Inhalt
Bad Karma
Kritik
Ein einsamer Rächer, der auf der Suche nach einem verschwundenen Familienmitglied oder nach Vergeltung für den gewaltsamen Verlust eines solchen, eine blutige Spur der Verwüstung, durch die Unterwelt einer urbanen Metropole zieht und von Nichts und Niemandem daran gehindert werden kann. Dieses simple, aber äußerst effektive Erfolgsrezept für Actionthriller mit dramatischem Anstrich, ist nicht erst seit „Taken“ mit Liam Neeson und „Edge of Darkness“ mit Mel Gibson ein gern gewähltes Storykonstrukt, sondern stieß bereits in den 70er und 80er Jahren mit „Death Wish“ und ähnlich gearteten Produktionen, auf erhebliche Gegenliebe in Hollywood. In einigen seltenen Fällen geht die Gewalt dabei nicht von männlichen Alphatieren wie Charles Bronson aus, sondern, wie in Neil Jordans „The Brave One“ mit Jodie Foster, von Frauen. „Sweet Karma“ von Andrew Thomas Hunt geht ebenfalls diesen Weg und präsentiert dem geneigten Zuschauer das ehemalige Playmate Shera Bechard in ihrer ersten und bisher einzigen Rolle, als schweigsame Antiheldin.
Karma Balint (Shera Bechard) ist eine stumme Russin, die sich auf der Suche nach den Mördern ihrer Schwester, mit einem kanadischen Prostitutionsring anlegt. Über dieselbe Agentur, die bereits ihre Schwester mit Hilfe falscher Versprechungen von Russland nach Kanada gelockt, in die Prostitution gezwungen und schließlich ermordet hat, gelangt Karma nach Toronto und beginnt einen beispiellosen Rachefeldzug. Systematisch zieht sie einen Beteiligten nach dem anderen aus dem Verkehr und arbeitet sich dabei, Schritt für Schritt, bis zu den Drahtziehern im Hintergrund vor. Dabei führt sie ihr Weg von Strip Clubs über Motels bis hin zu den Privatwohnungen der Zuhälter und Freier.
Der bereits 2009 in Kanada veröffentlichte Thriller „Sweet Karma“ präsentiert sich über die gesamte Laufzeit in ausgewaschenen, dunklen Farben und qualitativ minderwertiger Optik, was, gewollt oder ungewollt, den partiell authentisch wirkenden Look der Produktion unterstreicht. Das gilt vor allem im Hinblick darauf, dass der Streifen im Dunstkreis illegaler Prostitution angesiedelt ist und eine dreckige Optik durchaus dem Ruf des Gewerbes entspricht.
Kameratechnisch ähnelt diese Herangehensweise am ehesten diversen True-Crime TV Serien. Von Zeit zu Zeit wackelt die Kamera hektisch im Verfolgungsmodus dahin, teilweise schwebt sie ortsungebunden auf Augenhöhe von Person zu Person und ab und zu wird dem Zuschauer auch eine Panoramaaufnahme spendiert. Meistens jedoch steht Kameramann John Lindsay mit seiner Handkamera unbewegt in einer Ecke und liefert einen äußerst unaufgeregten und distanzierten Blick auf das Geschehen.
Leider trifft das Wort unaufgeregt nicht nur auf die (passend) unterkühlte Optik, sondern auf die gesamte Inszenierung und den übergeordneten Spannungsbogen von „Sweet Karma“ zu. Das wiederum schmälert die Attraktivität dieses kanadischen Independentwerks jedoch merklich.
Obwohl durchaus die ein oder andere erbarmungslose Exekutionsszene vertreten ist und „Sweet Karma“ somit nicht ohne Blut und exzessive Zurschaustellung von Gewalt auskommt, langweilt man sich als Zuschauer, in den unvorstellbar zähen Minuten zwischen diesen brutalen Ausbrüchen, durch miese Dialoge und ausgesprochen schlechtes (Laien-)Schauspiel. Dabei hilft es auch nicht merklich, dass Regisseur und Drehbuchautor Andrew Thomas Hunt die vorhersehbare Story, mit einer aufgesetzt wirkenden (und lediglich nebenbei angedeuteten) Liebesgeschichte der Heldin mit einem Undercover-Polizisten unnötig in die Länge zieht.
Fazit
„Sweet Karma“ ist ein durchaus akzeptabler kanadischer Independent-Thriller mit einigen gut inszenierten Gewaltspitzen und einer zum Thema passenden Schmuddel-Optik, der jedoch durch eine langweilige Inszenierung, schlechte Darsteller und eine beinahe schmerzhafte Vorhersehbarkeit an Attraktivität verliert. Eine im Großen und Ganzen vernachlässigbare Produktion, die jedoch Lust auf ähnlich aufgebaute Klassiker macht und somit durchaus als Appetizer zu genießen ist.
Autor: Christoph Uitz