[...] Es geht hier nicht um die Sensation der Gewalt, um den blutigsten Effekt und den lautesten Schmerzensschrei. Es geht darum, was die Brutalität und die Verzweiflung mit den Beteiligten macht. Ihr Effekt auf den Menschen ist stärker als jeder Hieb oder Messerstich es je sein könnte. Der deutsche Titel beschränkt sich bloß auf die Anzahl der Tage. Der originale Titel wird da genauer und spricht von sieben Tagen der Vergeltung. Die Vergeltung wird schnell jedoch als Hokuspokus entlarvt. Als ein Scheinkonstrukt, das den Ausführenden die seelische Erlösung geben soll, die sie suchen. Ein scheinbar so erstrebenswertes Ziel, dass gar vergessen beziehungsweise übersehen wird, dass die ausgeführte Gewalt echohaft ebenso starken Schaden an der eigenen Person anrichtet. Mit seiner Rache verkommt Bruno zum Täter, er verwandelt sich zu dem Wesen, das er zeitgleich bekämpfen zu versucht. Noch drastischer ausgedrückt: Er wird zu dem Typus Mensch, der seine Tochter vergewaltigt und getötet hat. Ein Kreislauf des Zynismus. [...] Bruno entledigt sich jeglicher Ambivalenz und Fähigkeit zur Differenzierung. Sein Opfer sagt irgendwann, das Schlimmste sei, dass Bruno es nicht einmal zu genießen scheint. Die Welt und das Wesen des Menschen ist aus den Fugen geraten. Bruno ist Gott in seinem eigenen Kosmos, der Menschen richten kann, der sich nichts sagen lassen muss und der agieren und reagieren darf, wie es ihm beliebt. Nach Hochmut kommt der Sturz, der sich hier schon in frühen Stadien des Filmes ankündigt. Bruno nutzt die Folter zur Vernichtung jeglicher Illusionen, Gedanken und Aktivität seines Opfers. Er will den Lebenswillen aus seinem Opfer aussaugen - und tut sich eben dies selbst an. Folter als extremste Form der Selbstdestruktion. [...] Wegschauen geht nicht, obwohl man sich unwohl fühlt in diesem ziemlich düsteren Film, in dem alles, was von einem Menschen, einem Wesen mit Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Träumen und Ängsten, übrig bleibt, ein Abdruck im Gras ist.
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