{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Quelle: themoviedb.org
Jgze9hepesubuxxxnvflklamlee

Kritik

“Wir lieben unsere Geschichte”, sagt der Bürgermeister des Titelorts zu Beginn Suzannah Herberts zeitkritischen Stadtporträts, “Das Gute und das Schlechte.” Das Schlechte wohl noch etwas mehr. Diesen Eindruck hinterlässt das dokumentarische Diorama des historischen Schauplatzes, an dem die Aura der Antebellum-Ära untrennbar mit der Gegenwart verschmilzt. Aufwendig sanierte Kolonialstilbauten säumen die Straßen von Natchez, das im Bundesstaat Mississippi direkt am gleichnamigen Fluss liegt. Pferdekutschen teilen sich die Fahrbahn mit den Autos. Damen in Gründerzeit-Kleidern erregen höchstens die Aufmerksamkeit der Touristen.

Fast alle sind weiß, mittelständisch und in gehobenen Alter. Und fast wollen nicht nach Natchez reisen, sondern eine verklärte Version der Vergangenheit. Eine Südstaaten-Szenerie wie aus Gone with the Wind, voller Romantik und Reifröcke, Dinner und Dampferfahrt. Auf einer solchen beginnt die filmische Reise mit kitschigen Kamerabildern vom Fluss in der Abendsonne. Natchez zeigt sich auf Noah Colliers Aufnahmen stets von seiner hübschesten Seite. Zumindest optisch. Die Prunkbauten sind alle mit Sklavenarbeit errichtet, genau wie der Reichtum der Nation, die sie als stolzes Erbe betrachtet.

Nicht alle der Tour-Guides, die den wirtschaftlich essenziellen Touristen-Gruppen ihre prunkvoll hergerichteten Heime zeigen, wollen darüber sprechen. Man bemüht sich, auch die unschönen Aspekte der Ortshistorie in die Touren einzubinden, heißt es in einem der beiläufigen Interviews. Doch es sind vor allem die Schwarzen Nachfahren der versklavten Menschen, die diese Stadtseite aufzeigen. Doch nur wenige Häuser weiter ist hinter opulenten Fassaden das rassistische Erbe bedrückend lebendig. Dieses Nebeneinander und Gegeneinander von Widersprüchen reflektiert neben den sozialen Brüchen einer Gemeinde auch die einer Nation.

Fazit

Ein vermeintlich charmanter Tour-Guide verfällt plötzlich in rassistische Tiraden. Eine Schwarze Historikerin muss die ignoranten Kommentare einer Karen-Kollegin aushalten. Hinter einer wirtschaftlichen Werbekulisse enthüllt Suzannah Herberts dokumentarischer Travellogue die verborgenen Konflikte von Ausblendung und Erinnerung, Ikonographie und Mahnmal in einem lokalen Vexierspiegel amerikanischer Geschichtsklitterung. Der Charme der kauzigen Kostümierten, deren manche wortwörtlich in der Vergangenheit leben, zeigt den fließenden Übergang von Geschichte zu Geschichten. Der Einen nostalgische Revision ist der andern generationsübergreifendes Trauma. Gutes und Schlechtes begegnen einander in Natchez; historisch und menschlich. 

Kritik: Lida Bach

Wird geladen...

×