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DingDong

Kritik von DingDong

Gesehen: Februar, 2022

A: "Seid ihr sowas wie eine Sekte?"
B: "Wir sind idealistische Menschen, die eine bessere Welt schaffen wollen"
A: "Ja... das ist eine Sekte"

Prolog:
Das Texas Chainsaw Massacre-Franchise ist, wie viele andere langjährige Horrorfranchises wie etwa Halloween, Freitag der 13te oder Nightmare on Elm Street, von Licht und Schatten geprägt. Sequels, Prequels und ein Remake, alles war dabei. Einige Ableger spalten die Fangemeinde, andere gelten gemeinhin als missglückt. Wobei Tobe Hoopers "The Texas Chainsaw Massacre" aus dem Jahre 1974, im deutschsprachigen Raum auch als "Blutgericht in Texas" bekannt, einen unbestreitbaren Klassiker des Horror- bzw. Terrorkinos darstellt, welcher viele Filmmacher geprägt sowie deren spätere Werke beeinflusst hat. Zu Recht wurde Hoopers Werk auch in die Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art aufgenommen. Im Folgenden wollen wir uns mit David Blue Garcias Version beschäftigen, welche direkt an das Original von 1974 anknüpft und mehr oder weniger alle anderen Werke genauso ignoriert, wie es bereits der 2018 erschienene Film "Halloween Kills" aus dem Halloween-Franchise tat und schauen, ob das Texas Chainsaw Massacre von 2022 (kurz TCM 2022) eher zu den Sonnen- oder Schattenseiten des Franchises zu zählen ist.

Plot:
TCM 2022 beginnt in einer Tankstelle, in welcher auf einem Fernseher eine Sendung über das einstige Kettensägenmassaker läuft. Die Protagonist_innen, welche dort einen kurzen Stopp einlegen, sind auf dem Weg nach Harlow, einer texanischen Geisterstadt. Denn drei der vier jungen Erwachsenen sind daran beteiligt, dass die dortigen Gebäude versteigert werden. Dort angekommen treffen sie in einem Gebäude auf eine alte Dame und ihren hünenhaften Schützling. Infolge des Aufeinandertreffens und eines daraus resultierenden Streits erleidet die gebrechliche Frau einen Zusammenbruch, an welchem sie letztlich verstirbt. Ihr Schützling ist postwendend auf blutige Rache aus.

Optik:
Optisch kann sich TCM 2022 definitiv sehen lassen. Die Kulissen sind angenehm schmutzig und werden von der Kamera stimmig in Szene gesetzt. Zusätzlich gibt es noch ein paar wunderschöne Bildkompositionen wie etwa jene Aufnahmen in denen ein wahres Meer an vertrockneten Sonnenblumen die Weite säumen, über welcher sich gerade Gewitterwolken zusammenziehen. Oder wenn eine gesichtslose Leiche, fast schon wie ein Kunstwerk anmutend, hübsch arrangiert und mit Sonnenblumen geschmückt in einem Feld sitzt. Hier und da wurden auch Szenen eingestreut, welche dem Original nachempfunden sind. Dabei schafft es der Film die Szenen derart kurz und beiläufig einzufügen, dass es nicht, wie bei manch anderen Werken, nach peinlich gekünsteltem Fanservice aussieht.

