Was Steve McQueens Œuvre bisher immer ausgezeichnet hat, war ein konzentriertes, engmaschig gehaltenes und dadurch umso intensiveres Storytelling. Seine Filmen haben sich thematisch nie verhoben, sondern besaßen einen strengen Fokus auf das, was die Handlung antreibt: Urbane Sexsucht, politischer Hungerstreik, historische Sklaverei. Mit WIDOWS ist das nun etwas anders, denn mit der Spielfilmadaption einer britischen Mini-Serie von Lynda La Plante ist die inhaltliche Streuung in diesem Fall nicht mehr so ausgefeilt und kompromiert wie noch in den Vorgängerwerken. Dass der Film dennoch besticht, liegt schlichtweg daran, dass hier auf allen künstlerischen Ebenen dennoch tadellose Arbeit geleistet wurde: Die elegante Regie, das Drehbuch, welches McQueen zusammen mit Gillian Flynn verfasst hat und immer noch klüger ist als ein Großteil jener Werke, die sich ambitioniert schimpfen möchte, und die famose Darstellerriege. Verpackt in eine stilistisch packende Genre-Gaderobe bedient WIDOWS nur vordergründig die Parameter des klassischen Heist-Kinos, vielmehr transzendiert er dieses Sujet und beschäftigt sich im Zuge eines cleverer Rollentauschs damit, die Zusammenhänge zwischen Wahlkampf und Raubzug aufzuzeigen und auf beiden Seiten die Frage zu erforschen: Wofür genau kämpft man hier eigentlich? Ob halbseidenes Gewerbe oder Kommunalpolitik, schmutzige Geschäfte finden sich überall – und oftmals stehen sie in direkter Verbindung zueinander. WIDOWS taucht dabei in ein gesellschaftliches Bewusstsein ein und berichtet von institutionellem Rassismus und institutioneller Unterdrückung; von einem System, dem die Diskriminierung und Unterschiede zwischen Rassen-, Klassen und Geschlechtern vollkommen egal sind, solange man mit den hiesigen Gegebenheiten Geld machen kann. Mag WIDOWS auch bisweilen unpräzise und konstruiert erscheinen, eben weil er so viel Impact besitzt, den er behandeln muss. Am Ende zeigt er überdeutlich und ambivalent auf, dass wir ohne Solidarität nur zu Spielbällen in einem von Gier verseuchten Machtgefüge werden. Die Zeiten, in denen man nur existiert hat, müssen enden. Zeit, endlich zu leben.