Inhalt
Frankreich, 1971: Die 23-jährige Delphine ist vom Bauernhof ihrer Eltern nach Paris gezogen, um Engstirnigkeit und ländlichen Moralvorstellungen zu entkommen. Dort lernt sie eine Gruppe junger Frauen kennen, die sich mit viel Verve in der Frauenrechtsbewegung engagieren - darunter die leidenschaftliche extrovertierte Carole. Delphine empfindet sofort mehr für die über zehn Jahre ältere Carole, die ihren Gefühlen erst nicht traut, um sich bald jedoch umso heftiger in Delphine zu verlieben. Eine stürmische Liebesbeziehung beginnt, für die Carole schließlich ihren Freund verlässt. Plötzlich jedoch erkrankt Delphines Vater schwer und sie muss zurück aufs Land, um ihrer Mutter mit dem elterlichen Bauernhof zu helfen. Carole folgt ihr, doch nach und nach werden beide mit der Realität ihrer Beziehung konfrontiert...
Kritik
Die Aufbereitung lesbischer Liebesbeziehungen und damit verbunden auch der Umgang mit Emanzipation und Feminismus erfreuen sich im Kino unlängst größerer Beliebtheit. Zwei prominente Beispiele der letzten Jahre sind dabei Carol und Blau ist eine warme Farbe. Beide Filme begeisterten sowohl Kritiker als auch Zuschauer und bewiesen indes auch wie unterschiedlich man dieses weitläufige Themengebiet angehen kann. Mit La belle saison wirft Catherine Corsini nun einen Film in den Raum, welcher die Entwicklung einer Frauenbewegung im Paris der 70er Jahre im Allgemeinen und damit verbunden den Querschnitt einer gleichgeschlechtlichen Liebe im Speziellen behandelt. Dabei wirkt der Film fast schon über die Maße persönlich, eine Herzensangelegenheit, welche die Regisseurin auch mit sichtlicher Leidenschaft angeht.
Den Ausgangspunkt stellt die junge Delphine (Izia Higelin) dar. Am elterlichen Bauernhof mit konservativen Moralvorstellungen aufgewachsen flieht sie nach Paris, schließt sich schnell einer Frauenbewegung an und lernt dort die extrovertierte Carole (Cecile De France) kennen. Alsbald entbricht eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, die von der Gesellschaft bestenfalls geduldet und meistens erst gar nicht verstanden wird. In ihrer Zweisamkeit sind die beiden solange glücklich, bis Delphine aufgrund familiärer Probleme nach Hause zurückkehren muss. Carole reist ihr zwar nach, doch auf dem rückständigen Land können sie ihre Liebe nicht offen ausleben. Schon bei ihrer Ankunft am Bahnhof fliegen die mitgebrachten Flugblätter im Wind davon, ihre Ideale und Wünsche sind von vorn herein zum Scheitern verurteilt. Zwischen beiden Welten hin- und hergerissen kracht kleinbürgerlich-konservative Moral gegen die weltoffene Sehnsucht nach Emanzipation.
Inszeniert ist die Geschichte mit spürbarem Eifer und großer Leidenschaft. Auch wenn die Regisseurin das Thema damit reichlich unreflektiert und ohne größere Aussagekraft angeht, spürt man zu jeder Minute wie sehr es ihr am Herzen liegt. So sucht man neuartige Einfälle oder vielschichtige Ansätze zwar vergebens, doch gelingt es dem Film durch seine gradlinigen Emotionen durchaus den Zuschauer zu bewegen. Auf eine stürmische und zu großen Teilen auch lebensbejahende Art versteht sich La belle saison selbst wohl am ehesten als eine Bestandsaufnahme des damaligen Lebensgefühls und dem Zwiespalt des damaligen Gedankenguts. Letztlich bleibt neben der gelungenen Stimmung jedoch nicht sonderlich viel hängen und es stellt sich ein fader Beigeschmack darüber ein, dass der Film doch nur an der Oberfläche kratzt. Die Gefühlswelt der Protagonistinnen lotet er zwar entsprechend tief aus, doch auch das ist nur die halbe Miete wenn es sich dabei zu großen Teilen um altbekannte Stereotypen handelt.
Fazit
Auch wenn La belle saison seinen weitreichenden Themenkomplex nur oberflächlich anreißt, so gelingt es ihm doch durch eine angenehme Atmosphäre und ersichtlichem Herzblut der Regisseurin reichlich Sympathiepunkte zu sammeln. Dadurch hat der Film zwar durchaus seine Momente, doch letztlich lösen sich die emanzipatorischen Ansätze in körperlicher Leidenschaft auf.
Autor: Dominic Hochholzer