Einmal mehr überzeugt das moderne Horrorkino als Genrehybrid aus traditionellem Gruselfilm und nachvollziehbarem Charakterdrama. Bei seinem Spielfilmdebut beweist Babak Anvari nicht nur ein feines Gespür für Genremechanismen, sondern bleibt darüber hinaus den Konflikten seines Heimatlandes treu. Angenehm gleichberechtigt kommen hier politische, gesellschaftliche und private Thematiken zusammen um eine fiktive Geistergeschichte vor historisch akkurater Kriegskulisse zu erzählen. Dabei ist Under the Shadow in seiner Symbolik zwar alles andere als zurückhaltend, aber nichtsdestotrotz verzeiht man ihm diese Direktheit gerne, weil sie nie zum Selbstzweck verkommt, sondern vordergründig als effektive Genrenarration fungiert. Wenn ein überdimensionales Kopftuch den Raum flutet, dann geht es in diesem Moment eben genauso um die unmittelbare Angst darin zu ersticken, wie die Szene auch die Gefangenschaft in einem reaktionären Wertesystem abbildet. Liegt zu Beginn dieses Kammerspiels noch eine strenge Trennung zwischen harscher Wirklichkeit und undefinierbarer Geisterwelt vor, so scheinen beide Aspekte zusehends miteinander zu korrelieren. Die Geister unterm Bett sind letztlich nicht weniger real als die Bomben über den Dächern und die Risse in der Wand sind denen in der Seele gleichberechtigt. Atmosphärisch ist das durchgehend stimmig, zudem eindringlich gespielt, genrebewusst inszeniert und in seinen Höhenpunkten sinnvoll dosiert. Abermals bäumt sich das zeitgenössische Horrorkino auf, um allen Unkenrufen zum Trotz zu beweisen, dass das Genre mehr kann, als Jumpscares (wobei sich auch bei Under the Shadow einige überraschend effektive Vertreter dieser Gattung finden lassen) und reißerisches Scheppern. Nämlich erwachsene Themen, stimmungsbewusst eingefangen und effektiv in Szene gesetzt. Gerne mehr davon.