1992: Eine Gruppe von Kinoangestellten in einer christlich geprägten Provinz erhält nach Feierabend vom Chef die Gelegenheit, sich einen Wunschfilm auf der großen Leinwand ansehen zu dürfen. Durch einen Zwischenfall mit einem Kinobesucher stoßen sie auf seinen verborgenen Raum unterhalb des Kinos und darin auf eine mysteriöse Filmrolle. Schnell siegt die Neugier über die Vernunft und der filmische Alptraum wandelt sich zum leibhaftigen, welcher ihnen Aufklärung der etwas anderen Art erteilt...
Pornografie gilt heutzutage zwar nicht mehr als ganz so verpönt wie noch vor rund 30 Jahren, aber in gesitteren Gesellschaften immernoch als Tabuthema oder eben etwas, das lieber unter der Hand gehandhabt wird. Obwohl Seiten wie Pornhub, Redtube und Co. regelmäßig enorme Aufrufzahlen weltweit für sich verbuchen können, findet das Konsumieren von pornografischen Inhalten weitestgehend in einer anonymisierten Grauzone des Internets und im Verborgenen statt. So erscheint es nur konsequent, dass Kurzfilmer Keola Racela eben diese unterdrückten Impulse in unserer Gesellschaft zum Kernthema seines Langfilmdebüts gemacht und diesen schlicht Porno getauft hat. Doch auch wenn die ersten Momente durchaus auf eben einen solchen schließen lassen und den weniger offenen Zuschauer dazu verleiten könnten, den Blick abzuwenden, sollte man sich davon nicht täuschen lassen. Denn weder verbirgt sich hinter Porno ein Schmuddelfilm, noch ein Film übers Schmuddelfilmemachen wie etwa Paul Thomas Andersons Boogie Nights, sondern vielmehr ein kleiner, aber feiner Retro-Horrorsnack für Genrefans.
Wenn man denn zwingend einen Streifen aus der jüngeren Zeit zu Vergleichen mit Porno heranziehen müsste, wäre das wohl oder übel die Neuverfilmung von Stephen Kings Es. Und das nicht bloß allein aufgrund des Retrosettings, was einem Racela, natürlich wegen fehlenden Rechten und Lizenzen längst nicht so penetrant um die Ohren hauen kann wie Andy Muschietti seine 80er Nostalgie. Dennoch gibt es schon allein durch das Kinosetting eine Handvoll schöner Anspielungen und spätestens die Tatsache, dass hier Filme noch klassisch über einen Projektor auf die Leinwand projiziert werden oder ein zufällig rumliegender okkulter Wälzer statt Google den Figuren Klarheit verschafft, unterstreicht zusätzlich, wo wir uns hier befinden. Während der Clown Pennywise in Es die größten Ängste der jungen Protagonisten verkörpert, erscheint hier der Sexdämon Succubus den Jugendlichen in Gestalt von den unterschwelligen Gelüsten, die diese mit sich herumtragen und die in einer eher konservativ geprägten Gemeinde keinen Platz finden dürfen. Das reicht von mehr als nur freundschaftlichen Gefühlen, über unterdrückte Homosexualität bis zu handfestem Voyeurismus. Insofern betreibt Porno fast schon so etwas wie krude Aufklärung an sowohl Zuschauern als auch den Figuren untereinander. Auch der Umstand, dass unter dem normalen Kinogebäude die Überreste eines Pornokinos schlummern, betont das Motiv des Heimlichen und Verborgenen, das hier unweigerlich ans Licht der Öffentlichkeit gelangt.
Das bedeutet allerdings weiß Gott nicht, dass sich der Film als ernsthafte Reflektion über den Umgang mit Sexualität verstehen würde. Dafür ist das Ganze viel zu sehr in ein bisweilen herrlich absurdes Genre-Szenario eingebettet, das mindestens ebenso oft belustigt wie es ekelt. Besonders bei Letzterem fährt Porno durchaus deftige Gore-Kost auf. Wie hier etwa munter sekundäre Geschlechtsteile explizit in Mitleidenschaft gezogen werden, dürfte so manchen (männlichen) Zuschauer mit weniger starkem Magen spürbar an seine Grenzen bringen. Dabei ist auffällig, dass ausgerechnet Jillian Mueller (The Last O.G.) als einziges Mädchen im Bunde relativ ungeschoren davonkommt, während der Succubus - natürlich in der Gestalt einer Femme-fatale Schönheit - es auf ihre männlichen, anscheinend allesamt jungfräulichen Kollegen besonders abgesehen hat.
Mit fortschreitender Laufzeit ist sich Porno dann allerdings auch nicht zu schade dafür, sich in ausgelassen trashigere Gefilde zu begeben. Das wäre allerdings deutlich weniger wild, wenn der Film denn aus seiner Prämisse, dass streng erzogenene Jugendliche plötzlich mit Pornografie - der verfluchte Streifen sieht sich wie die Snuff-Film-Variante des berüchtigten Ring-Videos - konfrontiert werden, mehr herausholen würde. Stattdessen verlegt sich Regisseur Racela zu sehr darauf, Okkultismus-Klischees aufeinander zu stapeln und die durchaus cleveren Ansätze im ausgemacht wirren Showdown doch eher untergehen statt zur Geltung kommen zu lassen. Das tut dem Spaß am Ende zwar keinen Abbruch, macht aus Porno dann aber letztlich doch einen weitaus durchschnittlicheren Vertreter, bei dem mehr möglich gewesen wäre.
Fazit
Entgegen seinem provokanten Titel, gefällt "Porno" als mitunter trashiger Retro-Genrehappen, welcher trotz guter Ansätze zwar wenig aus seiner spannenden Grundidee macht, dennoch aber als flotte Horrorkomödie mit Snuff-Anleihen über weite Strecken zu unterhalten weiß. Besonders hartgesottenere Genre-Fans dürfen gerne einen Blick riskieren auf diesen ausgemachten Schmuddel-Aufklärungsfilm der etwas anderen Sorte.
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