Inhalt
Die Mutanten-Sippe hat die Ereignisse des ersten Teils teilweise überlebt doch innerhalb der inzestuösen Familie entstehen schwerwiegende Probleme: Gebärfähige Frauen müssen her um dem Clan Nachwuchs zu schenken und den Fortbestand zu sichern. Zu dieser Zeit entsendet die Nationalgarde einen Trupp in die Wüste New Mexicos; dieser findet den dortigen Posten menschenleer vor. Ein merkwürdiges Notsignal veranlasst die Soldaten sich auf die Suche zu machen und die Situation aufzuklären. Das sich unter den Soldaten auch gesunde junge Frauen befinden trifft sich gut für die kannibalischen Wüstenbewohner. Aus der eigentlichen Übung für die Soldaten entwickelt sich ein erbarmungsloser Kampf auf Leben und Tod…
Kritik
Im Jahr 2006 ließ der Franzose Alexandre Aja, der zuvor mit dem ultrafiesen High Tension auf sich aufmerksam machte, eine äußerst gelungene Horrorfilm-Neuverfilmung auf das Publikum los. Die Rede ist von The Hills have Eyes, einem Remake des gleichnamigen, von Wes Craven gedrehten Horrorfilms aus den 70er-Jahren. Dabei gelang es Aja, die Räudigkeit des Originals in die Gegenwart zu transportieren und gleichzeitig mächtig an der Gewaltschraube zu drehen. Das allein war es jedoch nicht, was den Film so gelungen machte. Der Franzose verstand es, eine ausgesprochen dichte Atmosphäre zu erschaffen und die ausgeprägte Charakterzeichnung sorgte dafür, dass einem das Schicksal der Familie Carter schmerzhaft nah ging. Ein äußerst intensives Filmerlebnis war das Ergebnis. Dies sollte sich auch am Box Office niederschlagen und so konnte Ajas Film mehr als das Vierfache seines Budgets einspielen.
Es war daher abzusehen, dass eine Fortsetzung nicht lange auf sich warten lassen würde. So kam es dann auch, dass lediglich ein Jahr später der Film The Hills Have Eyes 2 über die Kinoleinwände flimmerte. Dieses Mal nahm jedoch nicht Aja auf dem Regiestuhl Platz, sondern Martin Weisz. Weisz hatte lediglich ein Jahr zuvor mit dem, von manchen als Skandalfilm betitelten, Werk Rohtenburg sein Spielfilmdebüt gegeben. Die Handlung von The Hills Have Eyes 2 setzt nicht allzu lange nach den Geschehnissen aus dem Vorgänger an, ohne dabei (abgesehen von einer kurzen Texteinblendung) näher auf selbige einzugehen oder sich gar darauf zu beziehen. Viel mehr als eine Schar aus einst durch atomare Strahlung mutierte Menschen und dem gleichen kargen Wüstengebiet haben die beiden Filme inhaltlich im Grunde nicht gemein. In der Fortsetzung bekommt es dabei nicht etwa erneut eine amerikanische Durchschnittsfamilie mit dem mörderischen Mutanten-Pack zu tun, sondern eine Einheit der Nationalgarde. Als diese Ausrüstungsmaterial in einem militärischen Wüstengebiet in New Mexico abliefern soll, machen die jungen SoldatInnen unliebsame Bekanntschaft mit den degenerierten Fieslingen. Sie müssen allerdings schon bald erkennen, dass sie trotz ihrer militärischen Ausbildung um ihr Leben fürchten müssen. Das Sterben vor der aus kargen Felslandschaften, reichlich Sand und dunklen Minenstollen bestehenden Kulisse kann beginnen.
„…wieso müssen wir immer in Richtung der komischen Geräusche gehen … !?“
Wo Ajas Werk sich noch relative lange Zeit für die Einführung der Charaktere nahm, die Dynamiken innerhalb der Familie aufzeigte und Figuren im Laufe des Films eine Entwicklung vollzogen, reduziert Weisz diesen Aspekt auf das absolute Minimum. Die jungen SoldatInnen werden in Form einer militärischen Übung eingeführt, wobei zugleich bekannte Klischees abgearbeitet und Stereotypen auf simpelste Weise herauskristallisiert werden. Mit von der Partie sind daher ein lautstarker Sergeant, zwei attraktive Soldatinnen sowie ein Haufen junger Männer, die allesamt formelhaft angelegt sind. Obendrauf gibt es von Belanglosigkeiten, Testosteron und Aufschneidereien geprägte Dialoge. Diese verhindern auf äußerst effektive Art und Weise, dass sich beim Publikum auch nur der kleinste Funke Sympathie für die einzelnen Charaktere einschleicht. So ist der wohl tiefgründigste und emotionalste Moment von The Hills Have Eyes 2 jener, als das Publikum erfährt, dass eine Soldatin zu Hause einen kleinen Sohn hat, dessen Video sie sich hin und wieder auf dem Handy anschaut. Und ja, so wenig beeindruckend dies klingen mag, wirkt es auch im laufenden Film.
