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DingDong

Kritik von DingDong

Gesehen: Oktober, 2020

Noch bevor „Kadaver“ tatsächlich erschien wurde er in der Berichterstattung auf diversen Internetseiten bereits mit dem spanischen Film „Der Schacht“ in Verbindung gebracht. Die Gründe hierfür sind auch erstmal durchaus nachvollziehbar, so sind zum einen beides europäische Filme, welche im Jahr 2020 auf Netflix erschienen sind auch Filme auf Netflix angebotene europäische Filme und zum anderen sind „Kadaver“ und „Der Schacht“ auf den ersten Blick tonal gar nicht mal so weit voneinander entfernt. Sind doch beide in einem dystopischen Zukunftssetting untergebracht und beide Filme warten mit bizarr anmutenden Szenen auf. Aber eben dann doch nur auf den ersten Blick. Denn wo „Der Schacht“ ein bissiger, räudiger „Bizzaro-Sicko“ ist, kann ihm Kadaver dahingehend nicht mal ansatzweise das Wasser reichen. Von daher dürfte es von Vorteil sein, sich von den „News“ bzw. den Vergleichen fernzuhalten und keine entsprechende Erwartungshaltung zu entwickeln.

Der norwegische Film „Kadaver“ (welch ein klangvoller Titel) spielt in den Ruinen einer zerstörten norwegischen Stadt. Alles ist grau, trist und heruntergekommen. Herumliegende Zeitungen weisen darauf hin, dass eine nukleare Katastrophe, sei es ein Angriff oder ein Unfall, das Land und die Gesellschaft schwer getroffen haben. Die letzten Menschen leben in den Ruinen und leiden Hunger. Doch bereits zu beginn zeigt die Vogelperspektive über das zerstörte Gebiet ein großes hell erleuchtetes Gebäude, welches auf einem Hügel über der Stadt thront. Die Hauptprotagonisten sind eine dreiköpfige Familie, welche genau wie andere Überlebende von einem prächtig gekleideten Mann zu einer Theatervorstellung mit Abendessen eingeladen werden. Da alle Hunger leiden und ein wenig erheiternde Unterhaltung genau das richtige zu sein scheinen, erscheinen kurz darauf auch tatsächlich zahlreiche Menschen, inklusive der dreiköpfigen Familie, vor dem Hotel. Nach dem Essen erfahren sie, dass das ganze Theater als Bühne dienen wird und sie interessanten Schauspielern bzw. Handlungssträngen einfach hinterherlaufen können.  Das Stück beginnt. Doch geht hier wirklich alles mit rechten Dingen zu und ist ihr Gastgeber wirklich einfach nur ein herzensguter Wohltäter?

Klingt alles erstmal ganz nett und auch die zerstörte Stadt, welche man zu Beginn in einigen Shots zu sehen bekommt, ist großartig in Szene gesetzt. Das in dieser Umgebung in der Hunger, Kälte und Angst vorherrschen plötzlich ein Theaterstück samt Abendessen aufgeführt werden soll, wirkt an sich schon surreal genug um zu fesseln. Auch im Hotel angekommen reißt die Faszination erstmal nicht ab. Ist doch plötzlich alles relativ prunkvoll und verhältnismäßig gut in Schuss. Die schwach beleuchtete aber farbenfrohe Umgebung wirkt ebenfalls als krasser Kontrast zur Tristesse des Städtchens. Bis dato macht der Film auch noch alles richtig und auch das Verfolgen der Schauspieler und deren Darbietungen wirken durchaus reizvoll. Sobald jedoch einzelne Personen nicht mehr aufzufinden sind  und gesucht werden müssen und nach und nach klar wird was das Ganze soll, lässt der Film ganz böse Federn und verliert sehr viel von der großartigen Atmosphäre, welche noch in den ersten 20-30 Minuten generiert wurde. In welche Richtung der Film gehen könnte, dürften nicht wenige Zuschauer eh schon allein durch das Lesen der kurzen Beschreibung auf Netflix selbst erahnen. Von daher werde ich hierauf im Detail gar nicht erst eingehen. Was ich jedoch sagen kann ist, dass sowohl die Handlung an sich als auch das Verhalten der Figuren zunehmend unsinniger wird. Bei vielem fragte ich mich einfach nur, ob das jetzt ernst gemeint sein soll und wie einem beim Dreh diese Logiklöcher nicht aufgefallen sein  können. Und ich rede hier nicht einfach nur von einzelnen unbedeutenden Szenen, die man für sich genommen verzeihen könnte, sondern für das Gesamtkonstrukt essenzielle Momente. Hier scheint der Film einfach cleverer sein zu wollen, als er es ist. Einzig die allerletzte kurze Szene hat mir noch einmal richtig gut gefallen, allerdings reden wir hier nicht einmal von einer Minute und doch ist die Szene richtig stark gefilmt. Hätte der Film einfach auf Räudigkeit, Dreck und Gedärme gesetzt, es wäre letztendlich etwas Besseres herausgekommen. In Hinblick darauf sein noch zu sagen, dass  Kadaver , anders als es ein solcher Titel möglicherweise suggerieren könnte, überraschend blutleer ist und so bekommt man Gewalt und Gekröse weitestgehend gar nicht zu sehen.

Optisch empfand ich den Film als sehr ansprechend, inhaltlich gilt dies, mit viel Wohlwollen, leider nur bis maximal zur Hälfte. Schuld an meinem Missfallen sind nicht nur die aufgrund der Vergleiche zu „Der Schacht“ falsche Erwartungshaltung meinerseits, sondern einfach die massiven handlungsweisenden Logiklöcher. Durch meine Vorliebe für Endzeitsettings erhält der Film mit viel Wohlwollen gerade noch 5.5 Punkte. Schade, da wäre mit mehr „Haudrauf“ und weniger vermeintlicher Eleganz einfach ein besserer Film drin gewesen.

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