Inhalt
Hochsommer in der Mecklenburgischen Provinz. Fünf Häuser, eine Bushaltestelle, Kühe und ringsum nichts als Felder. Christin, 24, (Saskia Rosendahl) lebt auf dem Bauernhof ihres langjährigen Freundes Jan, 25 (Rick Okon). Die Aufbruchsstimmung der Nachwendejahre, die ihre Kindheit prägten, ist längst dahin und auch in ihrer Beziehung gibt es schon lange keine Liebe mehr. Ihr Vater säuft. Den Kirsch hat auch Christin immer griffbereit unterm Autositz. Unter der flirrenden Hitze des Sommers scheint die Zeit stillzustehen. Da taucht Windkraftingenieur Klaus, 46, (Godehard Giese) aus Hamburg auf, und die Welt beginnt sich wieder zu drehen.
Kritik
Die Sehnsucht nach einer besseren Zukunft, die schon in Sabrina Sarabis Kinodebüt anklang, prägt auch ihr schnörkelloses Schaubild dörflicher Tristesse. Die findet ihre Verfilmung Alina Herbings gleichnamigen Erfolgsromans tief in der Provinz Mecklenburg-Vorpommerns. Dort ist das Klischee ostdeutscher Verwahrlosung mit Traktor-Trips und Nazi-Nachbarn Alltag. Hier draußen, wo die Sommersonne unbarmherzig auf die trügerisch friedliche Kuhwiese knallt, sind die Orte hässlicher als die Menschen und beide gleichermaßen verkommen. Gewalt brütet Gleichgültigkeit. Oder umgekehrt.
Die Handvoll Figuren, die den trostlosen Alltag der jungen Christin (Saskia Rosendahl, Fabian oder Der Gang vor die Hunde) bestimmen, begegnen der Sinnlosigkeit mit Suff, Sadismus und Sex. In ihren flirrenden Bildern tut es die deutsch-iranische Regisseurin ihnen gleich. Ihr Drehbuch sucht weder nach Ursachen für die Perspektivlosigkeit und Aggression, noch erforscht sie die perverse Psyche der abstoßenden Figuren. Deren Verhalten, Motive und spärliche Dialoge bleiben willkürlich und belanglos. Die Handlung beginnt irgendwo und kennt keinen Zielpunkt. Alles erstickt ländliche Langweile.
Rosendahl spielt die dauerfrustrierte Dumpfbacke, der jeder Typ und jede Flasche Fusel recht sind, um ihr Hirn auszuschalten, so authentisch, dass fast scheint, es stecke doch ein Funke Persönlichkeit hinter der trägen Wut. Doch jede Andeutung einer geistigen oder dramaturgischen Entwicklung entpuppt sich als Strohfeuer. Da wirkt es direkt allegorisch, wenn ein Heuschober brennt und keinen interessiert, wer es war und warum. Alle wollen nur weg. Christine, ihre Freundin Caro (Elisa Schott, Limbo) und das Publikum.
Fazit
Von Heimatkino-Kitsch ist Sabrina Sarabis zweiter Spielfilm unendlich weit entfernt. Das ostdeutsche Niemandsland ist für die Protagonistin ein geschlossener Kreislauf aus Asozialität, Alkoholismus, Apathie und Abstumpfung. Beschränkt, brutal und banal, ist die morbide Milieuschau weniger Provinzdrama als Provinzporno: der skizzenhafte Plot zelebriert die destruktive Monotonie ohne Tiefgang; die Perspektive auf die knapp oder nicht bekleidete Tierquäler-Tussi ist die sichere Distanz bürgerlicher Bequemlichkeit. Doch die rohe Intensität der Darstellungen und naturalistischen Inszenierung fordern Respekt.
Autor: Lida Bach