Diese Kritik enthält Spoiler.
Mit Produktionskosten von über 40 Millionen Dollar war "Star Trek: Der Film" gewiss keine Low Budget Produktion. Was heraus gekommen ist, wissen wir heute ja. Storytechnisch einwandfreies Science-Fiction Kino, allerdings mit einer extrem einschläfernden Wirkung. So sahen es auch die Studiobosse und man entschloss sich dazu, einen zweiten Film, ja einen Neuanfang zu machen. Der zweite Film sollte deutlich weniger kosten und bekam ein Budget von ca 12 Millionen Dollar.
Als Produzent konnte man den in der TV Branche als "Pfennigfuchser" bekannten Harve Bennett gewinnen, ein Garant, dass die Produktion nicht über die finanziellen Grenzen schoss. Bennett war allerdings kein Fan bzw. Kenner der Serie und musste sich ersteinmal die TV Folgen anschauen. Dabei blieb er bei der Folge "Der schlafende Tiger" hängen. Darin findet die Enterprise einen 250 Jahre alten Raumfrachter der Erde, auf dem sich die Besatzung noch immer im Kälteschlaf befindet. Es stellt sich heraus, dass es sich um genetisch verbesserte Menschen handelt, welche von Khan Noonian Singh angeführt werden. Dieser wollte Ende der 1990er Jahre seine Überlegenheit einsetzen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Natürlich schaffte er das nicht und floh von der Erde. 250 Jahre später wollte er die Enterprise in seine Gewalt bringen, um das Universum zu unterjochen. Doch Kirk und seine Mannschaft setzten Khan und seine Leute auf dem erdähnlichen Planeten Ceti Alpha V aus. Am Ende der Folge sagte Kirk etwas wie "Ich würde gerne wissen, wo Khan in 20 Jahren ist", was wie ein Stichwort für den Produzenten war.
Nun aber zum Film. Zu Beginn muss man sagen, dass man die Folge "Der schlafende Tiger" nicht gesehen haben muss, um den Film und Khans Zorn zu verstehen. Was man nicht gezeigt bekommt, jedoch erklärt wird, ist, dass kurz nach Abflug der Enterprise der Nachbarplanet Ceti Alpha VI explodierte und den Planeten Ceti Alpha V in eine andere Umlaufbahn verschoben hatte. Dadurch verwandelte sich der idyllische Planet in eine Wüstenwelt. Die einzige Lebensform, welche die Katastrophe überlebt hatte, war ein Parasit, der den Großteil der Besatzung, darunter auch Khans Frau, tötete. Khan schwor Rache, und die sollte er 15 Jahre später bekommen, als Chekov und die U.S.S. Reliant eintrafen. Hier ist auch der Größte Kontinuitätsfehler der Star Trek-Geschichte verborgen: Nicht Fans bemerken dies nicht, aber als Khan Chekov sieht, sagt er zu ihm "Sie kenne ich, Mr. Chekov". Der Charakter Chekov wurde jedoch erst in der zweiten Staffel eingeführt, Khan wurde in der ersten Staffel ausgesetzt. Dies aber nur nebenbei.
Ricardo Montalban war sofort bereit, nocheinmal den, wie er sagte, "tiefgründigen Charakter" Khan zu spielen, nachdem er zu der Zeit bereits 5 Jahre in "Fantasy Island" jede Woche das Selbe gemacht hatte. Nach erneuter Ansicht der Originalfolge war Montalban wieder voll in der Rolle des Khan und beschloss, jede Szene so intensiv, am Rande der lächerlichkeit zu spielen, damit sein Charakter auch nicht in Vergessenheit gerät. Und dies hat Montalban überragend geschafft. Er spielt hier nichtnur den besten Star Trek-Bösewicht der bisherigen zehn Kinofilme. Nein, meiner Meinung nach auch einen der besten Bad Guys der ganzen Filmgeschichte.
Auch die Besatzung des Raumschiffs Enterprise war gut aufgelegt. Im ersten Teil wurden durch diverse Make Up- und beleuchtungstechnischen Tricks das Alter und damit die Falten unsichtbar gemacht. Regisseur Nicholas Meyer wollte jedoch einen unverfälschten, bunten Look, wie es seiner Meinung nach in den besten Episoden der Serie der Fall war. Die Darsteller sollten zu ihrem Alter und den damit verbundenen Falten stehen. So beginnt der Film mit dem 50sten Geburtstag von James Kirk, der offensichtlich an einer kleinen Midlife Krise leidet. Sein Job am Schreibtisch gefällt ihm überhaupt nicht, woraufhin sein Freund Dr. McCoy ihm empfiehlt, wieder ein Kommando über ein Raumschiff anzunehmen. Daraus ergibt sich ein Kernelement des Films. Das Altern.
