Inhalt
Vincent (Bill Murray), verwitweter Vietnamveteran im Ruhestand, verbringt seine Tage mit seiner Perserkatze, reichlich Whiskey, Glücksspiel und der russischen Prostituierten Darka (Naomi Watts). Da steht eines Tages die neue, alleinerziehende Nachbarin Maggie (Melissa McCarthy) vor seiner Tür. Sie bittet ihn, auf ihren 12-jährigen Sohn Oliver (Jaeden Lieberher) aufzupassen und ihm bei den Hausaufgaben zu helfen. Was der Rentner, um seinen ewig klammen Geldbeutel etwas zu füllen, auch widerwillig tut - auf seine ganz eigene Art, Strip Clubs und Pferderennbahn inklusive.
Kritik
Als Heiliger wird ein Mensch bezeichnet, der als einer Gottheit besonders nahestehend beziehungsweise als in religiöser und ethischer Hinsicht vorbildlich angesehen wird.[1] Doch was hat das alles mit dem spielenden und trinkenden Bill Murray, einem schmächtigen Jungen und einer russischen Prostituierten (gespielt von Naomi Watts) zu tun? Regisseur und Drehbuchautor Theodore Melfi hat sich nach 15-jähriger Schaffenspause nun an seinen zweiten Langfilm gewagt und dafür ein namhaften Cast zusammengetrommelt.
Zuallererst: Die Geschichte rund um einen (alten) Griesgram, der sich dank eines kleinen Kindes auf die guten Dinge konzentriert, gewinnt sicherlich keinen Innovationspreis. Die Story nach der „About A Boy/ Gran Torino Formel“ (Harte Schale, weicher Kern) dürfte niemand aus den Sitzen reißen und ist hauptsächlich in Indie-Produktionen zu finden. Nun wären alle negativen Punkte aufgelistet – denn in allen anderen Bereichen weiß der Film den Zuschauer für sich zu gewinnen.
Allein das Casting ist selbst bis in die kleinste Rollen perfekt getroffen. Bill Murray ist die Rolle des griesgrämigen und verbitterten Kriegsveteranen Vincent, der seine Umwelt mit bissig-satirischen Kommentaren von sich fern zu halten weiß, wie auf den Leib geschnitten. Im Zusammenspiel mit dem tollen Jungdarsteller Jaeden Lieberher (sein Filmdebüt, weitere Rollen werden sicher folgen!) liefert er seine beste Leistung seit Jahren ab und erschafft dadurch sein Lost In Translation der 2010er Jahre. Selbst die Nebenrollen sind erstklassig besetzt – Melissa McCarthy überzeugt als überlastete Mutter und spielt endlich nicht die „dicke Lustige“, Chris O’Dowd gibt den lässigen Religionslehrer und Naomi Watts überrascht als russische Stripperin Daka und ist dabei kaum wieder zu erkennen.
Der Film ist vor allem in der ersten Hälfte durch viel Alltagskomik und trockenem, bis hin zu politisch-unkorrektem Humor geprägt. Bill Murray fühlt sich pudelwohl in der Rolle des polternden Exzentrikers – keiner kann so gut wie er den triefenden Sarkasmus in seinen Figuren zum Leben erwecken.
Die Story vom Reißbrett wird durch im besten Sinne typische Indie Musik perfekt begleitet und lässt den Zuschauer auf einer weich gepolsterten Feel-Good-Movie Wolke schweben. Dies mag dem einen oder anderen Zuschauer etwas zu rund daherkommen, doch dem Rezensenten hat die Mischung auf allen Ebenen überzeugt.
Da gute Komödien immer eine tragische Seite haben wechselt die Szenerie in der zweiten Hälfte spielend zwischen Humor und Tragik und findet die passende Balance. Dabei wird aufgedeckt, dass hinter dem notorisch geldarmen Vincent wesentlich mehr steckt als ein murrayischer Zeitgenosse (10 D-Mark in die Wortspielkasse!) und namensgebend für Oliver in gewisser Form ein Heiliger (englisch „Saint“/“St.“) ist. In einem berührenden Monolog macht er dies klar und treibt dem Zuschauer die Tränen in die Augen. Denn ein Heiliger ist immer auch ein Sünder. Eben ein Mensch mit vielen Schwächen. Ein Mensch wie Vincent.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Heiliger
Fazit
Alte Geschichte im neuen Gewand – dennoch absolut sehenswert! Der perfekt abgemischte Cast mit dem überragenden Bill Murray in seiner Paraderolle kann den Zuschauer in den lustigen und tragischen Momenten abholen und serviert eine tolle, kleine Indie-Perle. Kino zum Wohlfühlen!
Autor: Manuel Schäfer