Natürlich kann es sich nur um ein Missverständnis handeln. Sawyer ist nicht verrückt, sie wollte nur das Gespräch mit einem Arzt aufsuchen, weil sie zeitweise diese Gedanken mit sich herumträgt, die einen beunruhigen. Irgendwann beunruhigen können. Ehe sie sich versieht aber sitzt sie in einer Nervenheilanstalt, umgeben von Irren – und dann ist da auch noch der Stalker, der sie seit Jahren verfolgt. Steven Soderbergh scheint offenkundig Freude daran gehabt zu haben, mal wieder einen straighten Genre-Flic in Szene zu gießen und beginnt UNSANE erst einmal als unangenehmen Sanatoriums-Horror, in dem einer jungen Frau nach und nach jeder Anspruch auf Selbstbestimmung entrissen wird. Pillen, Fesseln, Isolation. Da fliegt ganz gewaltig einer über das Kuckucksnest – und Soderbergh hält das Smartphone drauf. Die iPhone-Kamera erklärt das Geschehen dabei zum unvermittelten und verzerrten Psycho-Heuler, der Zuschauer ist immer nah dran, auch wenn sich die Perspektiven ganz unwirklich verschieben. Je weiter UNSANE voranschreitet, desto extremer bauscht er sich in seinem psychotischen Wahn auf, um am Ende dann richtig Amok zu laufen. Das ist konstruiert, aber versteht sich durchweg als launige Stilübung eines hochbegabten Regisseurs, der sich weiterhin als experimentierfreudiger Künstler bestätigt. Als Kommentar auf das amerikanische Gesundheitssystem mit all seinen wirtschaftlichen Machinationen ist UNSANE natürlich unbrauchbar. Das weiß Soderbergh auch, deswegen geht es ihm auch ausschließlich um den kernigen Genre-Haudrauf. Und der haut rein.