Inhalt
Es ist das Jahr 1961 – Im amerikanischen Süden ist der Rassismus gegen die schwarze Bevölkerung seit jeher tief verwurzelt. Der junge College-Student Bob (Lucas Till) wuchs in diesem Klima des Hasses auf, noch dazu als Enkel eines berüchtigten Ku-Klux-Klan-Mitglieds. Inspiriert von den Worten und Taten von Martin Luther King und Rosa Parks, schließt er sich der schwarzen Bürgerrechtsbewegung an. Dies bringt nicht nur die direkte Konfrontation mit einem Teil seiner Familie, sondern auch mit seiner Freundin Carol-Anne (Lucy Hale) und ehemaligen Kommilitonen mit sich. Als die Bürgerrechtsbewegung zunehmend auf gewaltsame Gegenwehr stößt, erkennt Bob, dass er eine gravierende Entscheidung treffen muss…
Kritik
„Wenn man etwas sieht, das nicht richtig ist, nicht fair, nicht gerecht, hat man eine moralische Pflicht, etwas zu sagen, etwas zu tun. Sich zu erheben, den Mund aufzumachen, seine Meinung zu äußern.“ Das ist ein Zitat vom Bürgerrechtler John Robert Lewis, dem der Film Son of the South gewidmet ist. Son of the South basiert auf der Autobiografie von Bob Zellner mit dem Titel „The Wrong Side of Murder Creek“ und befasst sich mit der Frage der Rassentrennung in den 60er Jahren in den USA. Schon zu Beginn des Films wird man durch ein ruhiges und langes Intro, begleitet von Countrymusik, regelrecht in die Südstaaten-Atmosphäre hineingezogen und diese authentische Darstellung der Südstaaten bleibt über den ganzen Film hinweg erhalten.
Son of the South beeindruckt mit seiner Echtheit und schockiert mit der Wiedergabe der damals tatsächlich genauso stattgefundenen historischen Ereignisse und der menschenunwürdigen Behandlung der Schwarzen, die von den Weißen entweder wie die Pest gemieden oder offensiv angegriffen wurden. Sogar im Radio werden die Weißen ungeniert dazu aufgefordert die Schwarzen zu verprügeln, die nichts weiter tun, als für ihre Rechte zu demonstrieren. Die Ausübung der Gewalt an den Schwarzen wird nicht nur toleriert, sondern ist von der Regierung und der Gesellschaft ausdrücklich erwünscht.
Im Laufe des Films wird jedoch deutlich, dass sowohl Weiße als auch Schwarze Vorurteile haben, weil sie nur in ihrer gewohnten Welt leben und gar kein Interesse oder keinen Mut haben die Menschen hinter der Hautfarbe kennenzulernen. Während die Weißen große Angst davor haben, dass ihre altmodische und konservative Weltanschauung ins Wanken gerät und sich allein durch die Anwesenheit von Schwarzen bedroht fühlen, haben auch einige Schwarze aufgrund der historischen Ereignisse verständlicherweise kein Vertrauen zu den Weißen und Vorurteile gegenüber dem, was sie nicht kennen.
Bob Zellner, gespielt von Lucas Till (X-Men: Apocalypse), wird aufgrund von seiner weißen Hautfarbe beispielsweise als „Weißbrot“ bezeichnet. Er freundet sich mit der jungen schwarzen Privatdozentin Joanne (Lex Scott Davis, The First Purge) an und sie fragt ihn, ob sie an seinen Haaren riechen darf, weil sie gehört hat, dass Weiße nach Hühnerfedern riechen, wenn sie nasse Haare haben. Sie tut es und stellt prompt fest, dass Bob genauso wie ihr Cousin riecht. An dieser kleinen Szene aus dem Alltag erkennt man, wie wichtig es ist die Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen, denn Menschen sind doch schließlich alle gleich, egal welche Hautfarbe sie haben. Wenn man die anderen jedoch nicht richtig kennt und sich von Märchen- oder Schauergeschichten beeindrucken lässt, dann wird man immer Angst davor haben anderen Menschen näherzukommen.
Natürlich hat auch Bob Zellner Angst: Angst davor seine Zukunft aufs Spiel zu setzen, Angst davor seine Familie und sich selbst in Gefahr zu bringen und allgemein Angst in etwas hineingezogen zu werden, das viel größer ist, als er selbst und als alle Menschen, die er kennt. Es geht um den Kampf um Freiheit und Bürgerrechte. Und auf einmal ergeben die Worte, die Rosa Parks (gespielt von Sharonne Lainer, I Still Believe) an ihn gerichtet hat für ihn einen Sinn: „Eines Tages wird etwas sehr Schlimmes vor Ihren Augen passieren. Dann müssen sie sich für eine Seite entscheiden. Sich nicht zu entscheiden ist eine Entscheidung!“
Bob Zellner trägt über den ganzen Film hinweg einen inneren Konflikt, den er mit sich selbst ausfechten muss. Einerseits möchte er sich für die Rechte der schwarzen Bevölkerung einsetzen, doch anderseits hält irgendetwas ihn immer davon ab, aufs Ganze zu gehen. Als er beispielsweise nicht zum Bus der Freedom Rider durchgelassen wird, mit dem die Schwarzen zu einem weiteren Protestmarsch fahren möchten, fühlt er sich wider Erwarten erleichtert. Das gibt er selbstkritisch seiner Freundin Carol-Anne (Lucy Hale, Fantasy Island) gegenüber zu. Er weiß, dass er auf dem richtigen Weg ist, auch wenn er noch nicht bereit ist ihn vollständig zu gehen.
