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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Almodóvar erzählt die Geschichte von zwei verhinderten Lieben und scheut dabei nicht die Auseinandersetzung mit brisanten moralischen Themen. Wie bei dem spanischen Regisseur üblich, stehen auch hier die Frauen im Mittelpunkt der Handlung. Und dennoch ist es eine Männerfreundschaft, die daraus entspringt.

Kritik

Spätestens mit Alles über meine Mutter war Pedro Almodóvar endgültig auch in den USA angekommen, ohne dabei ein Teil der Hollywood-Maschinerie zu werden. Nach zahlreichen Preisen auf europäischer Ebene wurde er damals erstmals auch bei den Oscars für den Besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet, verirrte sich aber erfreulicherweise in der Folge nicht in der Rolle des beliebigen, europäischen Auftragsregisseur in Übersee, wie es so einigen (meist aber zu diesem Zeitpunkt noch wesentlich unerfahreneren) Kollegen erging. Denn Almodóvar wurde erst richtig (in den USA) wahrgenommen, als er sich nicht nur schon längst etabliert hatte, sondern seinen persönlichen Reifeprozess auf einen Level gebracht hatte, den nur ein absoluter Schwachkopf für eine womöglich sehr lukrative Handvoll Dollar geopfert hätte. Für ihn war der Oscar kein Ritterschlag oder Sprungbrett, er war eine vielleicht noch nicht überfällige, aber definitiv nicht notwendige Trophäe, die man sich trotzdem gerne in die Vitrine stellt. Viel zu viel hatte er auf seine eigene Weise schon erreicht, beinah erkämpft. Umso erfreulicher, das sein Folgewerk Sprich mit ihr – Hable con ella nicht nur wieder in dieser exotischen „Bonus-Kategorie“ bedacht wurde, sondern tatsächlich den Oscar für das Beste Originaldrehbuch einheimste. Verwunderlich besonders dahingehend, da Almodóvar sich hier vielleicht augenscheinlich weniger angriffslustig gibt als in seinen ganz wilden Tagen, dennoch auf subtile und manchmal trotzdem noch sehr direkte Weise eigentlich allem wiederspricht, wofür die oft prüden, inoffiziellen Regeln des angeblichen wichtigsten Filmpreises stehen.

Wie so oft scheint es wieder eine Geschichte über Frauen zu sein, die diesmal aber beinah zwangsläufig von zwei Männern getragen werden muss. Denn sowohl Alice (Leonor Watling, The Oxford Murders) wie auch Lydia (Rosario Flores, Colegas) liegen nach zwei unabhängig voneinander stattgefunden, tragischen Unfällen im Koma. Ihre beiden „Begleiter“ lernen sich auf der Krankenstation kennen: Marco (Darío Grandinetti, Julieta), der Lebensgefährte vom weiblichen Matador Lydia, die in der Stierkampfarena auf die Hörner genommen wurde. Und Benigno (Javier Cámara, Fliegende Liebende), der Krankenpfleger von Balletttänzerin Alice, der sich aufopferungsvoll um seine Patientin kümmert. Während Marco völlig überfordert mit der Situation ist, gibt ihm der souveräne Benigno nicht nur den notwendigen Halt, er ermutigt ihn gleichzeitig zur Kommunikation mit seiner Geliebten. Zwischen den beiden Leidensgenossen ergibt sich eine enge Freundschaft, allerdings sorgen einige Verwicklungen und unbekannte Ereignisse aus ihrer Vergangenheit für eine Verkettung von Extremen, die so nicht vorherzusehen waren.

Pedro Almodóvar ist eindeutig reifer, vielleicht sogar erwachsener geworden. Was nicht bedeutet, dass er seine unverkennbare, individuelle Note abgelegt hat. Er hat sie nur perfektioniert. Früher ein noch roher, radikaler Unruhestifter ist er längst Kritikerliebling und anerkannter Künstler, der nicht mehr mit aller Macht provozieren muss um aufzufallen. Aber sich dennoch nicht verleugnet. Auch wenn Sprich mit ihr – Hable con ella auf überwiegend lobendes Feedback selbst aus konservativsten Ecken stieß, in ihm schlummert nicht nur bewusst viel ambivalentes Potenzial, er lebt es verpackt in eine äußerst schmückende Hülle stellenweise sogar sehr direkt aus. Schier unfassbar, dass ein Film, in der ein Mann mit Haut und Haar in einer überdimensionalen Vagina verschwindet einen Oscar für das beste Drehbuch erhält! Die Szene spiegelt nur in einem kleinen Moment die sonst so offenherzige Art des Regisseurs wieder, dennoch absolut verblüffend. Viel interessanter ist, dass sich offenbar wenig über den durchaus diskutablen Inhalt echauffiert wurde. Sprich mit ihr  - Hable con ella ist handwerklich inzwischen so wunderschön wie ein Gemälde, vom erzählerischen Rhythmus wie perfekt durchchoreographierter Tanz, dass in ihm weniger der (gewollte) Diskurs gefunden wurde. Denn eigentlich ist diese bitter-süße Liebesgeschichte ein verkappter, sogar leicht gruseliger Psychothriller, der sich einfach nicht als schwarz-weißes Negativ brav einordnet. Er lässt sich vielseitig lesen und interpretieren. Seine große Stärke liegt darin, dass tatsächlich beides funktioniert. Sowohl isoliert wie in Kombination. Das schafft nur wirklich nicht jeder.

Fazit

Der ewige Provokateur ist endgültig unantastbar. Pedro Almodóvar kann inzwischen machen was er will und wird dafür (zurecht) allerorts bejubelt. Er hat verstanden, wie er seine kontroversen Stoffe verpacken kann, um nicht nur als Nischen-Messias begriffen zu werden. „Sprich mit ihr – Hable con ella“ ist inhaltlich komplett auf seiner bisherigen Linie, was ihn niemals konventionell oder ohne Reibungspunkte erscheinen lässt, aber so verdammt gut und geschickt in seiner Präsentation, dass er damit selbst sonstige Gegner seines Schaffens bekehrt. Oder besser: Clever übertölpelt.

Kritik: Jacko Kunze

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