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Tomofan

Kritik von Tomofan

Gesehen: Juni, 2018

Dass ein Film über Mobbing in mehrfacher Hinsicht ein Tanz auf Messers Schneide sein kann und eine Annäherung an diese ungemein komplexe wie sensible Thematik ein gewisses Fein- und Taktgefühl benötigt, dürfte weitläufig bekannt sein. Da Mobbing nun auf den Arbeitsplätzen und Schulhöfen dieser Nation mehr gang und gäbe, als Einzelfall ist, erscheint es wahrscheinlich, dass ein beachtlicher Großteil der Zuschauerschaft schon mit dem systematischen Psychoterror Bekanntschaft machen durfte. Egal, ob man nun als Initiator, Opfer oder passiver Beobachter in dieses perfide Netz verwickelt war/ist, so ziemlich jeder wird etwas mit den Geschehnissen auf der Leinwand assoziieren können. Ein Film über eben diese Thematik ist in der Lage, den Zuschauer in seinen emotionalsten wie intimsten Momenten und Gefühlen - von Schuld- oder Mitgefühl bis hin zu Traumata -  anzutreffen und sollte deshalb mE bestenfalls auf den plakativen erhobenen Zeigefinger verzichten.

 In letztere Kerbe schlägt bedauerlicherweise die niederländisch-belgische Produktion Ben X aus dem Jahr 2007. Die Hauptfigur Ben fällt in so ziemlich jeder Hinsicht aus dem sozialen Raster. Seine Körpersprache zeugt von einem sensiblen, zurückgezogenen Charakter und seine, gelinde gesagt, rudimentäre soziale Kompetenz verhindert eine zwischenmenschliche Kommunikation mit seinem Umfeld. Ärzte diagnostizieren das sogenannten Asperger-Syndrom. Damit scheint Ben wie für die Rolle der wandelnden Zielscheibe prädestiniert zu sein.

 Im Vordergrund steht Bens Gefühlswelt und Wahrnehmung, welche durch Monologe analysiert und allerhand stilistische Mittel visualisiert werden, was primär durch wilde Szeneabfolgen und wahre Schnittgewitter erfolgt. Unter diesem Erklärungswahn leidet jedoch vorrangig die eigentlich unnahbare Hauptfigur, welche durch die permanente Visualisierung seines intakten Verhältnisses zur Außenwelt mehr und mehr kategorisiert wird. Wenn man so will, legt Regisseur Balthazar seiner Figur mit diesen Stilmitteln die kinematographische Zwangsjacke an. 

Durchaus interessante Ansätze verfolgt Ben X hingegen dann, wenn er sich auf die Interaktion von Realität und Fiktion fokussiert. Mit einer Art Held-rettet-Prinzessin-Rollenspiel in Form des Videospieles Archlord findet Ben einen Weg, der alltäglichen Hetzjagd zu entkommen.  Sobald dieser Eskapismus in eine regelrechte Obsession umschlägt, schafft es Ben X, die einstürzende Grenze zwischen realer und virtueller Welt optisch präzise darzustellen und gibt damit einen intelligenten Kommentar über die Verankerung von programmierten Zufluchtsorten in unserer Gesellschaft ab.

Um individuelle Einblicke in die prekäre Situation zu gewähren, greift Ben X immer wieder auf Interviewschnipsel mit Figuren zurück, die indirekt oder direkt in den Konflikt zwischen Ben und seinen Klassenkameraden verwickelt sind. Leider bedient Ben X in diesen Szenen fortlaufend nervige Klischees. Sei es nun die überforderte, alleinerziehende Mutter, die Vaterfigur, die dazu aufruft, Feuer mit Feuer zu bekämpfen oder der sich keiner Schuld bewusste Schuldirektor, alle dürfen ihr Standardphrasen vor der Kamera vom Stapel lassen. Da mag zwar auch eine Abneigung gegenüber eben jenen Plattitüden und Ausflüchten mitschwingen, allerdings verhindert dieses Festklammern an tumben Charakterhülsen einen substanziellen Diskurs über die Außenwahrnehmung von Mobbing.

Spoiler

Den sprichwörtlichen Vogel schießt Ben X jedoch mit seinem komplett konfusen und konstruierten Ende ab, welches nicht davor zurückschreckt, eine biblische Auferstehungsgeschichte in die Handlung einzubauen.

Spoiler Ende

Zurück bleibt ein größtenteils plumpes Werk, welches eine ambivalente Streitfrage simplifiziert. Anstatt seine interessanten Ansätze zu verfolgen, konzentriert man sich vielmehr darauf, die zentrale Figur bis zum Gehtnichtmehr greifbar zu machen und fällt zudem durch die fast schon comcihaft-überzeichnete Boshaftigkeit der Antagonisten mehrfach negativ auf.

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