Motive & Inhalt:
Inhaltlich suhlt sich Garcias Werk, insbesondere zu Beginn, in immer wiederkehrenden Genreklischees. Junge, moderne, politische und sich überlegen fühlende Städter treffen auf einfache, weniger gebildete Landbevölkerung. Was auch zu dem ein oder anderen unterschwelligen Wortgefecht führt. In Harlow angekommen, schwingen die jungen Städter direkt große Reden wieviel günstiger die Grundstückspreise hier doch seien und wie man hier quasi eine Enklave für junge Leute wie sie, welche die Großstatt satt haben, errichten könne. Man gibt sich visionär und großmütig. Sie sehen es schon vor sich, hier ein Restaurant, da eine Kunstgalerie, dort ein Comicbuchladen. Eben die wirklich wichtigen Dinge, die ein hipper junger Mensch so zum Leben braucht. Aber wehe irgendwo hängt eine alte, dreckige und zerfetzte Südstaatenflagge. Das Ganze wird dann noch mit zeitgenössischen Politthemen wie Ablehnung von Schusswaffen sowie von rußenden Geländewagen bzw. Verbrennungsmotoren, Black Lives Matters und übertriebener Angst vor Polizei- bzw. Waffengewalt garniert. So zum Beispiel, wenn man sich fast schon panisch auf eine Verkehrskontrolle vorbereitet und sich übertrieben freundlich gibt, um bloß nicht erschossen zu werden, obwohl die Sheriffs absolut freundlich und korrekt auftreten. Über weite Strecken könnte man fast meinen, dass der Film, welcher wiederkehrend respektvolle, ja gar panische Reaktionen seiner Protagonist_innen beim Erblicken von Schusswaffen auffährt, ein Statement gegen Schusswaffen setzen möchte. Nur um dann Schusswaffen wie Pistole, Maschinengewehr, Schrotflinte und deren Einsatz regelrecht als den Heilsbringer gegen mordlüsterne Irre zu glorifizieren. Das wirkt dann schon fast so, als hätte die Waffenlobbie den Film mitfinanziert.
Bis auf eine Person, welche bereits zu Beginn nicht derart überzogen idealistisch wie ihre Begleiter_innen auftritt, keine großen Reden schwingt und ein traumatisches, mit Schusswaffen zutunhabendes Erlebnis hinter sich hat. Selbstverständlich ist die von Elsie Fisher (u.a. Castle Rock) verkörperte Figur die Hauptprotagonistin, während alle anderen weitestgehend blass und profillos bleiben. Schauspielerisch geht das jedoch schon klar und echte Fehlbesetzungen gibt es nicht zu beklagen.
Die "Handlung" selbst ist lediglich als zweckmäßig zu bezeichnen und dient einzig und allein dafür, die Gewalttaten beginnen zu lassen. Denn interessant oder fesselnd ist das, was abseits des Blutvergießens geschieht, absolut nicht. Im Grunde passiert, von Dialogen mal abgesehen, überhaupt nichts. Wenn Leatherface nicht irgendwo in der Nähe ist, hat der Film absolut nichts zu erzählen. Irgendwann kommt eine Busladung mit jungen Investor_innen, die im Anschluss an die Auktion eine Party feiern. Viel mehr ist da nicht, nur dass ein Großteil der Figuren nicht gerade sympathisch rüberkommt. Da hilft es auch nicht viel, dass man die Überlebende des Originals (leider nicht die Schauspielerin des Originals, da verstorben) als Badass-Rächerin auftreten lässt, was bereits gleich zu Beginn des Films indirekt angekündigt wird. Obgleich dies natürlich im Verlauf von TCM 2022 für einige atmosphärische und coole Szenen sorgt. Das Handlungselement rund um das Aufeinandertreffen von Leatherface und Sally, so der Name der einstigen Überlebenden, erinnert unweigerlich an den 2018 erschienenen "Halloween Returns" und das Aufeinandertreffen von Michael Myers und Laurie Strode. Haben doch beide Frauen quasi ihr Leben lang zwanghaft auf diesen einen schicksalhaften Moment des Wiedersehens gewartet. David Blue Garcia greift wiederholt Motive wie Traumata bzw. Traumabewältigigung, Machtlosigkeit und Selbstbefähigung auf. Dies zwar eher oberflächlich und weit entfernt von tiefgründig, aber dennoch deutlich erkennbar. Was man TCM 2022 auch zu Gute heißen muss ist, dass er mit seinen knapp 82 Minuten, bereits nach etwas mehr als 70 Minuten setzt auch schon der Abspann ein, recht straff sowie frei von unötigen Längen inszeniert wurde und bereits nach gut zwanzig Minuten das Sterben auch schon beginnt. Es könnte jedoch durchaus passieren, dass man sich selbst alsbald dabei erwischt, wie man teilnahmslos nur auf das nächste blutige Ableben wartet.

Gewalt:
Apropos blutiges Ableben. Nicht gerade wenige dürfte eine zentrale Frage umtreiben: "Ist der Film brutal?!" Ja, das ist er und der Hüne geht derweil mit einer schier übermenschlichen Kraft und Rücksichtslosigkeit zu Werke. Hier werden Schädel weggeklopft, Arme und Beine gebrochen und Kiefer weggeschnetzelt. Das graphische Highlight dürfe für viele eine zwei Minuten andauernde Szene sein, in der sich die titelgebende Kettensäge blutigst durch das Fleisch von zahlreichen feiernden Menschen wühlen darf. Dabei kommen tatsächlich viele graphische Szenen zustande, wobei die schwache, bläuliche Beleuchtung das Blut fast schwarz einfärbt und manches pikante Detail dann doch aufgrund der Kameraführung bewusst verborgen bleibt.

Fazit:
Wer Fede Alvarez' Remake zu Evil Dead mochte, dürfte auch an Garcias erst zweiter eigener Regiearbeit gefallen finden. Denn optisch, inszenatorisch und tonal liegen Evil Dead (2013) und der exklusiv auf Netflix erschienene Texas Chainsaw Massacre (2022) gar nicht mal so weit auseinander, auch wenn Evil Dead (2013) der bessere und intensivere der beiden ist. Beide Werke nehmen eine bereits bekannte Geschichte und wandeln sie dezent ab, wobei der Kern jedoch weitestgehend unangetastet bleibt. Der Weg ist das Ziel und so dient die straffe aber unbedeutende Handlung in erster Linie als Vehikel um jene Szenen zu zeigen, auf die das Publikum ohnehin wartet. Garniert wird das Ganze dann noch mit einem Hektoliter Kunstblut. Das mag nicht originell sein, aber tatsächlich um ein vielfaches besser und effektiver, als manch anderer Ableger der TCM-Reihe und auch besser als der eingangs erwähnte "Halloween Kills". An das Original von 1974, welches ein Genreklassiker und quasi der Inbegriff für schmieriges, räudiges Terrorkino ist, kommt die Fortsetzung erwartungsgemäß nicht heran. Auch die graphischen Effekte von "TCM The Beginning" werden meinem Empfinden nach nicht ganz erreicht. Aber ich denke, irgendwo zwischen Marcus Nispels "TCM Remake" und "Leatherface- Die neue Dimension des Grauens" kann man ihn schon einordnen. Und jetzt mal ehrlich, wer das TCM-Franchise oder kettensägenschwingende Typen mag, wird so oder so einen Blick riskieren. Von mir gibt es mit Ach und Krach noch 6.5 Punkte. 

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