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Inhalt

Tanzen steht im Iran unter Strafe. Für den Jungen Afshin Ghaffarian ist das Verbot jedoch nur schwer zu befolgen - zu groß ist seine Faszination für den Tanz. Erst als Student kommt Afshin seinem Traum näher: In Teheran hat er über einen gehackten Internetaccount unbegrenzten Zugang zu YouTube-Videos, mit deren Hilfe er sich selbst das Tanzen beibringt. Seine Inspirationen reichen von Michael Jacksons Moonwalk bis zum Tanztheater von Pina Bausch. In einigen liberalen Mitstudenten findet Afshin Gleichgesinnte, mit denen er schließlich eine Untergrund-Tanzgruppe gründet. Sie proben heimlich, in einem abgelegenen Versteck, das für sie zu einem kleinen Raum der Hoffnung und Freiheit inmitten der Verbote wird. So kommt Afshin auch seiner geheimnisvollen Partnerin Elaheh näher, mit der ihn bald mehr als nur die Liebe zum Tanz verbindet. Kurz vor den Präsidentschaftswahlen, inmitten von großen politischen Spannungen zwischen radikalen Islamisten und Reformern, beschließt Afshin trotz aller Risiken, vor ausgewähltem Publikum aufzutreten: in der Wüste, 100 Kilometer von Teheran entfernt. Doch der Verrat durch einen Freund könnte alle in große Gefahr bringen und die Moralpolizei ist den illegalen Tänzern bereits dicht auf der Spur...
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Ein Tanzfilm? Nein. "Wüstentänzer" basiert auf der wahren Geschichte des Tänzers Afshin Ghaffarian (Reece Ritchie, "In meinem Himmel"), der sich der politisch-religiösen Unterdrückung zum Trotz seinen Drang zum Tanz, zum körperlichen Ausdruck nicht verbieten lässt. Das mag nach schwerer Kost klingen, doch mit seinem Regiedebüt legt der Brite Richard Raymond einen ruhigen, zugänglichen, in seinen besten Minuten poetischen Film vor. Obwohl es sich nicht um einen Tanzfilm im direkten Sinne handelt, da der Film trotz allem ein größtenteils handlungsgesteuertes Drama ist, wird den Tanzszenen ausreichend Raum gegeben, sich zu entfalten und die Kraft und Ausdrucksfähigkeit des menschlichen Körpers gewahr zu machen. Wahrlich beeindruckend ist, welche körperlichen Leistungen die Hauptdarsteller Reecie Ritchie und Freida Pinto (als heroinsüchtige Elaheh) darbieten, mit deren Niveau nicht viele Schauspieler mithalten könnten, selbst wenn sie lange Zeit trainierten. Tatsächlich war mit Akram Khan einer der bedeutendsten Choreografen weltweit an dem Film beteiligt, der auch die Tanzszenen in der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele 2012 in London künstlerisch leitete. Und so ist es dem Film hoch anzurechnen, dass ihm die emotionale Schlüsselstelle, das In-Szene-Setzen des Tanzes, wiederholt gelingt, ohne zu langweilen. Selbst, wem Tanz suspekt sein mag, wird von dem Grad der Körperbeherrschung, den die Darsteller hier zur Schau tragen, überrascht sein.

Von Anfang an ist Afshin Ghaffarian ein Sympathieträger, wenn auch kein gewöhnlicher. Der dem wahren Afshin sehr ähnlich sehende Reece Ritchie wirkt klein und feminin, und doch ist es gerade er, der sich der Unterdrückung durch die moralischen Instanzen wiedersetzt. "Wüstentänzer" ist somit auch ein Künstlerfilm, der Kampf eines Künstlers um die Anerkennung seiner Ideale. Dass ein solcher Kampf möglich ist im Iran, ist ein positives Beispiel, das allein es schon wert macht, den Film zu sehen. Dass junge Menschen, egal, aus welchem Kulturkreis sie stammen mögen, gegen Fremdbestimmung und Intoleranz rebellieren, mit welch eingeschränkten Mitteln auch immer, ist ein großer Pluspunkt, der es möglich machen sollte, die Leute nicht bloß als Schiiten, als Muslime, als Iraner zu sehen, sondern als Menschen. Auch sonst verweigert der Film dem Zuschauer ein Iranbild, dessen ständige Wiederholung in den Nachrichten zum Klischee geworden ist. Der damalige Präsident Mahmud Ahmadinedschad spielt keine Rolle, vielmehr die Furcht des langen Armes der Behörden, die Augen und Ohren überall haben. Umso präsenter ist der liberalere Mir Hossein Mussawi, Gegenkandidat bei den Präsidentschaftswahlen 2009, an dessen Demonstrationen sich Afshin und seine Freunde beteiligen.

Es ist seine humanistische Botschaft, die "Wüstentänzer" zu einem wichtigen Film macht. Aber ist er auch ein starker Film? Wohl kaum. So ehrenvoll es ist, Afshins Kampf gegen die Intoleranz der Machthabenden zu zeigen: es gelingt dem Film nicht, weitere, tiefgreifende moralische Konflikte aufzubauen. Weder die Drogensucht von Elaheh mag zu überzeugen, im Gegensatz zu Freida Pintos Tanzkünsten. Doch ansonsten mag die aus "Slumdog Millionär" bekannte indische Schauspielerin nicht so recht in Bild passen. Obgleich sie sich bemüht, nimmt man ihre seelische Zerrissenheit, die sie mit ihrem Heroinkonsum zu betäuben versucht, nicht ab. Halbherzig geraten ist ebenfalls der Nebenstrang eines Freundes von Afshin, dessen Bruder (Davood Ghadami, "John Carter") bei den staatlichen Schlägertrupps tätig ist und diesen dazu bringen will, die Tanzgruppe zu verraten. Dieser Loyalitätskonflikt mag auch nicht recht greifen, und es ist schwer zu beziffern, warum. Immer wieder scheint es, als habe der Film in seinen 104 Minuten nicht genügend Zeit gehabt, die Konflikte zu vertiefen, die Charakterzeichnungen zu verfeinern und die Bedrohung durch die staatlichen Behörden zu verdeutlichen. Um den Kampf um die Freiheit relevant zu machen, muss die Unfreiheit näher, unmittelbarer sein als in diesem Film. Mag sein, dass der Film ein realistisches Bild der Zustände im Iran zeichnet. Doch bloßer Realismus reicht nicht im Kino, das von Konflikten lebt. So erscheint "Wüstentänzer" insgesamt zu glatt, um wirklich einen tiefen Eindruck zu hinterlassen. Doch vielleicht ist gerade das Fehlen von Ecken und Kanten eine Möglichkeit, ein breiteres Publikum an einen solchen Film heranzuführen. Zur künstlerischen Gesamtaussage ist dies jedoch ein Kompromiss zu viel, und so hat man zu oft das Gefühl, man würde den Protagonisten durch ein Plastik-Teheran folgen.

Fazit

"Wüstentänzer" nimmt sich viel vor in seinen etwa eineinhalb Stunden Laufzeit und schafft es, vieles nicht einzulösen - bleibt aber dennoch, gerade wegen seiner beeindruckenden Tanzeinlagen und der sympathischen politischen Botschaft, ein sehenswerter Film.

Kritik: Johnny Dama

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