Inhalt
Nach dem Tod ihres geliebten Ehemanns ist Marnie Minervini kürzlich von New Jersey nach Los Angeles umgezogen, um wieder näher bei ihrer Tochter Lori - einer erfolgreichen, Drehbuchautorin - zu wohnen und sie mit mütterlicher Liebe zu überschütten. Ausgestattet mit einem beachtlichen Bankguthaben, das ihr von ihrem Mann hinterlassen wurde, hat Marnie es sich in einem tollen Apartment gemütlich gemacht, das neue iPhone immer griffbereit. Doch die Unmengen an SMS, Überraschungsbesuchen und Gesprächen voller ungebetener Ratschläge zwingen Lori bald dazu, klare Grenzen zwischen ihrer Mutter und ihrem Privatleben zu ziehen....
Kritik
"Ich glaube, ich freue mich darauf, die Wüste zu sehen. Ich meine, wenn sie schon mal da ist..."
Durch seine Prämisse konnte Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt 2012 zwar auf sich aufmerksam machen, das Endergebnis von Lorene Scafarias mit Keira Knightley (Can A Song Save Your Life?) und Steve Carrell (The Big Short) prominent in den Hauptrollen besetzten Regiedebüts aber durfte sich letzten Endes nur als maximal "netter" Zeitvertreib beschreien lassen - und der kleine Bruder von "nett" ist ja auch weitreichend bekannt. Ihr neues Werk Mit besten Absichten lugt in eine ähnliche tonale Richtung wie das Vorgängerwerk und sucht seine erzählerische Mitte im tragikomischen Gefüge einer Mutter-Tochter-Beziehung, gestaltet sich aber in Gänze deutlich angenehmer, da Mit besten Absichten die penetrante Indie-Attitüde vermeidet, mit der Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt noch weitreichend hausieren gegangen ist.
Epizentrum der Handlung ist Marnie (Susan Sarandon, Dead Man Walking), die nach dem Tod ihres Mannes versucht, weiterhin Fuß im Leben fassen zu können - ganz zum Leidwesen ihrer Tochter Lori (Rose Byrne, Sieben verdammt lange Tage). Die nämlich wird von nun an von ihrer Mutter, der zusehends jedwedes Feingefühl für die zwischenmenschliche Distanz abhanden geht, in Form von Telefon- und SMS-Terror wie unangekündigten Besuchen heimgesucht. Dass sich Mit besten Absichten hier auf den Lebensabschnitt von Lorene Scafaria beziehen soll, in dem ihr eigener Vater verstorben ist und ihre Mutter sie daraufhin in großzügigem Ausmaß mit ihrer Zeit bedachte, gibt dem Film wohl den Ansatz einer selbsttherapeutischen Maßnahme, die die Anstrengungen von Trauerarbeit aufzeigt, aber final von Versöhnung spricht - mit sich selbst und mit den Menschen um sich herum.
Susan Sarandon reißt den Film in der Hauptrolle als redselige Mutter auf der Suche nach einer Kompensation ihrer inneren Verlassenheit von der ersten Minute an sich. Die von ihr verkörperte Marnie darf sich auch als eine durchaus interessante, lebendige Persönlichkeit beschreiben lassen, gestaltet sich die emotionale Unausgeglichenheit, mit der Marnie seit dem Tod ihres Gatten durch die Welt streift, doch so enervierend wie aufrichtig. Der Versuch, sich in das Leben anderer Menschen einzunisten, weil sie das Gefühl beschleicht, dass ihr das eigene Leben entgleitet, behandelt Regisseurin Lorene Scafaria indes angenehm unaufgeregt und psychologisch-veritabel. Mit besten Absichten aber fällt einer typischen Krankheit amerikanischer Tragikomödien anheim: Er ist zu harmoniesüchtig, überwindet die Frustration des Verlusts zu geradlinig und verpflichtet sich der Annäherung, anstatt dem lähmenden Schmerz der Trauer seinen quälenden Platz vollständig einzuräumen.
Fazit
"Mit besten Absichten" gefällt auf der eine Seite als angenehm unaufgeregte Mutter-Tochter-Geschichte, die von einer starken Susan Sarandon in der Hauptrolle getragen wird. Allerdings ist Lorene Scafarias Umgang mit der Trauerbewältigung etwas zu geradlinig. Anstatt dem Schmerz durchweg seinen entsprechenden Platz einzuräumen, ist "Mit besten Absichten" mehr an Harmonie und Aussöhnung interessiert, was die Schwere der Thematik selbst natürlich ein Stück weit verwässert.
Autor: Pascal Reis