Inhalt
Schon seit Jahrhunderten liegen die Clans der Vampire mit den Werwölfen im Streit. Doch heute soll alles anders kommen, denn die „Lykaner“ suchen einen Weg, der Blutfehde endlich ein Ende zu bereiten. Dazu brauchen sie das Blut des Assistenzarztes Michael Corvin, dessen Vorfahren eng mit den Clans in Verbindung stand. Die Vampirin Selene nimmt sich der Sache an, doch schon bald muss sie erkennen, dass nicht alles was ihr im Leben und dem Tod mitgegeben wurde ist, wie es scheint…
Kritik
Seit der „Matrix“ sind stilistische Neo-Actionthriller voll im Trend, und die Riege neuer Regisseure arbeiten visuell die neuartigen Filme stark heraus. Auch Len Wiseman gehört zu diesen Regisseuren, der durch sein Film-Debüt „Underworld“, einen „Matrix“-Verschnitt mit Vampiren und Werwölfen geschaffen hatte. Darin gerät die bezaubernde Kate Beckinsale zwischen alle Fronten, kämpft sich effektvoll durch Horden von Mondanbetern und verliebt sich in deren Objekt der Begierde.U-Bahn-Atmosphäre, altes Mauerwerk und Art Déco-Stilistik prägen schnell das Gesamtbild von „Underworld“, und zusammen mit düsteren Bildern kreierte Wiseman eine altbekannte Sagengeschichte mit modernen Mitteln. Während vieles von alteuropäischem Baustil geprägt ist, bekämpfen sich die Fabelwesen mit allerlei High-Tech-Arsenal.
Diese gewagte Mischung funktioniert prächtig und schlägt eine gewaltige Brücke zwischen Nostalgie und der Moderne, wie es auch schon in „Matrix“ gelungenermaßen zum Einsatz kam. Hier ergibt es aber ein strengeres Bild und wirkt dagegen auch stilsicherer.Als kleinen Stilbruch verwendete Wiseman kaum eines der klischeebeladenen Items wie zum Beispiel Kruzifixe, Knoblauch oder fehlende Spiegelbilder. Die braucht er auch nicht einzusetzen, denn die Story setzt mehr auf schicksalhafte Beziehungen. Was Vampirclan-Führer Viktor alias Bill Nighy für Leichen im Keller birgt, bleibt neben den figurbezogenen Verbandelungen ein wichtiger Aufhänger für die Auflösung der Story, und die ist als durchaus komplex und spannend zu bezeichnen. Was sich anfangs als etwas wirres Geflecht darstellt, ergibt später einen verzweigten Sinn. Dabei legte Wiseman viel Wert auf die Aufrechterhaltung der gelungenen Kameraoptik, die fast immer mit ungewöhnlichen Winkeln kaum auf der Stelle stehen bleibt. Die Fahrten werden exzessiv eingesetzt, besitzen aber auch im Schnitt ein fulminantes Tempo.
Unterdessen können aber auch die ruhigen Momente vollends überzeugen, die durch den starken Soundtrack von Paul Haslinger stark epische Auswüchse annehmen. Dieser Eindruck hält auch trotz der Hinterhof-Atmosphäre stand.Weit weniger spektakulär müssen die Schauspielerleistungen bewertet werden. Zwar können alle Beteiligten ihre Sache sicher über die Bühne bringen, aber herausragende Momente bleiben dem Zuschauer größtenteils verwährt. Mehr wurden die Akteure, allem voran Kate Beckinsale, Bill Nighy oder Shane Brolly, dazu verdammt, mit grimmigen Mienen das Feeling des Films zu unterstreichen. Leider sieht gelungenes Acting etwas anders aus, und so verkommen die Schauspieler ein wenig zu Opfern der stilistischen Mittel, wenn sie in langen Mänteln durch die Szenen schreiten.Allem voran entpuppen sich die Verzweigungen der Charaktere als wahres Komplexmonster, die geradezu einladend sind für mehrmaliges Entdecken.
Die Suspensemomente werden mehr als einmal auf den Kopf gestellt, so dass die moralischen Verlierer lange nicht ersichtlich sind. Hierdurch ist das Drehbuch als herausragendes Element im Film eingebettet, das dafür sorgt, die Schuldigen bis zum Finale hin ins falsche Licht zu rücken.
Fazit
Mit Drahtseil-Action, Versatzstücken alter Horrorgeschichtchen und moderner Stilistik war „Underworld“ 2003 ein ganz starker Vertreter des neuen Actionkinos, welcher Wiseman quasi über Nacht in die erste Reihe katapultierte. Das komplexe Mondscheinwerk überzeugt vor allem durch seine Rasanz und Stilsicherheit, verschenkt aber durch verlorenes Schauspielerpotenzial den Sprung ganz nach oben.
Autor: Sascha Wuttke