Inhalt
„Prey“ spielt vor 300 Jahren in der Comanchen-Nation und erzählt die Geschichte einer jungen Frau, Naru, einer wilden und hochqualifizierten Kriegerin. Sie ist im Schatten einiger der legendärsten Jäger aufgewachsen, die die Great Plains durchstreifen, und wenn Gefahr ihr Lager bedroht, macht sie sich auf den Weg, um ihr Volk zu beschützen. Die Beute, die sie verfolgt und letztendlich konfrontiert, entpuppt sich als hoch entwickeltes außerirdisches Raubtier mit einem technisch fortgeschrittenen Arsenal, was zu einem bösartigen und schrecklichen Showdown zwischen den beiden Kontrahenten führt.
Kritik
Predator mit Arnold Schwarzenegger ist kein dummer Film! Mal abgesehen von seiner Effektivität in Sachen Spannung und Dramaturgie, lässt sich das Meisterwerk von Stirb Langsam-Regisseur John McTiernan sehr schnell auch als Dekonstruktion, heroischer, militärischer Männlichkeitsbilder verstehen. Ähnlich wie bei Aliens - Die Rückkehr muss eine Gruppe Elite-Kämpfer um ihr Leben fürchten, obwohl doch eigentlich sie die Gefahr sein müssten. War es bei James Cameron eine Legion aus den titelgebenden Kreaturen, war es in Predator ein einzelner Außerirdischer. McTiernan zerlegte und erschütterte das Macho-Gehabe der 1980er Jahre mit den Waffen des Genrekinos und bis heute haben das noch nicht alle gemerkt.
Das Problem bei einem sehr guten und vor allem sehr erfolgreichen Film sind die Gesetzmäßigkeiten von Hollywood, die ein Sequel verlangen. Auch Predator ereilte dieses schwerwiegende Urteil. Anders als etwa Alien gelang es dem Franchise nie wieder auch nur annähernd an den ersten Teil heranzukommen. Predator 2 war immerhin noch ein schmuddeliges Action-Happening und Predators besaß durchaus nette Einzelmomente, aber keiner von ihnen hinterließ mehr als einen Seufzer, eine Sehnsucht nach dem ersten Teil. Von den Alien vs. Predator-Filmen sowie Shane Blacks Nachdreh-Debakel Predator - Upgrade wollen wir hier gar nicht erst anfangen.
Die Fans des Predators sind also Kummer gewohnt, vielleicht eben auch deswegen, weil sie den ersten Film als unfehlbaren Referenzwert nehmen. Auch der neuste Versuch aus dem Franchise Kapital zu schlagen, dieses Mal unter Disney, wird dem Original verglichen werden und ja, im direkten Duell obsiegt der Film aus dem Jahre 1987. Aber auch Prey hat seine Qualitäten, die das Projekt, welches eigentlich als Überraschung gedacht war und unter dem Pseudonym Skull realisiert wurde (mehr dazu hier), zum zweitbesten der gesamten Reihe machen – mit Leichtigkeit.
Prey besitzt einige interessante sowie starke Aspekte. Da wäre zum Beispiel die Thematik der Jagd. „Sie jagen, um zu überleben. Es lebt, um zu jagen“ heißt es in einem der Trailer. Diese Gegenüberstellung greift der Film immer wieder auf. Er bringt dabei viel Respekt für die indigenen Völker auf (es gibt sogar eine indigenen Sprachfassung), die auch ohne den Predator zur Genüge mit Bedrohungen zu tun haben. An vorderster Front wären da natürlich die europäischen Invasoren. Der Jäger aus dem All ist im Prinzip die Verdichtung der Gefahr durch diese. Während die Kolonisten Büffel nur wegen eigenen Ehrgeiz und dem Spaß an der Jagd massakrieren, tut das physisch wie technisch hochüberlegene Wesen im Grunde nichts anderes. Der Mensch wird zum Vieh. Die Schlachtplatte ist angerichtet.
Noch mehr als Parabel für die bestialischen Verbrechen an den Comanchen und weiteren Stämmen versteht sich Prey aber auch als eine Chronik der Emanzipierung. Dafür nimmt sich der Film allerdings auch Zeit, was dazu führt, dass Anhänger schneller Action zunächst erst einmal ausharren müssen, was aber zeigt, dass Regisseur Dan Trachtenberg (10 Cloverfield Lane) und Drehbuch-Schreiber Patrick Aison (Jack Ryan) ihre Heldin nicht egal ist. Klar, Hauptfigur Naru und ihr Kampf gegen Fremdbestimmung wird narrativ ohne Subtilitäten ausgefochten. Das passt aber zum archaischen Konstrukt, in der sie, aber und ihr Bruder Taabe (gelunges Schauspieldebüt von Dakota Beavers) beheimatet sind.
Es fördert aber auch perfekt das Gefühl von Seriosität, das Prey evoziert. Relativ frei vom Drang penetrante Scherze zur Auflockerung einfügen zu müssen, nimmt sich die Geschichte ernst, ohne aber zu vergessen, dass wir es hier mit einem Genre-Mix aus Sci-Fi, Horror, Action und Abenteuer zu tun haben. Natürlich bieten die Macher auch den einen oder anderen Hinweis auf andere Predator-Filme, aber bis auf ein blutiges Zitat, hält sich das alles in Grenzen.
Prey ist eine gelungene Weiterführung, bzw. Vorgeschichte, des Originals, vermutlich sogar die eindrucksvollste, die bislang den Weg zu uns gefunden hat. Das mag nicht unbedingt an der Tricktechnik liegen – gerade die Wildtiere aus dem Computer sehen hin und wieder doch etwas arg unfertig aus -, aber an der Konzentration auf Effizienz, mit der Trachtenberg seinen zweiten Spielfilm inszeniert hat. Nach einem (für gewiss einige Zuschauer*innen) zähen Beginn entspinnt sich eine simple, aber durchaus fesselnde sowie fruchtbare Geschichte, die nicht nur vom Predator getragen wird, sondern auch von Hauptdarstellerin Amber Midthunder (The Ice Road), die sich mit der Rolle der Naru als zukünftige Actionheldin empfiehlt und deutlich zur Qualität von Prey beiträgt. Einem Film, von dem sicherlich viele eines Tages behaupten werden, er wäre dumm. Ist er nicht. Und schlecht erst recht nicht.
Fazit
Wer von "Prey" erwartet, dass er genauso gut sein soll, wie der erste Teil aus dem Jahre 1987, kann nur enttäuscht werden. Regisseur Dan Trachtenberg liefert mit der Disney-Produktion einen überaus ansprechenden Genre-Beitrag ab. Ein Werk, welches als reinrassiges Unterhaltungsvehikel bestens funktioniert, das aber – genau wie der erste Teil – hinter seiner Fassade mehr bietet.