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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Pepi erhält wegen den Marihuana-Pflanzen auf ihrem Balkon Besuch von ihrem Nachbarn, einem Polizisten, der sie vergewaltigt statt zu verhaften. Pepi heuert ihre Freundin Bom und die Mitglieder ihrer Band „Bombitoni“ an, den Schweinehund zu vermöbeln. Dies setzt eine turbulente Ereigniskette in Gang. Nicht nur, das versehentlich der unschuldige Zwillingsbruder erwischt wird, sondern Pepi knüpft Kontakt zu Luci, der unbefriedigten Ehefrau ihres Peinigers. Diese wird von ihm behandelt „wie seine Mutter“, dabei würde sie so gerne härter angepackt und erniedrigt werden. Dafür ist Bom wie gemacht und bald schon ist Luci nicht nur ein Band-Groupie, sondern ihr ergebener Sex-Sklave…

Kritik

Der zweite, abendfüllende Spielfilm des damals gerade 30 Jahre alten Pedro Almodóvar (Leid und Herrlichkeit) ist ein Manifest der avantgardistisch-hedonistischen Lebensfreude und Spiegelbild eines Spaniens – und ganz besonders dessen Herzens Madrid -, das sich in einem oberflächlich unbeschwerten, im Wahrheit aber radikalen und äußerst komplizierten, längst überfälligen Umbruch befand. Als letzte, große Nation in Europa noch unter einem faschistischem Regime stehen, endete dieses offiziell erst 1975 mit dem Tod von Diktator Franco. Als wolle man die furchtbare Vergangenheit so schnell wie möglich vergessen machen, all die unterdrückten und teilweise verfolgten Philosophien nun möglichst schillernd ausleben, entwickelte sich die Movida madrileña. Eine bewusst alles Alteingesessene ablehnende Bewegung. Ein Lebensgefühl, das mit seiner selbstzerstörerischen Weise auch auf lange Sicht nicht gut gehen konnte, aber eben zum Ausdruck brachte, wie sehr man bisher unter dem Freiheitsentzug gelitten hatte.

-„Ich muss mal pinkeln.“

-„Pinkel auf sie!“

Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande zeigt schon früh den späteren Weg von Pedro Almodóvar auf, allerdings noch unter komplett anderen Bedingungen und auf eine völlig hemmungslose Art und Weise. Ohne echtes Budget, mit sichtlich wenig Erfahrung, dafür aber mit wahnsinnig viel Leidenschaft und Engagement für eine Lebenseinstellung lässt der später international anerkannte Meisterregisseur hier kompromisslos die ungesattelte Sau raus. Seine erste Muse und langjährige Weggefährtin Carmen Maura (Volver – Zurückkehren) stellt in der Rolle der Pepi beinah den Zwiespalt  - oder eher die ungewöhnliche Entwicklung – von einem unangepassten Kind dieser Zeit hin zu einer erfolgreichen Werbefachfrau dar – auch wenn sie für eher „spezielle“ Produkte wirbt. Um sie herum, hervorgerufen durch sie, da entstehen die ganz skurrilen Situationen. Wenn die bis dato auf eine züchtigende Hand seitens ihres Mannes hoffenden, bisher heimliche (oder eher ungehörte) Masochistin Luci (Eva Siva, High Heels) so verzweifelt ist aufgrund des konservativ-langweiligen Ehelebens, das sie sich der erstbesten Zecke hörig gibt, die sie im wahrsten Sinne des Wortes anpisst. Manchmal, aber nur manchmal, haben Frauen ein klein Bisschen Haue gern. Stimmt auch, will nur selten jemand hören, da es im Zweifelsfall halt immer schwierig zu belegen ist. 

Da wird kein Blatt vor den Mund oder sonst wo hin genommen. Almodóvar’s Film ist wahnsinnig provokant und trotz aller Radikalität niemals angreifbar, weil er jede noch so sonderbare Neigung – selbst wenn es um pure Erniedrigung oder das Aufsparen der Jungfräulichkeit geht, nur um diese an den Meistbietenden zu verschachern – als klare, freie Meinungsäußerung darstellt. Selbstbestimmung, ohne Zwang, Reglementierungen und Sittenpolizei, egal was die Mehrheit davon hält. Ganz in diesem Sinne agiert das gesamte Geschehen. Ein unkontrollierbares, vogelfreies Aufblühen nach 40 Jahren im Schatten und in Ketten. So chaotisch der fast Comicstrip-artig wirkende, Ultra-Independent-Film durchgehend eine narrative Linie vermissen lässt und kaum hochwertiger aussieht als er ist, er ist in diesem hektischen Drunter-und-Drüber wie ein Befreiungsschlag. Voller aberwitziger Ideen; sarkastischen Nadelstichen mit einer Mistgabel: Respektloses Kamikaze-Kino mit technisch umgekrempelten Hosentaschen und euphorischer Unzurechnungsfähigkeit. Aus dem Bauch und Herz heraus, der Kopf und Verstand ziehen nur im Hintergrund die Fäden, sind aber nicht Chef an Bord. Was diesen pulsierenden, spontanen und impulsiven Film aber enorm lebendig, liebenswert und tatsächlich sogar ziemlich wichtig macht. Es ist ein Zeit-, Gesellschafts- und Kulturdokument – auch wenn er Erektionswettbewerbe, menstruierende Puppen und Popelfressen (und nicht mal die eigenen) thematisiert. Mahlzeit.

Fazit

Almodóvar’s zweiter Spielfilm ist purer Punk. Irgendwo Arthouse-Punk, aber drauf war er nie aus und es ist nur ein nachgeschobener Ritterschlag. Gezielt die Kontroverse suchend, aber eben auch um die Diskussion anzuregen. Oder wenigstens auf etwas aufmerksam zu machen. Beziehungsweise dieses nicht mehr zu tabuisieren. Trotzdem natürlich gerne in der Rolle der satirischen Rampensau. Das macht den Film ja erst so sympathisch, trotz seiner offenkundigen Defiziten und Fehlern. Mit dem Arsch durch die Wand, die Hose gar nicht mehr an, aber mit einer unmissverständlichen Attitüde: Klasse, auf seine ganz spezielle Weise.

Kritik: Jacko Kunze

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