Inhalt
Bei den Yamadas handelt es sich um eine ganz normale japanische Familie, was für den im Büro gestressten Vater bedeutet, dass er sich schon mal mit einer Banane als Abendessen abfinden muss, wenn er nach einem schweren Tag erschöpft nach Hause kommt. Andererseits erweist er sich als durchaus zögerlich, wenn es gilt, eine lärmende Motorradgang in die Schranken zu verweisen - was schließlich Großmutter Shige vorbehalten bleibt. Kein Wunder also, dass sich der heranwachsende Noboru andere Eltern wünscht und seine kleine Schwester Nononoko die Neigung hat, im Einkaufszentrum verloren zu gehen.
Kritik
Das beliebte Animationsstudio Ghibli hat wohl maßgeblich dazu beigetragen Animes auf dem westlichen Markt zu etablieren. Oftmals werden sie als japanisches Pardon zu Disney bezeichnet und durch ihre durchaus auf westliche Sehgewohnheiten ausgelegten Filme dienen sie auch als optimaler Einstieg in die Welt fernöstlicher Zeichnungen. Für viele Fans scheint klar, wer Studio Ghibli sagt, der muss auch Hayao Miyazaki (Prinzessin Mononoke) sagen. Dass hinter dem Studio auch noch ganz andere Kreativköpfe stecken wird dabei jedoch oftmals vernachlässigt. Isao Takahata schuf mit Die letzten Glühwürmchen oder Die Legende der Prinzessin Kaguya natürlich etwas andere Filme als sein prominenter Kollege und dennoch sind sie nicht minder stellvertretend für das Studio. Auch Meine Nachbarn die Yamadas hat seine völlig eigene Note und wirft einen ironischen Blick auf eine kleinbürgerliche Familie in Japan.
Die Yamadas (Mutter, Vater, Tochter, Sohn und Großmutter) sind eine etwas andere Familie. Zumindest behaupten das ihre Nachbarn. In den 90 Minuten, die der Zuschauer mit ihnen verbringen darf wird jedoch bald klar, dass sie gar nicht so seltsam sind. Fast möchte man sagen völlig normal. Es ist der Alltag diese Familie, an dem uns Isao Takahata episodenhaft teilhaben lässt. In Kapitel unterteilt dauern manche Abschnitte nicht mal eine Minute, ein zusammenhängendes Narrativ gibt es dabei nicht. Was zunächst als vielversprechende Aneinanderreihung von amüsanten Kurzgeschichten beginnt, leidet vor allem im Mittelteilt merklich am Verzicht jeglicher Dramaturgie. Auch die mitunter minimalistischen Zeichnungen tragen dazu bei, dass beim Zuschauer der Eindruck entsteht amüsante Zeitungscomics in Dauerschleife zu lesen. Für sich genommen durchaus gelungen ergibt sich dadurch bald eine Übersättigung, die sich negativ auf den restlichen Film auswirkt.
Was Meine Nachbarn die Yamadas letztlich dann doch zu einer sympathischen und sehenswerten Angelegenheit macht, ist das Fünkchen Wahrheit, das jeder Episode zugrunde liegt. Der Kampf um die Fernbedienung und der alltägliche Streit um den Haushaltsdienst sind ebenso präsent wie der gemeinsame Kampf gegen nachbarliche Ruhestörung oder das harmonische Beisammensein am Esstisch. Auch wenn gelegentlich lediglich ausgelutschte Klischees präsentiert werden, schlummert hinter der ironischen Überzeichnung stets ein wahrer Kern. Viele der gezeigten Alltagssituationen überzeugen schlichtweg deswegen, weil man sie als Zuschauer selbst auf die ein oder andere Weise bereits erlebt hat. Zwischen all dem Chaos und der Streitigkeiten sind die Yamadas eben doch eine liebevolle Familie, die in ernsten Situationen zusammenhält und die Probleme des Alltags vergessen kann. Sie symbolisieren die familiäre Geborgenheit, nach der sich jeder zumindest ein Stück weit sehnt.
Fazit
In „Meine Nachbarn die Yamadas“ entwirft Isao Takahata das Bild einer kleinbürgerlichen Familie zwischen Normalität und alltäglichem Wahnsinn. Auch wenn das zerfahrene Narrativ sichtlich an der fehlenden Dramaturgie leidet, schafft es der episodenhafte Film immer wieder seine Zuschauer durch amüsante Anekdoten zu berühren. Das gelingt primär dadurch, dass jedem Kapitel ein aufrichtiger Kern zugrunde liegt, den man in ähnlicher Form selbst aus dem familiären Alltag kennt.
Autor: Dominic Hochholzer