Regisseurin Magarethe von Trotta hat sich bisher oft und gerne mit historischen Persönlichkeiten beschäftigt. So setzte sie unter anderem Projekte über Rosa Luxemburg, Hildegard von Bingen und die Ensslin-Schwestern um. Mit Hannah Ahrendt hat von Trotta nun das nächste „Opfer“ einer Verfilmung auserkoren. Im Interview, das dem Presseheft zum Film beiliegt äußerte sie allerdings noch Bedenken, der Vordenkerin Ahrendt mit ihrem Film gerecht zu werden – völlig zu Recht, in Anbetracht des langatmigen und eher inhaltsarmen Streifens, den sie der Exil-Deutschen widmete.
Die Herausforderung aus Hannah Ahrendts Thesen zum Eichmann-Prozess einen anregenden Spielfilm zu machen war für alle Beteiligten sicher hoch. Neben kleinen Herausforderungen für die Hauptdarstellerin Barbara Sukowa, die als gerade entwöhnte ehemalige Raucherin in fast jeder Szene qualmen musste und zudem ihr akzentfreies Englisch durch ein grausames Denglisch ersetzten musste, galt es für Drehbuchautoren und Regisseurin die Tragweite der Überlegungen Ahrendts auf interessante Weise für das Kinopublikum aufzubereiten. Ihr Ansatz macht dabei den Zuschauer zum Voyeur des Denkens. In vielen Szenen ist Sukowa also als Ahrendt zu sehen, wie sie sich rauchend im Bett, auf der Couch oder sonst wo ihren Überlegungen widmet. Von den ausgebrüteten Ideen werden allerdings nur Fragmente präsentiert. Diese sind simpel genug und in relativ einfacher Sprache verpackt, so dass der Zuschauer schnell versteht, worauf Ahrendt in ihren Thesen hinaus wollte. Zum Leidwesen des Zuschauers tut von Trotta aber so, als ob es sich hierbei um Raketenwissenschaft handeln würde und lässt Sukowa deshalb die simplifizierten Botschaften ein ums andere Mal zu oft wiederholen.
Auf diese Weise kommt es recht schnell zu Ermüdungserscheinungen seitens des Publikums. Denn wirklich viel Abwechslung hat der Film nicht zu bieten. Dass „Hannah Ahrendt“ wenigstens teilweise unterhält liegt an den guten Darstellern, die ihre Rollen sehr echt und lebendig spielen. Neben der souveränen Hauptdarstellerin, die nur manchmal mit dem falschen Akzent kämpft, ist vor allem Axel Milberg zu nennen, der als Charmeur und liebender Ehemann Ahrendts auch einige Male in komischen Situationen glänzt. Ebenso kann sich Janet McTeer als bedingungslos unterstützende Freundin Ahrendts auszeichnen, die ihre Schlagfertig überzeugend bissig unter Beweis stellt. Trotz der wie erwähnt guten Darsteller ist „Hannah Ahrendt“ zudem kein emotionaler Film. Die dauerrauchende Philosophin bleibt über weite Strecken nüchtern und abgeklärt und die Distanziertheit der historischen Persönlichkeit macht eine Identifikation sehr schwierig. Mit Blick auf die zwischendurch eingespielten Originalaufnahmen aus dem Eichmann-Prozess stellt sich außerdem die Frage, warum man aus dem Stoff nicht einfach eine gut recherchierte Dokumentation gemacht hat, in der lediglich einige Schlüsselszenen zu denen es kein Material gibt, nachgedreht würden. Alternativ wäre auch ein umfassenderes Biopic denkbar, denn von Trottas „Hannah Ahrendt“ behandelt nur eine kurze Zeitspanne aus dem ereignisreichen Leben der Jüdin, die Verfolgung unter in Nazideutschland, der Aufenthalt im Gefangenenlager und die Flucht über Frankreich in die USA werden nur am Rande erwähnt. Auf diese Weise hätte man der Figur jedenfalls mehr Tiefe verleihen und damit die emotionale Bindung mit dem Zuschauer stärken und sich gleichzeitig einige der ermüdenden „Grübel-Szenen“ sparen können.
Das gut agierende Gespann Sukowa/Milberg kommt nicht gegen die inszenatorischen Schwächen des Films an und so versinken die Darsteller im Sumpf der simplen und langatmigen Abhandlung der Thesen Hannah Ahrendts. Wie auch im ähnlich angelegten Film „The Iron Lady“ bleibt die Erkenntnis, dass allein eine überdurchschnittliche Leistung der (Haupt-)Darsteller keinen guten Film garantiert und es für einen wirklich guten biographischen Kinofilm einfach mehr bedarf.