiguren der kuriosen Mission. Deren sarkastischer Ton und autoritätskritische Pointen demaskieren Absurdität und Aberwitz des Zensur-Apparats, der nur ein Instrument der moralistischen Kontrolle des gesellschaftlichen Lebens darstellt. Die dokumentaristische Optik, die auf konventionelle Stilmittel verzichtet, das naturalistische Spiel und Cameos unterstreichen die Irrationalität der Zensurgebote. Der sarkastische Schlussakkord harmoniert mit den ernsten Untertönen der leichthändigen Inszenierung einer gewichtigen Thematik.
Fazit
Cinephiler Charme, ziviler Ungehorsam und Alltagsabsurdität webt Ali Asgaris temporeiche Komödie zu einem hintersinnigen Ensemble-Stück. Das verbindet die Eigenheiten der iranischen Gesellschaft mit universellen menschlichen Marotten vor der organischen Kulisse Teherans, das zur heimlichen Hintergrundfigur wird. Verweise auf zeitgenössisches und klassisches Kino sowie die aus Leben gegriffenen Begegnungen innerhalb des filmischen Metiers machen den dynamischen Plot für Cineast*innen noch ein Stück amüsanter. Politische Pointen stehen neben menschlichen Momenten von berührender Wärme in dem in Guerilla-Manier ohne akkurate Genehmigung gedrehten Protestfilm ohne Pamphlet.
Autor: Lida Bach