Die Enterprise ist voll mit jungen Kadetten auf einem Trainingsflug. Mit dabei ist auch Kirsty Alley (Kuck mal wer da spicht), welche die junge Vulkanierin Saavik spielt. Ursprünglich sollte Kim Catrall (Sex and the City) den Part spielen, war aber unabkömmlich. Jahre später, in Star Trek VI, sollte sie dann ihre Chance erhalten. Kirsty Alley war bis dahin eine unbekannte Schauspielerin, füllte ihre Rolle aber gut aus und verlieh der logischen Saavik eine liebenswerte Naivität und konnte so für den einen oder anderen komischen Moment im Zusammenspiel mit dem Trio Spock, McCoy und Kirk sorgen. Und da war er wieder, der aus dem ersten Kinofilm so schmerzlich vermisste Humor. Auch Scotty im Maschienenraum war wieder der Wunderknabe, den man aus der Serie kannte, was uns zu einem weiteren Kernelement des Films führt. Verlust.
Während des ersten Angriffs der Reliant unter dem Kommando von Khan, wird ein Kadett im Maschienenraum getötet. Es stellte sich heraus, dass es sich um Scottys jüngsten Neffen handelte, was ihm sichtlich schwer zu schaffen gemacht hatte und James Doohan eine zwar kurze, aber dennoch großartig gespielte Szene beschert hatte. Khan dagegen verlor seine Frau und will sich darum an Kirk rächen. Und Kirk? Kirk muss den schwersten Verlust hinnehmen, da sich sein Freund Spock um das Schiff zu retten selbst opfert. Eingesperrt im Reaktorraum der Enterprise kann Kirk nur zusehen, wie Spock langsam stirbt. Auch Nicht-Fans der Serie dürften aufgrund des sehr emotionalen Endes leicht geschockt sein, da Spocks Tot doch unerwartet kommt. Bei Testvorführungen war der Film ab hier für das Publikum zu Ende, da es damit nicht zufrieden war. So drehte man nocheinmal Szenen nach, um die vage Möglichkeit einer Rückkehr Spocks zu haben. Es handelt sich dabei um eine Szene, in der Spock McCoy betäubt und den Satz "Nicht vergessen" sagt. Leonard Nimoy drehte die Szene gerne nach, denn er hatte bei den Dreharbeiten zum zweiten Kinofilm so viel Spaß, dass er sich eine Rückkehr durchaus vorstellen konnte, war er doch vor der Produktion nur durch die Sterbeszene zu überreden, nocheinmal die spitzen Ohren anzulegen.
Diesmal wurden die Effekte von George Lucas´ Effekteschmiede "Industrial Light & Magic", kurz ILM gefertigt. Die hatten jedoch das Problem, dass die Firma aus Teil 1, "Entertainment Effect Group", jegliche Hilfestellung und Unterstützung verweigerte. So mussten die Effektekünstler selbst heraus finden, wie sie das große unhandliche Modell der Enterprise zum fliegen bringen konnten. Aber letztendlich ist das Problem offensichtlich gelöst worden und bemerkenswerte Effekte kamen zum Einsatz. Darunter auch die erste vollständig am Computer animierte Sequenz. Nämlich die, wenn an einem Bildschirm der Genesis-Effekt erklärt wird und ein toter Mond in einen lebenden Planeten verwandelt wird. Für die damalige Zeit war das ein Meilenstein in der digitalen Effekteproduktion.
Die actionreichen, spannenden Kämpfe zwischen der Enterprise und der Reliant wurden untermalt mit Musik von James Horner (Titanic, Apollo 13). Horner, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel Erfahrung als Komponist gesammelt hatte, wurde von Produzent Harve Bennett gebeten, keines der Themen des ersten Films zu verwenden. Stattdessen sollte er die Fanfare aus der Fernsehserie nutzen, um einen engeren Zusammenhang zur Serie herzustellen. Dabei kreierte Horner einen stimmungsvollen Soundtrack, der seinen Höhepunkt im Showdown im Mutara Nebel findet. , welcher Effektetechnisch ein weiteres Highlight des durchweg gelungenen Films bildet.
Fazit
"Kaum macht man es richtig, schon funktioniert es", möchte man sagen. Alles was die Originalserie ausgemacht hatte, ist bravourös auf die große Leinwand adaptiert worden. Auch Nicht-Fans werden meiner Erfahrung nach mit "Der Zorn des Khan" bestens Unterhalten.
Mission erfolgreich.