5.0

MB-Kritik

Paternal Leave - Drei Tage Meer 2025

Drama

5.0

Juli Grabenhenrich
Luca Marinelli
Arturo Gabbriellini
Joy Falletti Cardillo
Gaia Rinaldi

Inhalt

Mitten im rauen Winter reist die 15-jährige Leo (Juli Grabenhenrich) an die Küste Norditaliens, um den Mann zu finden, der all die Jahre gefehlt hat: ihren Vater Paolo (Luca Marinelli). Was als stille Hoffnung beginnt, wird zur Begegnung mit alten Wunden und neuen Sehnsüchten. Paolo, längst in einem anderen Leben verankert, gerät durch Leos Auftauchen ins Wanken. Zwischen Schweigen, Wut und Sprachen, die fremd sind, tasten sich Vater und Tochter aneinander heran.

Kritik

Mit seiner sarkastischen Umkehr der Handlungskonstellation, in dem nicht ein Vater sein Kind, sondern das Kind seinen Vater vorübergehend aufsucht, und den semantischen Suggestionen verrät Alissa Jungs (Der Überfallzwiespältiges Jugenddrama neben seinem Anspruch auf emotionale Differenzierung auch seine Tendenzen zur romantischen Revision. Der idealistische Blick auf ein tatsächlich bitteres Szenario ist nicht die einzige Crux der betont ernsten Variation des „Meet the Parents“-Tropes. Deren überkonstruierte Prämisse klingt mehr nach einer Situationskomödie klingt als einem realistischen Coming-of-Age-Film.

Die 15-jährige Leo (Juli Grabenhenrich) fährt nach einem Streit mit ihrer Mutter nach Italien, um dort Erstmals ihren verantwortungsscheuen Vater zu treffen. Paolo (Luca Marinelli, The Old Guard 2) ist ein Surf-Coach  in einem abgeranzten Badeort, der in der Wintersaison zur abweisenden Einöde wird. Vor dieser dankbaren Kulisse touristischer Tristesse kollidieren die gegensätzlichen Realitäten von Vater und Tochter. Dass Paolo seine neue italienische Frau und Tochter Leo offenkundig vorzieht, wird nicht als feiger Egoismus enttarnt, sondern zur reuevollen Rehabilitation verklärt.

Während ihr Vater an finanziellen und familiären Altlasten keinerlei Interesse hat, will Leo ein Teil seines Lebens sein. Ob aus Trotz gegenüber ihrer Mutter, aufgrund heimischer Probleme oder weil sie in ihm ein vorgefertigtes Idealbild sieht, bleibt unklar. Genauso vage sind die Gründe für Paolos Ablehnung, deren weitreichenden materiellen und persönlichen Auswirkungen die Regisseurin und Drehbuchautorin beflissen übergeht. Statt ihren Charakteren psychologischen Entfaltungsraum zu geben, imaginiert sie die bittersüße Begegnung als Kollektion abgegriffener dramatischer Vignetten.

Fazit

Sie habe viele Fragen, aber sei nicht sicher, ob sie die Antworten wolle, sagt die junge Protagonistin Alissa Jungs konformistischen Kino-Debüts einmal. Dem Publikum geht es ähnlich. Die oberflächliche Handlung hinterlässt umso mehr psychologische Brüche und narrative Lücken, umso länger sie sich hinzieht. Zugleich ersticken die von der derivativen Inszenierung aneinandergereihten Klischees jedes anfängliche Interesse an den Figuren. Dass jene mehr Schatten filmischer Stereotypen sind als eigenständige Individuen kann weder die naturalistische Optik noch die überzeugende Hauptdarstellerin kaschieren.

Autor: Lida Bach
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