Hört man in Deutschland nur die Worte „TV Produktion“ rollt der geneigte Filmfan bereits genervt mit den Augen, denn auch wenn man in den letzten Jahren in Punkten wie Budget und Ausstattung immer wieder eine Schippe drauf gelegt hat, so erreicht im Schnitt nicht einmal jeder 10. Film dieser Art eine positive Resonanz bei den Kritikern.
Wie so etwas auch aussehen kann beweist die BBC Jahr für Jahr aufs neue, den dank bekannter Schauspieler wie Benedict Cumberbatch, ausgefallenen Drehorten und einem Produktionsbudget, welches die öffentlich rechtlichen Programme in Deutschland nur schwer stemmen könnten, produzieren sie in regelmäßigen Abständen Filme, die durchaus mit den großen Werke aus Hollywood mithalten können.
Im 180 minütigen Epos „Small Island“ dreht sich alles um die Geschichte zweier Frauen, deren Leben eine abrupte Kehrwendung dank den Irrungen und Wirrungen des zweiten Weltkriegs macht.
Nach dem Roman von Andrea Levy, die als Kind jamaikanischer Einwanderer auch einen Teil ihrer eigenen Geschichte in die Handlung mit einwob, zieht es den Zuschauer in eine Zeit des Kolonialismus und des Rassenhasses.
Der Film beginnt in Jamaika, der namensgebenden kleinen Insel, die zum Zeitpunkt der Handlung noch Teil des britischen Imperiums war. Wir verfolgen das Schicksal des jungen Liebespaares Hortense und Michael, die von einem Leben in England träumen, da dort, zumindest so ihr Glaube, paradiesische Zustände herrschen. Die große Stärke des Films entfaltet sich bereits in den ersten Minuten, denn obwohl die Grundlegende Geschichte in Sachen Originalität sicherlich keinen Preis verdient, so ist es doch dieser ganz besondere Bezug zur englischen Geschichte, die den Zuschauer bis zu Letzt ans Sofa fesselt.
Wieso sollte Jemand der in Jamaika lebt für ein Land in den Krieg ziehen, von dem er eigentlich noch nichts gesehen hat. Wieso zieht es eine mittelständige Frau in der Blühte ihrer Jahre in das verregnete London. Anstatt diese Fragen mit simplen Klischees zu beantworten findet der Film genügend Zeit seine Figuren und deren Motive ausgiebig zu erläutern.
Ein großen Teil zur Authentizität des Stücks tragen auch die original getreuen Kostüme und Kulissen bei. Kurioserweise fühlt man sich als Laie oftmals dabei ertappt die Szenerien auf Jamaika mit der in London zu verwechseln, denn das britische Protektorat auf der Insel spiegelt sich eben auch in Architektur und Kleidungsstil wieder, sodass vom karibischen Südsee Flair nur wenig erhalten bleibt.
Zu guter Letzt muss man auch ein besonderes Lob an die Schauspieler aussprechen. Zwar trägt Herr Cumberbatch sicherlich den größten Namen des Ensembles und wie gewohnt spielt er seine Rolle sehr gut, doch da die Figur von Bernard über weite Strecken des Films nicht zu sehen ist, sind es größtenteils die anderen Gesichter, die die Geschichte auf ihren Schultern tragen.
Allen voran natürlich die weiblichen Protagonistinnen Naomie Harris, bekannt durch ihre Nebenrollen in“James Bond Skyfall“ und der „Pirates of the Carribean“ Saga, sowie Ruth Wilson, zu sehen etwa in „Saving Mr. Banks“, oder „The Lone Ranger“.
Beide geben eine tolle Performance, vor allem in der zweiten Hälfte der Handlung, in der sich ihre Figuren emotional völlig anders ausrichten, als es zu Beginn des Films den Anschein hat.
Auch die männlichen Hauptrolle ist mit David Oyelowo, der kürzlich erst für seine Rolle als Martin Luther King in „Selma“ für den Golden Globe nominiert wurde, hochkarätig besetzt.