Kein Mommy und kein Laurence Anyways erwartet uns mit Xavier Dolans neuster Regiearbeit. Der übersprudelnde Enthusiasmus des nicht einmal 30-jährigen Filmemachers schäumt in Einfach das Ende der Welt nicht in der charakteristischen Welle der Ungezwungenheit auf, die den Zuschauer entweder mitreißt oder schlichtweg unter sich begräbt. Einfach das Ende der Welt hingegen ist ein Film der Grenzen - und das Bewusstsein über die Grenzen unseres Daseins ist nicht unwesentlicher Bestandteil des Inhalts. Als klaustrophobisches Kammerspiel scheint die zwischenmenschliche Apokalypse eines familiären Zirkels allein räumlich bereits einen strikten Handlungsrahmen aufgezwungen zu bekommen. Durch den Umstand, dass Louis nach 12 Jahren zurück nach Hause gekommen ist, um seinen Angehörigen zu sagen, dass er für immer gehen muss, thematisiert Einfach das Ende der Welt auch eine irdische Schwelle. Der Moment der Offenbarung scheint indes der Ankerpunkt der Erzählung zu sein - und der Zuschauer wartet. Wartet, während er dabei durch ein emotionales Krisengebiet schreiten muss und einen Wust aus Anspannung, Erwartung, Hoffnung, Enttäuschung, Angst und Wust erfährt. Zuhause ist hier noch der Ort, wo sich der Schmerz besonders heimisch fühlt. Die Größe von Dolans feingeistiger Kunst zeigt sich dabei vor allem dann, wenn er (wie so häufig, darin ist er inzwischen ohnehin unschlagbar) das Alltägliche aus dem Alltag stanzt und diesem einen neuen Rahmen schenkt, der dem Leben eine einmalige Poesie verleiht. Wie, wenn die Hände einer Mutter den Rücken ihres Sohnes auf und ab fahren. Wie, wenn die Augen des Sohnes nur dann an den Vater gemahnen, wenn sie sich bis zum Rand mit Tränen füllen.