Der Erfolgsregisseur von Kriegerin, David Wnendt, wagt mit The Sunlit Night den Sprung ins internationale Filmgewässer. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Rebecca Dinerstein und erzählt die Geschichte einer Künstlerin auf ihrer Selbstfindungsreise. Es ist eine Tragikomödie, die aus dramaturgischer Sicht aus zwei Teilen besteht: aus einem komödiantischen Teil im ersten Drittel des Films und aus dem tragisch-melancholischen Teil in den anderen zwei Dritteln. Zu Beginn macht der Film wirklich Spaß und erinnert gerade wegen der Erzählerstimme an die charmante Komödie Die fabelhafte Welt der Amélie. Frances (Jenny Slate, Das gibt Ärger) gewährt uns auf witzige Art den Einblick in ihr Leben: Eine unterschätzte Künstlerin wird von ihrem Angeber-Freund verlassen und macht sich auf den Weg nach Norwegen, auf die Lofoten, an den Ort, an dem die Sonne nie untergeht und es nachts viel zu hell ist.
Doch das bleibt längst nicht die einzige Herausforderung, denn ihr Chef (Fridtjov Såheim, Lilyhammer) verkündet gleich bei der Anreise, dass sie ihren Job hassen wird. Dank der Erzählerstimme weiß man immer, was Frances gerade denkt und sie hält ihren Arbeitgeber „für einen Menschen in seinem ursprünglichen Zustand, wie die Berge. Dunkel und alt“. Er hat auch überhaupt kein Interesse daran sich mit ihr zu unterhalten und gibt Frances ganz klar zu verstehen, dass sie nur da ist, um ihm dabei zu helfen eine Hütte für sein Kunstprojekt gelb zu streichen. Ihre Lebensgeschichte ist ihm absolut egal. Natürlich entwickeln sich die beiden Figuren im Laufe des Films, denn Frances lernt beim Streichen der Hütte dazu und ihre Pinselführung wird präziser, wofür sie Lob von ihrem Chef bekommt.
Eigentlich ein ganz klassischer Plot, bei dem zwei Figuren zu Beginn weit weg voneinander sind und sich emotional näher kommen, weil sie sich besser kennenlernen und mehr Verständnis für den anderen aufbringen, allerdings ganz ohne romantische Hintergedanken. Romantische Gefühle bekommt Frances erst, als sie den melancholisch aussehenden jungen Mann Yasha (Alex Sharp, The Trial of the Chicago 7) kennenlernt, der auf der Insel auftaucht, um seinen Vater zu bestatten. Die besagte Bestattung wirkt grotesk und bizarr. Daran vermag auch der stets witzige Zach Galifianakis aus Hangover nichts zu ändern. Als hätte der Film mit der fortschreitenden Handlung bewusst seinen komödiantischen Charme verloren. Da hilft auch nicht die ortsansässige Ziege, mit der sich Frances anfreundet und, die sie in ihrem Bett schlafen lässt.
Die lustige Seite ist längst abgehandelt, nun muss sich der Film der Ernsthaftigkeit des Lebens zuwenden, um die Entwicklung der Hauptfigur besser voranzutreiben. Schließlich landet sie an einem Ort, an dem der Baum des Lebens die Teile des Universums miteinander verbindet, in einem Wikinger-Haus zusammen mit Yasha, zu dem sie sich sofort hingezogen fühlt. Ein perfekter Ort für Frances, um endlich zu sich selbst zu finden und ihre Kunst auf die nächste Stufe zu heben. Womöglich ist es sogar der richtige Ort, um sich zu verlieben...
Zurück in New York setzt sich die Parade der Kuriositäten fort und man darf der peinlichen und unangenehmem Rede des Vaters (David Paymer, Fast verheiratet) auf der Hochzeit ihrer Schwester beiwohnen. An dieser Stelle wünscht man sich die Leichtigkeit und den Witz zurück, die zu Beginn des Film noch ein fester Bestandteil des Programms waren. Stattdessen erlebt man einen Moment zum Fremdschämen und sehnt sich nach der sofortigen Beendigung der Hochzeitsszene. Insgesamt ist The Sunlit Night dennoch ein unterhaltsamer Film, der sein Potenzial zwar nicht ganz ausschöpft, mit Frances jedoch eine sehr sympathische Hauptfigur hat, die den Zuschauer über die Schwächen des Films hinwegtröstet.