Inhalt
Eine Unternehmensberaterin für Risikomanagement wird zu einem abgelegenen, streng geheimen Testgelände gerufen, wo sie einen schrecklichen Unfall untersuchen und bewerten soll. Wie sich herausstellt, wurde der Vorfall durch einen unschuldigen "Mensch" verursacht, der sowohl ungeahnte Möglichkeiten als auch unkalkulierbare Gefahren in sich vereint.
Kritik
Der Dunst macht das Licht im Raum bläulich und diffus. Ein langer Tisch, an dem Blade Runner Holden den Voight-Kampff-Test durchführen wird. Ein etwas dicklicher Mann, schütteres Haar, in einem billigen Hemd der Tyrell-Corporation nimmt an einer Stirnseite Platz. Der Blade Runner fährt allerlei technische Instrumente auf und beobachtet über eine Art Lupe die Augenreaktion seines gegenüber, der, wie wir erfahren, Leon heißt.
Wie kaum eine Sequenz sonst hat sich der Eröffnungsakt, der Flug über das Los Angeles des Jahres 2019 mit anschließendem Schnitt in eins der Büros eines pyramidenartigen Gebäudes, in das Gedächtnis der Science-Fiction liebenden Cineasten gebrannt. Eins ist klar, die Welt, wie wir sie sehen, existiert höchstens noch als undeutlicher Schemen. Blade Runner ist 35 Jahre alt, sein Regisseur eine Legende. Mit Das Morgan Projekt, seinem Regiedebut, will Luke Scott nun in die Fußstapfen seines Vaters treten. Und die Prämisse lässt uns gleich in die wohligen Gefilde des Altbekannten eintauchen.
In einer nicht allzu entfernten Zukunft ist es einer Reihe Wissenschaftler gelungen, künstliches humanoides Leben zu schaffen. Morgan, inzwischen 5 Jahre alt, ist auf der körperlichen Entwicklungsstufe eines Teenagers angelangt, geistig stellt sie aber schon jetzt alle beteiligten Wissenschaftler in den Schatten. Bis es eines Tages zu einem Vorfall kommt, Morgan sticht einer langjährigen Mitarbeiterin und Freundin ohne Vorwarnung ein Auge aus. Die Geldgeber sehen ihre Investitionen in Gefahr und schicken Risikomanagerin Lee Weathers (Kate Mara) los, um einen objektiven Eindruck der Situation vor Ort zu gewinnen. Dass es nicht bei einem ausgestochenen Auge bleiben wird, versteht sich von selbst.
Filme über künstliche Intelligenz häuften sich die letzten Jahre. Da ist Alex Garlands Ex Machina zu nennen, ein Film über die manischen Entwicklungen eines Genies. Sowohl beim Publikum als auch bei der Kritik ein Erfolg, stellt er die Messlatte auf, an der sich künftige Filme wohl oder übel messen lassen müssen. Leider wird recht schnell klar, dass es sich bei Das Morgan Projekt um einen weniger gelungen, ausdifferenzierten Beitrag zur Thematik handelt.
Die Gründe sind schnell erkannt. Kaum einem, der zahlreichen auftretenden Charakteren wird eine stichhaltige Hintergrundgeschichte geschenkt, die bei kurzen 96 Minuten wohl über die Tischkante fallen musste. Das Morgan Projekt geht sogar so weit, bewusst die Vergangenheit bestimmter Charaktere im Nebel zu lassen, um Interesse zu erzeugen. Vereinzelt zielen die Dialoge auf jene Vergangenheit ab, die zum heutigen Status Quo geführt zu haben scheinen, doch an keiner Stelle wird so viel Information gegeben, dass der Zuschauer die vor ihn gestreuten Puzzlestücke langsam aber stetig in ein homogenes Bild zusammensetzen kann. Da wundert es kaum, dass sich schnell nicht mehr für den größeren Zusammenhang interessiert wird. Das wäre alles halb so schlimm, könnte die Geschichte im hier und jetzt, in unserem Fall eine Hochsicherheitsforschungsstation in den Wäldern Nordamerikas, vollends überzeugen. Morgan, das Forschungsobjekt und quasi Kind einer knapp zehnköpfigen Truppe, durchaus intensiv unter einer dicken Schicht Make-Up von der zwanzigjährigen Anya Taylor-Joy (The Witch) gespielt, verkümmert aber zu einer Aneinanderreihung platter Klischees, eine wirkliche Entwicklung findet nur dort statt, wo Morgan plötzlich, quasi aus heiterem Himmel, mit neuen Fähigkeiten aufwartet.
Zwar trägt der Film ihren Namen, doch die Show, zumindest was das Drehbuch angeht, gehört der Rolle von Kate Mara. Diese ist sichtlich bemüht, dem bewusst unterkühlt gehaltenen Charakter die nötige Ernsthaftigkeit zu geben, was letztlich aber nur auf übermäßige Denkfalten auf der Stirn und einen etwas abgehakten Gang hinausläuft. Eine beeindruckende Performance, wie sie Alicia Vikander im bereits erwähnten Ex Machina abliefert, bekommt man hier leider nicht zu sehen. So bleibt das Regiedebut von Luke Scott ein recht austauschbare Sci-Fi Thriller, dessen Twists keine Zukunftstechnologie benötigen, um schon früh erkannt zu werden.
Fazit
Um auf den anfänglichen Verweis zu Blade Runner zurückzukommen. Im von Ridley Scott produzierten Streifen gibt es tatsächlich eine nette kleine Reminiszenz unter Beteiligung von Paul Giamatti. Ein Highlight in einem ansonsten sehr durchschnittlichen Streifen, der wohl recht schnell von den Kinosälen in die Händlerregale gelangen wird.
Autor: Magnus Knoll