Als ZuschauerIn kommt man jedenfalls nicht umhin zu erkennen, dass Weisz keinerlei Interesse für seine Figuren hegt und ihm einzig und allein daran gelegen ist, ProtagonistInnen auf die Degenerierten treffen zu lassen. Wenn also bereits ein Regisseur kein Interesse an seinen Figuren hat, wieso sollte es dem Publikum dahingehend anders gehen? Um Konfrontationen zu ermöglichen, dürfen sich einzelne SoldatInnen immer wieder mal höchst irrational verhalten. So zum Beispiel, wenn sich eine Person still und leise zum Pinkeln von der Gruppe abgesetzt, obwohl gerade erst einer ihrer Kameraden umgebracht wurde. Das dies nicht frei von Konsequenzen bleibt, dürfte klar sein. Immerhin, das muss man The Hills Have Eyes 2 lassen, bekommt man in regelmäßigen Abständen folgenschwere Aufeinandertreffen geboten. So bleiben, obgleich der Film nicht das zackigste Tempo aufweist, zähe Phasen weitestgehend aus. Den ein oder anderen lahmen "Jumpscare" wie etwa aufgeschreckte Fledermäuse hätte es dabei allerdings nicht gebraucht.
„Ich hab‘ mal jemanden getötet … das war ganz leicht … deshalb ist es so gefährlich …“
The Hills Have Eyes 2 ist kein zimperlicher Film. Da es sich dabei jedoch um eine Fortsetzung handelt und es für selbige ungeschriebene Gesetze im Sinne von „höher, schneller, weiter“ gibt, drängt sich ein diesbezüglicher Vergleich mit dem fiesen und brutalen The Hills Have Eyes-Remake auf. Und diesen verliert der Nachfolger deutlich. Das liegt zum einen an den teilweise weniger grafisch anmutenden und/oder schneller gefilmten Gewaltszenen (keine Angst, es gibt auch genug detailreichere Sequenzen). Zum anderen und dies ist der weitaus entscheidendere Punkt, sind einem die Personen, aufgrund ihrer "Schablonenhaftigkeit", vollkommen egal. Die Intensität des Vorgängers rührte nämlich zu großen Stücken aus der Sympathie für die Familie und ihrer Mitglieder, wodurch das Leid, welches ihnen widerfuhr, ungleich bedrückender erschien. Dass der Vorgänger dies auch durch den Einsatz weitaus talentierterer DarstellerInnen erreichte, versteht sich vermutlich fast schon von selbst.
Die Darstellung der Mutanten ist in The Hills Have Eyes 2 nur bedingt gelungen. Statt zum Beispiel auf ihren Umgang untereinander oder aber ihre Familienbande einzugehen (wie noch in Ajas Werk), setzt man vereinzelt fast schon auf regelrechte Entmenschlichungen. Wie etwa bei einem Mutanten, der eine lange, gar schlangenähnliche Zunge sein Eigen nennt oder jenem, dessen Haut der Felslandschaft ähnelt und der daher nur schwer auszumachen ist. Diese Szenen sind nett, haben aber keinerlei nennenswerte Auswirkungen auf die Handlung selbst, bieten keinerlei Mehrwert und wirken im Grunde nur überzogen, um nicht zu sagen comichaft. Dennoch ist The Hills Have Eyes 2 kein kompletter Totalausfall … sondern lediglich eine Enttäuschung. Sofern man keine allzu hohen Ansprüche stellt, lässt sich der Dezimierung der SoldatInnen ein gewisser Unterhaltungswert nicht absprechen und auch optisch kann man Weisz' Werk keine allzu großen Vorwürfe machen. Denn sowohl die Kulisse als auch die Effekte sehen durchaus gut bzw. stimmig aus und die ein oder andere fiese Ekelszene weiß ebenfalls zu „gefallen“. Wem Werke wie die Fortsetzungen zu Wrong Turn zusagen, die ja doch nicht unähnlich sind, dürfte auch mit The Hills have Eyes 2 etwas anzufangen wissen. Oder noch besser, man versucht sich einfach mal dem alten The Hills Have Eyes aus dem Jahr 1977.
Fazit
Regisseur Martin Weisz versucht mit „The Hills Have Eyes 2“ an den Erfolg des lediglich ein Jahr zuvor erschienen Vorgängers anzuknüpfen. Der Plot ist dabei im Kern weitestgehend identisch, die Figurenzeichnung auf ein Minimum reduziert und neue Ideen sowie Überraschungen bleiben nahezu gänzlich aus. Geht man jedoch mit ausreichend wenig Anspruch an die Sache ran, so hat Weisz‘ Werk durchaus das Potenzial für Unterhaltung zu sorgen. Denn seien wir mal ehrlich, manchmal reicht es einfach aus dabei zuzusehen, wie ein paar unsympathische Blödköpfe, teils aufgrund ihrer eigenen Dummheit, blutig das Zeitliche segnen.
Autor: Constantin Wieckhorst