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Tomofan

Kritik von Tomofan

Gesehen: März, 2018

Der subkulturenerforschende Regisseur Gus van Sant ist nun wahrhaft nicht bekannt dafür, sich davor zu scheuen, soziale Reibungen und sensible Thematiken in expliziter Kompromisslosigkeit vor die Linse zu tragen. Auch sein 2003 erschienener Film Elephant widmet sich nicht minder schweren und komplexen Problematiken, dokumentiert van Sant hier schließlich das Geschehen vor und während eines fiktiven Amoklaufes an einer Highschool. 

Besonders die markante inszenatorische Herangehensweise dürfte ins Auge springen, schließlich fängt die Kamera das Treiben  äußerst dokumentarisch, nahezu schnittlos und beinahe konsequent stoisch ein und das, obwohl  die unvermeidbare, klimaktische Gräueltat doch unvermeidbar erscheint. Van Sant gleitet fragmentarisch von Schüler zu Schüler, von Dilemma zu Dilemma, er greift Gesprächsfetzen und Banalitäten auf und protokolliert den Drahtseilakt des Lebens, mit welchem sich die Schüler auf der Schwelle des Erwachsenwerdens konfrontiert sehen. Diese Umsetzung und das obligatorische Einsetzen von Laiendarstellern ermöglichen die altbekannte Authentizität. 

Den Brennpunkt Schule inszeniert Gus van Sant hier als einen Schmelztiegel für sozial-externe und interne Schichten, als ein eigenes, isoliertes Milieu, welches von einer schmerzhaften Kälte und Tristesse umschleiert wird.

Elephant ist allerdings kein Film, der sich auf das Umfeld Schule begrenzt, vielmehr begibt er sich auf die Irrwege des Zuschauers, welcher in jedem Normabweicher einen potenziellen Amokläufer bzw. Gewaltfantasierende sieht. Gus van Sant spielt dementsprechend mit den Erwartungen des Publikums, welches auf Momente lauert, in welchen der Film die verschlüsselte Gewalt mit Egoshootern und gesellschaftlichen Zwängen begründet. Somit gelingt Van Sant hier ein Film, der gerade wegen seines Unverständnisses und Hilflosigkeit ein Verständnis für seine Figuren und das Publikum entgegenbringt. 

Glücklicherweise verzichtet Elephant vollständig auf eine theatralische Aufladung des Konfliktes oder auf einen belehrenden, erhobenen Zeigefinger, sondern versucht eher Lösungsansätze aus dem Zuschauer herauszukitzeln. Die emotionale und didaktische Brechstange bleibt in der Tasche. 

Interessanterweise stibitze sich Gus van Sant den ominösen Titel seines Filmes von einem Kurzfilm des Regisseurs Alan Clarke, der a prima vista kommentarlos Morde in Nordirland abfilmt. Glaube, den gucke ich die Tage mal.

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