Diese Kritik enthält Spoiler.
Ben Stiller hat als Schauspieler bereits unzählige Hits gelandet und dürfte spätestens mit den genial durchgedrehten Verrückt nach Mary unter den ganz großen Komikern angekommen sein. Als Regisseur wartet Ben Stiller hingegen noch auf den ganz großen Hit. Zwar waren Zoolander und Tropic Thunder keine schlechten Filme aber der große Wurf war bislang noch nicht dabei. Auch Das erstaunliche Leben des Walter Mitty wird mit Sicherheit nicht als der Überfilm des Jahres 2014 in die Geschichte eingehen. Denn dazu fehlen ein paar Überraschungen und auch die Feinjustierung. Jedoch verbreitet der Film als klassisches Feel-Good-Movie jede Menge gute Laune und positive Stimmung. Im Grunde der passende Film für kühle Wintertage.
Identifikation mit dem Jedermann
Walter Mitty ist ein Jedermann. Ein kleiner grauer Arbeiter, der sich wünscht er könne etwas Bedeutendes tun weshalb er sich zunehmend in Tagträume flüchtet. Diese Tagträume sind im Film äußerst spektakulär inszeniert und entfalten komplett ihr absurdes Potenzial. Die wirklichen Schauwerte sind jedoch nicht die abenteuerlichen Tagträume sondern die bemerkenswerten Landschaften. Stiller hat ohne Zweifel ein gutes optisches Gespür für die richtigen Einstellungen und Szenerien. Dazu hat Stiller auch ein Händchen für den passenden Soundtrack. Mitunter drängt sich zwar der Eindruck auf, dass Stiller zwanghaft bekannte Künstler einbauen will diese montiert er jedoch so geschickt und charmant in den Film, dass dies kaum ins Gewicht fällt.
Trotz aller optischen Strahlkraft ist es das große Identifikationspotenzial mit den Figuren, die den Film wirklich sehenswert machen. Walter Mitty schließt man sofort ins Herz und man kann seinen Charakter komplett nachvollziehen. Dabei ist besonders die Wandlung vom grauen Stubenhocker zum kernigen Mann bemerkenswert, die Stiller sowohl optisch als auch schauspielerisch darzustellen weiß. Neben ihm glänzt auch Kirsten Wiig. Ihren Ruf als aktuelle vielleicht lustigste Frau im Kino untermauert sie zwar nicht, da Wiig jedoch eine sehr bodenständige und warmherzige Figur spielt war dies auch nicht gefordert. Ihr Figur bringt Wiig jedoch problemlos auf die Leinwand. Stiller und Wiig geben zudem ein sehr gutes Leinwandpaar ab, bei dem die Chemie spürbar stimmt. Ein Lob gilt auch Adam Scott, der mit nur wenigen Szenen einen wunderbar schmierigen Unsympathen gibt. Sean Penn als rauer Abenteurer hat jedoch eindeutig die stärkste Szene. Sein Dialog mit Ben Stiller auf einem eisigen Berggipfel ist ebenso wunderschön wie intensiv und darf als die beste Szene des Films gelten.
Wenig Überraschungen aber gute Laune
Trotz allem Lob hat Das erstaunliche Leben des Walter Mitty auch seine Schwächen. Die Handlung ist mitunter etwas zu vorhersehbar und überraschungsarm. Hin und wieder gibt es kleinere Überraschungen, aber der grundsätzliche Handlungsverlauf ist dennoch sehr berechenbar. Glücklicherweise verzichtet Stiller auf ein komplettes Happy-End und lässt den Film hingegen bodenständig und zufriedenstellend enden. Auch die Filmbotschaft wird nicht mit dem Holzhammer eingeprügelt wie noch im Trailer sondern feinfühlig und unaufdringlich in den Film gepackt. Grundsätzlich sind die Handlung und der gesamte Film sehr warmherzig geschrieben. Man hat schlichtweg ein gutes Gefühl bei sehen und verlässt auch zufrieden das Kino. Dazu kommen auch einige urkomische Szenen wie etwas mit dem grönländischen Hubschrauberpiloten, die Jagd nach dem Fahrrad oder die Szene am Sicherheitsschalter des Flughafens. Stiller stellt hier sein Talent als Regisseur unter Beweis und zeigt, dass er im Laufe seiner Karriere einiges gelernt hat.
Das Erstaunliche Leben des Walter Mitty ist somit das erste richtige Feel-Good-Movie des Jahres. Zwar sind Handlung und die Twists recht vorhersehbar aber der Film ist dabei wunderbar einfühlsam und schafft es dem Zuschauer positive Gefühle zu geben. Der ganz große Wurf ist der Film jedoch leider nicht geworden. Aber da Ben Stiller auch keine wirklichen Flops produziert kann man sich auch auf die nächste Regiearbeit von Stiller freuen.