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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts begehen fünf Jungs aus gutem Hause, die dem Okkulten huldigen, ein scheußliches Verbrechen. Daraufhin werden sie einem alten Kapitän anvertraut, der ihnen auf seinem Kahn mit harter Hand wieder Zucht und Ordnung beibringen soll. Von der Schikane zermürbt und mit den Kräften am Ende proben sie den Aufstand – und stranden auf einer Insel voller bizarrer Gewächse, von der eine mysteriöse Kraft ausgeht. Nach einiger Zeit beginnt ihr Zauber, sie zu verändern … Es ist ein Abenteuer. Es ist eine Erleuchtung.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die schlimmsten Alpträume sind jene, in denen man sich als Träumender ganz und gar bewusst dazu gezwungen sieht, den Horror bis zum bitteren Ende über sich ergehen zu lassen. The Wild Boys evoziert ein sehr ähnliche Gefühl innerhalb seiner Zuschauerschaft, operiert aber weitaus perfider, weil er immer wieder Momente von zauberhafter Verführung in seine Schreckensvision einmischt. Regisseur Bertrand Mandico (Boro in the Box), der zuvor nur für Kurzfilme verantwortlich gewesen ist, hat sein Spielfilmdebüt selbst wohl am besten beschrieben, wenn er sagt, dass es sich hierbei um einen tiefschwarzen Baum handelt, an dessen Zweigen farbige Früchte wachsen. Im Falle von The Wild Boys aber bedeutet Licht nicht zwangsläufig die Abwesenheit von Dunkelheit, die äußere Form hingegen wird zur Projektionsfläche urwüchsiger Begierden, die in jeglicher Ausformung verstören können. 

Sehr (!) lose inspiriert von William S. Burroughs' post-apokalyptischem Sci-Fi-Roman The Wild Boys: A Book of the Dead, geht es Bertrand Mandico vielmehr um eine träumerische Interpretation des Titels an sich, wenn er uns eine fünfköpfige Gruppe wilder Jungs (angeführt von Anaël Snoek, Cannibal), die zu Resozialisierungsmaßnahmen auf das real existierende Übersee-Department Reunion zwangsversetzt und dort einem Geschlechterwechsel unterzogen werden, nachdem sie ihre Theaterlehrerin auf den Rücken eines Pferdes fesselten und missbrauchten. Die Gestaltumwandlung erfolgt nicht aktiv, wohlgemerkt, es ist die Insel, die Männer körperlich zu Frauen verwandelt: Die Penisse fallen ab, es wachsen Brüste. The Wild Boys definiert Geschlechteridentitäten ausschließlich über ihre Physis, was programmatisch für die inszenatorische Verfahrenweise von Mandico steht, der sich hier primär für das zitternde und vibrierende Erscheinungsbild von reiner Ekstase interessiert.

Beeindruckend dabei ist vor allem, wie unnachgiebig Bertrand Mandico den Prinzipien des phantastischen Erzählens huldigt, während er sie erforscht. Fernab jedweder Vernunft, dramaturgischen Sitte und moralischen Bewertung, geht es dem düster-triebhaften Märchen The Wild Boys um das reine, sensorische Erleben. Natürlich kann man hier erneut über die zerstörerischen Anziehungskraft autoritärer Machtausübung sinnieren, während Mandico hier gleichwohl einen Diskurs über die dunklen Leidenschaft führt, die sich im Inneren der menschlichen Natur verschanzt haben und nur auf den richtigen Moment warten, endlich nach außen sprengen zu dürfen. Letztlich aber ist dieser (größtenteils) in analoge Schwarz-Weiße-Bilder gehaltene Fiebertraum eine reichhaltig mit Referenzen bestückte Liebeserklärung an das Kino als Traummaschinerie. Und er macht dabei unmissverständlich deutlich, dass man aus manchen Träumen auch schweißgebadet aufwacht, was nicht zwangsläufig negativ konnotiert sein muss.

Fazit

William Goldings Literaturklassiker "Herr der Fliegen" trifft auf den verstörenden Expressionismus der 1920er Jahre; auf die krissilige Faszination des Abenteuerkinos eines Jules Verne; auf die symbolbehafteten Farbwelten des Surrealismus. Am härtesten aber trifft "The Wild Boys" auf den prall-pulsierenden Schwanz des zeitlosen, unerschöpflichen Machthungers der menschlichen Natur. Einen solch rabiaten Rausch, wie ihn Betrand Mandico hier mit seinem Debütwerk halluziniert, kann man letztlich nur über sich ergehen lassen. Fernab jedweder Vernunft und moralischen Einordnung, verfällt dieses düster-animalische Märchen zusehends dem Wahnsinn, um all die dunklen Begierden, die sich in einer menschlichen Seele ansammeln können, heraufzubeschwören. Das Ergebnis ist nicht nur eine reichhaltig mit Referenzen bestücke Liebeserklärung an die Gesetzlosigkeit der Avantgarde, sondern auch ein gleichermaßen zauberhafter wie abstoßender Marsch durch eine von Dominanz und Potenz bestimme Welt. Vor allem aber lässt "The Wild Boys" in unverwüstlicher Beständigkeit die Defintion des Kinos als Traummaschinerie aufleben.

Kritik: Pascal Reis

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