MB-Kritik

LOTUS 2024

Mystery

Samira Adgezalova
Aigars Apinis
Rudolfs Apse
Maija Arvena
Indra Briķe
Baiba Broka
Mihails Culpajevs
Vilis Daudziņš
Severija Janušauskaitė
Juris Jonelis
Jānis Kalējs
Martins Kalita
Rēzija Kalniņa
Kristaps Krūmiņš
Edgars Kruzmetra
Aris Matesovics

Inhalt

Alice von Trotta,  Stummfilmregisseurin und Außenseiterin,knüpft eine enge Bindung zu der vampirischen Madam Falstaff, die eine geheime Absicht hat: Sie will Alices künstlerisches Talent nutzen, um einen Propagandafilm zu drehen. Alice begibt sich auf einen harten Kampf in der Filmindustrie, versucht, ein phänomenales Drehbuch zu schreiben und kämpft gegen die staatliche Zensur.

Kritik

„Sanctus nihil“, verkünden in Signe Birkovas solipsistischem Spielfilm-Debüt unter anderem eine wandelbare Wahrsagerin, eine zwielichtige Theatertruppe, die Textkarte eines Stummfilms und prophetische Visionen der ambitionierten Protagonistin. Von der sprechen die Inhaltsangaben und Produktionsnotizen wie von einer realen Persönlichkeit der Filmgeschichte. Doch dass die baltisch-deutsche Erbin (Severija Janušauskaitė, The Playlist), die im Handlungsjahr 1919 in das marode Haus ihres Vaters zurückkehrt, um ihren Traum vom Filmschaffen zu verwirklichen, ist eher unwahrscheinlich bei einem Namen wie Alice von Trotta. 

Ist das eine Hommage an die französische Regie-Pionierin Alice Guy-Blaché (Falling Leaves) unter deren zahlreichen Innovationen einer der ersten Filme mit Handlung war, und Margarethe von Trotta (Hannah Arendt)? Gut möglich, denn die Regisseurin hat offenbar ein Faible für filmische Verweise, die Tarkovsky (Stalker), Hitchcock (Psycho) und Orson Welles (Citizen Kane) huldigen. Sagen jedenfalls die Synopsen. Auf der Leinwand zeigt sich davon wenig. Alice trifft in einer Art filmfanatischen Fiebertraum allerhand grotesker Gestalten, die in Kleidersammlung-Kostümen und Faschings-Maske wie aus dem Märchentheater aussehen.

Von 880.000 Euro Gesamtbudget blieb augenscheinlich nicht viel übrig, nachdem für den Dreh eine Originalkamera von 1921 erworben wurde. Deren griffige Optik ist eine schöne Ergänzung zum 16-mm Kodak-Film. Nur kann die beste Kamera nicht die eklatanten Schwächen der wirren Story voller Cabaret-Charaktere, die entschieden langweiliger sind als ihre kuriosen Namen, ausgleichen. Die Hälfte der fast zweistündigen Laufzeit besteht ohnehin aus Vorführungen, überwiegend auf der Theaterbühne. Dort funktioniert das verkorkste Varieté womöglich - im Kino nicht.

Fazit

Und das gewichtig ein ums andere Mal verkündete „Sanctus nihil“? Das heißt „Nichts ist heilig“. Doch zu echten oder auch vorgeblichen Tabu-Brüchen fehlt Signe Birkovas pseudohistorischen Potpourri die Inspiration. Kuriose Kostüme und klapperige Kulissen sehen mehr nach Halloween-Deko als Filmset und das theatralische Schauspiel ist weit entfernt von der auf Archivmaterial erscheinenden Asta Nielsen. Gestelzte Dialoge und ein mit egozentrischer Emanzipationsmessage ausstaffiertes Plot-Gerüst verdecken nicht den Mangel an originellen Ideen. Konfusion ist eben nicht Kreativität.

Autor: Lida Bach
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