Eine Kriegserklärung an den Krieg
Er sah nie anderes als Filmblut fließen. Statt Granaten detonierten Feuerwerkskörper. Die Gewehre feuerten Platzpatronen. Und die Toten hatten zur Mittagspause Auferstehung. Dennoch ist Stanley Kubrick der genialste aller Kriegsberichterstatter.
Kunst ist, wenn Fiktion wahrer spricht als Realität.
Kubrick hat mit „2001: Odyssee im Weltraum“ den Weltraumfilm gemacht. Mit „Barry Lyndon“ den Historienfilm, „Shining “befreite den Horrorfilm aus der Frankensteinzeit. Und hier die Kriegserklärung an den Krieg.
Kubricks Krieg kennt nur Opfer. Egal auf welcher Seite, ob tot oder lebendig. Opfer, bevor man noch die Soldaten auf den Kriegsschauplatz geführt hat. Darum verweilt Kubricks erbarmungslose Bestandsaufnahme eines Krieges am (austauschbaren) Beispiel Vietnam fast zur Hälfte in der Heimat, in einem Ausbildungscamp der US-Infanterie.
Dort wütet Sergeant Hartman (R. Lee Ermey) als Ausbilder, Ausbund an bestialischem Drill, von dem die Rekruten von obszönem Unflat überschüttet, gedemütigt, mit erniedrigenden Ritualen gefoltert werden. Der Sinn ist klar: Wes Körper und Geist bis zur Unkenntlichkeit zerschunden ist, fühlt kaum noch menschliche Regungen. Menschen müssen erst zerschlagen werden, um aus ihnen tödliche Waffen schmieden zu können.
Krieg, diese Erkenntnis stülpt einen Kubrick wie einen stinkenden, finsteren Sack über den Kopf, kann nur aus Kriegsvorbereitungen gekrochen kommen: eine mordende Mißgeburt aus dem ekelerregenden Schoß von Chauvinismus, Größenwahn, unersättlicher Wirtschaftsgier und Haß; Leid, Hunger und Not die Nachgeburt.
Nach dem Psychothriller in Uniform dann Hälfte II, das große Töten. In quälender Nahaufnahme sinnloses Sterben einer Gruppe von US-Infanteristen bei der sogenannten Tet-Offensive 1968.
Um auch die selbst bei „Platoon“ ausbrechende Dschungelkriegsromantik zu vermeiden, läßt Kubrick weder Urwald noch Palmenhain als Schlachtplatz zu, sondern - durchaus authentisch - das Trümmerfeld eines häßlichen Industrieviertels der Stadt Hue. Passender Schrottplatz für menschliche Kriegsmaschinen.
Unauslöschliches Kriegserlebnis für jeden: Jener glücklich lachende Soldat, der vom Hubschrauber aus auf Feldarbeiter, Frauen, Kinder und Tiere schießt, als wäre er in einer Schießbude im Vergnügungspark.
Ein Bild, das in einem Spuren hinterläßt: Einschüsse.
Noch ein paar Sprüche vom Seargant, die man nicht so schnell vergisst:
"Sie sind so hässlich, sie könnten glatt ein modernes Kunstwerk sein!"
"Das ist mein Stolz und das ist mein Gewehr. Das ist zum Schießen und das ist zum Verkehr. "
"Soldat, ich gebe dir drei Sekunden, genau drei Scheißsekunden, um dieses dumme Grinsen von deinem Gesicht zu wischen, sonst werde ich deine Augen rausreißen und in deine Löcher fi****!"
Fazit: Menschenverachtende Rekrutenausbildung und die brutalen Mechanismen des Krieges - Stanley Kubrick schildert beides auf intensive und schonungslose Art. Ein Meisterwerk, das man gesehen haben muss!