»Die Lamas des Farmers« wurde schon seit einer Weile mit verschiedenen lustigen Clips angekündigt und dürfte so nicht nur bei eingefleischten Fans der britischen Stop-Motion-Serie die Neugier auf die neuen flauschigen Farmbewohner geschürt haben. Dabei setzt das Special auf die klassischen Stärken des Formats, die die Abenteuer rund um Shaun so liebenswert machen: mit Detailreichtum gestaltete Szenen, warmherziger Humor, der trotz Slapstick nie ins rein Brachiale abgleitet, und vor allem liebevoll ausgearbeitete Gestik und Mimik der einzelnen Figuren, deren Interaktionen auch ohne ein einziges gesprochenes Wort immer faszinierend nachvollziehbar bleiben.
Insbesondere in der ersten Hälfte weiß »Die Lamas des Farmers« mit alledem nicht nur zu überzeugen, sondern auch zu bezaubern. Die Ankunft der Lamas auf der Farm wird narrativ sorgfältig vorbereitet, und das Aufeinanderprallen der friedfertigen Farmbewohner mit den drei übermütigen Rowdys ist herrlich in Szene gesetzt, ebenso wie die anfängliche Begeisterung Shauns, der zu fasziniert davon ist, mit seinen neuen Freunden Unsinn zu treiben und Grenzen auszutesten. Für mehr als einen Lacher gut sind auch die Szenen zwischen dem überforderten Bauer und dem nicht minder überforderten Hofhund Bitzer, der seine Autorität durch die wolligen Neuankömmlinge gnadenlos untergraben sieht.
Je derber die Späße der drei Lamas werden, desto befremdeter reagiert die Schafherde, und so ist es nicht weiter überraschend, dass Shaun plötzlich allein dasteht und einen Weg finden muss, den Frieden auf der Farm wieder herzustellen. Erzählerisch ist auch dieser Teil des Plots sauber und plausibel umgesetzt. Auch die Konfliktlösung wird von Anfang an sogar recht offensichtlich vorbereitet und so gerät die muntere Chaos-Comedy im weiteren Verlauf zu einer Fabel um Zugehörigkeit, Loyalität und Zusammenhalt. Dabei geht es teilweise sogar mit einer ordentlichen Portion düsterer Spannung zu, denn mit fortschreitender Handlung werden die drei übermütigen Lamas richtiggehend bösartig und von amüsanten Quälgeistern, denen man ihren hemmungslosen Spieltrieb nicht recht übelnehmen kann, zu sinistren Gegenspielern, vor denen sich nicht nur Shaun, sondern auch gerade jüngere Zuschauer fürchten dürften.
So atmosphärisch aber gerade das Finale umgesetzt wurde, so sehr bleibt die Geschichte gerade mit dieser Plotentwicklung erzählerisch deutlich hinter den selbst eröffneten Möglichkeiten zurück. Denn letztlich geht es nur um die Wiederherstellung des Status quo auf der Farm und die Erkenntnis, wie wertvoll Freundschaft und bedingungsloser Zusammenhalt sind. Dem wird aber die Möglichkeit geopfert, auch den drei Lamas Raum für Charakterentwicklung und einen Lernprozess einzuräumen, und so hat ihre Wandlung von harmlosen Chaoten zu wirklich rabiaten Feindbildern einen etwas schalen Beigeschmack. Schließlich eröffnet »Die Lamas des Farmers« auf der Meta-Ebene Fragen, die nicht nur für jüngere Zuschauer auch ganz praktische Alltagsbedeutung haben dürften: Wie geht man damit um, wenn eine bestehende Ordnung von außen in ihren Grundfesten erschüttert wird? Die Antwort, welche das Special rein erzählerisch darauf liefert, ist darum unbefriedigend, weil sie lediglich auf ein Verhärten der Fronten, auf ein Wir vs. die Anderen hinausläuft.
Wenngleich das Kurzfilmchen sich selbst vermutlich nicht gleich als Parabel aufs Weltgeschehen begreifen mag, bleibt doch die Frage, wie zeitgemäß und angemessen eine solche Botschaft ist. Vor allem, da die drei Lamas gerade in der ersten Hälfte durchaus als Sympathieträger auftreten und die feinsinnige Inszenierung klar beweist, dass das dramaturgische Potenzial vorhanden gewesen wäre, um auch Motive und Hintergründe der drei Kameliden zu hinterfragen und vor allem der herzerwärmenden Komplizenschaft zwischen Shaun und Hector eine etwas versöhnlichere Entwicklung zu spendieren. Das auf der DVD enthaltene Making Of illustriert zudem, wie viel Gedanken sich die Macher um die Persönlichkeiten der drei Lamas gemacht haben. Dem werden Umsetzung und Plotentwicklung des Specials aber leider nicht ganz gerecht.
Was Erzählstruktur und Konfliktlösung betrifft, bleibt alles vollkommen plausibel und folgerichtig, doch selbst das wundervoll augenzwinkernde Ende — mit liebevollen Illustrationen im Abspann fortgesetzt — täuscht nicht ganz darüber hinweg, dass hier Potenzial verschenkt wurde.