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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Im Frühjahr 1945 strandet ein Deportationszug mit über 2.000 jüdischen KZ-Gefangenen in Ostdeutschland. Die deutschen Zugführer flüchten vor der Roten Armee, die bereits das nahe gelegene Dorf Tröbitz besetzt hat. Die Menschen im Zug sind sich selbst überlassen und auf Hilfe aus dem Dorf angewiesen.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Kriegsfilme sind oft Männersache. Frauen stehen eher selten im Mittelpunkt und wenn doch, dann oft als Leidtragende, Soldatenfrauen oder manchmal noch als Spioninnen. Dabei gab es schon im 2. Weltkrieg viele Frauen, die an vorderster Front gekämpft haben, deren Geschichten aber kaum bekannt sind. Genauso oft vergessen werden in der filmischen Auseinandersetzung mit dem 2. Weltkrieg regelmäßig diejenigen, die allein zurückblieben und den heranrückenden feindlichen Armeen ausgeliefert waren. Umso interessanter ist es eigentlich, wenn diese Frauen in den Fokus gerückt und die letzten Tage des 2. Weltkriegs aus weiblicher Perspektive betrachtet werden. Regisseurin und Drehbuchautorin Saskia Diesing (Nena) nimmt sich dieser Herausforderung an und nutzt als Grundlage ihres Films die wahre Geschichte eines zurückgelassenen Zuges mit rund 2400 jüdischen Gefangenen aus dem Frühjahr 1945. Diese sollten aus dem KZ Bergen-Belsen nach Theresienstadt deportiert werden, als das KZ vor den heranrückenden Amerikanern evakuiert wurde. Als sogenannte „Austauschjuden“ waren die Insassen von Bergen-Belsen „privilegiert“, das heißt für sie gab es eine bessere Behandlung, weil sie als Faustpfand für den Austausch deutscher Kriegsgefangener dienten. Daher wollte man sie auch nicht den Alliierten überlassen und transportierte sie in die noch nicht besetzten Gebiete. Einer dieser Züge strandete in dem kleinen südbrandenburgischen Dorf Tröbitz, als die Rote Armee von Osten anrückte und die Deutschen die Flucht ergriffen.

Im Film treffen hier drei fiktive Figuren aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Dabei verkörpern die Frauen stellvertretend die Konfliktparteien des Krieges. Vera (Eugenie Anselin, Die dunkle Seite des Mondes), die sowjetische Scharfschützin als Befreierin, Simone (Hanna van Vliet, Anne+), die niederländische Jüdin als Opfer und Winnie (Anna Bachmann, Ich gehöre ihm), eine junge Deutsche, als Vertreterin des Tätervolks. Nach dem Ausbruch von Fleckenfieber wird das Dorf unter Quarantäne gestellt und den Deutschen wird befohlen, die befreiten Häftlinge bei sich aufzunehmen. Simone quartiert sich mit ihrem Mann Isaac (Bram Suijker, De zitting) bei Winnie ein und zu allem Überfluss sucht sich auch Vera das Haus als Herberge für sich aus. Eigentlich erwartet man nun allerhand Konflikte, die aufgrund des spannungsgeladenen Zusammentreffens der doch so unterschiedlichen Frauen zwangsläufig entstehen müssten. Aber bis auf kleinere Reibereien passiert nicht wirklich viel. Dabei hätten die Figuren allerhand Gründe sich gegenseitig zu hassen, zu misstrauen und sich anzufeinden. Simone hat die Internierung in einem KZ und die anschließende Zugfahrt quer durchs Land überlebt und landet nun ausgerechnet in einem Haus, dessen Bewohner augenscheinlich überzeugte Nationalsozialisten sind. Zu allem Überfluss darf sie das Dorf wegen der Quarantäne nicht verlassen. Schon aus dieser Situation heraus erwartet man eine frustrierte und wütende Frau, die, obwohl sie frei zu sein scheint, es dennoch nicht ist. Tatsächlich ist sie eher verständnisvoll und ihre Abneigung der jungen Deutschen gegenüber flackert immer nur kurz auf.

Auch Scharfschützin Vera befindet sich in einer ähnlichen Situation. Ihre beste Freundin wurde von Wehrmachtssoldaten getötet, weswegen sie den Entschluss fasste, der Armee beizutreten und sich an deutschen Soldaten zu rächen. Schwer nachzuvollziehen ist es, dass sie trotz des Grauens und Elends, welches sie unweigerlich auf dem Vormarsch der Roten Armee nach Deutschland gesehen haben muss, dem Tätervolk noch derart viel Empathie entgegenbringen soll und immer klar zwischen Soldaten und Zivilbevölkerung trennen kann. Spätestens als sie die Hakenkreuztapete in ihrer Unterkunft entdeckt, musste ihr klar sein, dass die Familie von Winnie dem Naziregime zugetan ist. Genau hier hätte man ein Klima von Hass, Misstrauen und Abneigung erwarten dürfen, aus dem sich zahlreiche Konflikte und Auseinandersetzungen ergeben. Am ehesten spürt man dies bei Winnie, die vielleicht auch auf Grund ihrer Jugend oft eher trotzig reagiert und mit der neuen Situation sichtlich nicht glücklich ist. Bei ihr merkt man, dass sie sich gern zur Wehr setzen möchte, aufgrund der anwesenden Soldaten jedoch wenig machen kann.

Es ist ein ehrenwertes Ziel von Diesing einen Kriegsfilm aus der weiblichen Perspektive zu erzählen und dabei weniger auf Gewalt, Elend und Gräueltaten abzustellen und stattdessen Entschlossenheit, Hingabe und Mitgefühl in den Vordergrund zu rücken, aber so etwas muss sich erst entwickeln, um es glaubwürdig zu vermitteln. Der Film nimmt oft eine zu romantisierende Perspektive aus heutiger Sicht ein, statt ihn aus der damaligen Sicht zu erzählen. Mag man sich in Friedenszeiten noch so gut vorstellen, wie man menschlich in bestimmten Situationen reagiert, so ergibt sich aber aus der Dynamik des Krieges etwas anderes und genau diese Differenzierung und Auseinandersetzung fehlt dem Film. Zu allem Überfluss driftet der Film dank unnötiger Liebesszenen noch in romantischen Kitsch à la Rosamunde Pilcher ab.

Fazit

„Der verlorene Zug“ hätte ein sehr guter Film mit einem erfrischend anderen Blickwinkel auf das Kriegsgeschehen werden können, schafft es aber nicht, die Handlung aus der hier angedachten weiblichen Sichtweise konsequent aus der damaligen Perspektive der Frauen zu erzählen. Spannung und Dramatik aus der eigentlich konfliktträchtigen Situation gehen leider zu oft verloren. Man hätte mehr aus dem Film machen können, wenn man sich stärker in die Motive der Figuren hineinversetzt hätte. So bleibt der Film aber maximal Durchschnitt, da vieles zu glatt abläuft.

Kritik: Andy Mieland

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