Symbolisch für seine Entscheidung steht der Brief seiner Freundin Carol-Anne, der während der Autofahrt aus dem Auto flattert. Bob hält das Auto an und für einen kurzen Moment glaubt man, dass er ihn aufheben möchte. Er rettet jedoch eine Schildkröte, die auf der Straße lag. Er hilft denjenigen, die sich selbst nicht helfen können und verschwendet keinen Gedanken mehr an seine Freundin, der nur ihr Ansehen und ihre großartige Zukunft etwas bedeuten. Das ist der Wendepunkt und gleichzeitig der Punkt an dem sich Bob Zellner voll und ganz auf die Bürgerrechtsbewegung einlässt.
Bob Zellner wird in Son of The South nicht heldenhaft, sondern eher menschlich dargestellt. Er ist ein Mensch mit einigen Schwächen und Urängsten, doch gerade das macht ihn so sympathisch. Teilweise wirkt er sogar naiv, als er bei der Bürgerrechtsbewegung mitmachen möchte und seine Mutter mit den Worten beruhigt: „Ich ziehe ja nicht in den Krieg!“ Währenddessen schaut ihn sein Vater der Prediger wissend und besorgt an. Während die Bürgerrechtsbewegung damals ihren Aufschwung nahm, herrschten tatsächlich oft kriegsähnliche Zustände, weil die Ku-Klux-Klan-Brüder und ein Teil der weißen Bevölkerung, die Friedensmärsche der schwarzen Bevölkerung als große Bedrohung gegen sich selbst und die bestehenden Rassengesetze ansahen und bereit waren diese mit Ausübung von Waffengewalt zu beenden.
Vielen Südstaatlern wurde von Kindheit an eingebläut, dass sie sich bloß nicht mit den Schwarzen abgeben sollten und dass sie als Weiße mehr Rechte haben. Rosa Parks durchbrach diese altmodische Denkweise, als sie sich in einem Bus weigerte für einen Weißen aufzustehen. Deswegen wurde sie verhaftet und es folgten viele weitere Verhaftungen von schwarzen Demonstranten, die nichts mehr taten, als friedlich zu singen und Plakate mit Forderung der Freiheitsrechte hochzuhalten. Dieser Film zeigt auf eindrucksvolle Art und Weise wie stark die Bürgerrechtsbewegung war und wie viel mentaler Stärke es die Bürgerrechtler gekostet haben muss sich nie gegen die Ungerechtigkeiten, die ihnen widerfuhren, zu wehren.
Die Bürgerrechtler kämpften mit ihrer Angst und egal, was ihnen angetan wurde, sie waren bereit aufzustehen und weiter friedlich für ihre Rechte einzutreten. Die Figuren sind sehr authentisch und Son of the South stellt sie alle bewusst verletzlich und menschlich dar. Während einer der Mitglieder der „Freedom Rider“ Derek (Ludi Lin, Aquaman) Bob seine Geschichte erzählt, fühlt man, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben muss sich seiner Angst zu stellen. Als Kind musste er ein Schild tragen, auf dem stand: „Ich bin ein Chinese“, damit er nicht für einen Japaner gehalten und verprügelt wird. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor richtete sich der Hass vieler Amerikaner gegen Japaner und alle, die sie für Japaner hielten.
Derek gibt Bob gegenüber zu, dass er erleichtert war, dass er kein Japaner ist und dass sie verprügelt wurden und nicht er. Solche Gefühle sind menschlich und sich trotz dieser Gefühle der brutalen und gewaltbereiten Mehrheit in den Weg zu stellen, erfordert viel Mut. Diesen Mut findet Bob Zellner, der nicht nur seine eigenen rassistisch motivierten Taten sühnen will, sondern sich auch für immer von seinem dem Ku-Klux-Klan angehörenden Großvater emanzipieren möchte. Bob Zellner gibt zu, dass er ein Monster war, aber keins mehr sein möchte. „Auge, um Auge“ macht jeden Blind und wenn man Frieden möchte, dann sollte man dem Drang widerstehen, auf Gewalt mit Gewalt zu antworten. Das lernt auch Bob Zellner und hat nun keine Zweifel mehr an seiner Entscheidung sich der Bürgerrechtsbewegung der „Freedom Rider“ anzuschließen.
Fazit
„Son of the South“ ist ein authentischer Film, der die wahre Geschichte des Bürgerrechtlers Bob Zellner erzählt, der im Laufe des Films eine bemerkenswerte Wandelung von einem privilegierten weißen Jungen zum mutigen Bürgerrechtler vollzieht. Bob Zellner ist kein Held und genau das zeigt ganz deutlich, dass jeder Mensch Potenzial in sich trägt aufzustehen und für die Rechte der Unterdrückten zu kämpfen. Man muss kein Held sein, um gute Taten zu vollbringen und man muss kein Held sein um für die freie Meinungsäußerung und Wahlrecht zu kämpfen. Angst und Zweifel sind menschlich, doch man sollte sich von der Angst niemals davon abhalten das Richtige zu tun.
Autor: Yuliya Mieland