Noch vor dem bemerkenswerten Erfolg von Marvel und dem Avengers Universum waren es im Grunde die X-Men Filme die den Superheldenensemblefilm salonfähig gemacht haben. Zweifelsohne waren nicht alle Filme über die X-Men ein künstlerischer Erfolg. Die Einzelfilme über den bekanntesten Mutanten Wolverine und der verunglückte X-Men: Der letzte Widerstand etwa waren nicht unbedingt die sehenswertesten aus der Reihe. Mit dem guten X-Men: Erste Entscheidung, der als Reboot daher kam jedoch mehr ein Prequel ist, konnte man der festgefahrenen Handlung zudem wieder neue Impulse geben. Nun kommt jedoch der wohl ambitionierteste Film über die X-Men. Denn mit X-Men: Zukunft ist Vergangenheit versucht man äußerst trickreich die beiden Zeitebenen miteinander zu vereinen. Trotz aller berechtigten Skepsis kann man festhalten, dass das Konzept durchaus funktioniert. Denn ein unterhaltsamer und spannender Blockbuster ist X-Men: Zukunft ist Vergangenheit, trotz kleinerer Patzer und logischer Probleme, definitiv.
Ein gelöstes Grundproblem
Das Grundproblem der X-Men Reihe war meist der viel zu aufgeblasene Figurencast. Es waren meist zu viele Figuren und so blieben viele davon notwendigerweise nur Randfiguren. Das ist auch bei Zukunft ist Vergangenheit nicht anders. So bleiben fast alle Mutanten in der Zukunft weitestgehend blass und können nur durch Nostalgie überzeugen, wie im Falle von Ian McKellen und Patrick Stewart. In der anderen Zeitlinie greift man hingegen auf einen kleineren Kreis an zentralen Figuren zurück. Dies erweist sich auch als durchaus positiv, da man so viel mehr Zugang zu den Figuren gewinnt und diese insgesamt schärfer gezeichnet sind. So wird beispielsweise der spannende Diskurs von Magneto und Professor X weiter fortgeführt und von James McAvoy und Michael Fassbender ebenso intensiv wie tiefgründig porträtiert. Die dramaturgische Tiefe, wie man sie in Erste Entscheidung noch zeigte, erreicht man hingegen nicht. Dafür räumt man dem Diskurs um die Mutant-Mensch-Beziehung zu wenig Zeit ein. Auch der neue Bösewicht Bolivar Trask, von Peter Dinklage gewohnt stark gespielt, ist letztendlich nur fanatisch und dient nicht als Projektionsfläche von Thesen und Fragen.
Die inhaltliche Tiefe geht dem Film somit etwas ab. Lediglich dem Kernfigur Mytique wird mehr inhaltlicher Raum gegeben. In ihr greifen am ehesten die moralischen Aspekt des X-Men Franchise und sie dient dabei gleichzeitig als Fixpunkt für die anderen Figuren. So ist es auch Jennifer Lawrence die die denkwürdigste Schauspielleistung des Films abliefert und die spektakulärsten Szenen hat. Da spielen selbst James McAvoy als desillusionierter Drogenabhängiger und der arschcoole Hugh Jackman teilweise nur die zweite Geige. Spannend ist zudem der erneut sehr undurchsichtige Magneto. Ob dieser nun Freund oder Feind ist, bleibt während des gesamten Films fragwürdig und mündet in einem sehr pessimistischen Finale. Zudem stellt Michael Fassbender wieder seine Qualifikation als Idealbesetzung für charakterstarke Antagonisten dar.
Erzählerischer Krampf
Der einzig wirkliche charismatische Neuzugang im Cast ist übrigens der blitzschnelle Quicksilver, gespielt von Evan Peters. Dieser hat nämlich nicht nur einige der markantesten Sprüche im Film sondern auch die mit Abstand beeindruckendste Actionszene. Der Rest der Actionszene ist hingegen gute Durchschnittsware, die durch die Mutantenfähigkeiten enorm profitieren. Regisseur Bryan Singer, dem Regisseur der ersten beiden Film des Franchise, ist jedoch begabt genug um auch durchschnittliche Szenen mit technischen Möglichkeiten aufzuwerten. So setzt er mit zahlreichen passenden Slow-Motion-Phasen die einzelnen Mutantenkräfte gezielt in Szene. Auf erzählerischer Ebene ist Zukunft ist Vergangenheit jedoch nicht Singers bester Film. Zu plötzlich und abgehackt wirken die Szenenwechsel mitunter und zu krampfhaft werden die verschiedenen Settings durchgepeitscht. Meist ist es dabei den guten Schauspielern zu verdanken, das man diese Ungenauigkeiten meist kaum wahrnimmt.
Etwas holprig wirken zudem die verschiedenen Bezüge zu den anderen X-Men Filmen. Immerhin ist man durch Marvel Cinematic Universe in dieser Hinsicht sehr verwöhnt wodurch einige Ungereimtheiten zwischen den einzelnen Filmen sichtbar werden. Am Unterhaltungsgrad ändert dies jedoch wenig. Zukunft ist Vergangenheit ist trotz aller inhaltlichen Innovation ein sehr unterhaltsamer und kurzweiliger Film. Wirkliche Längen kommen nie auf, da auch die Spezialeffekte für eine Blockbusterproduktion aus dem Jahre 2014 entsprechend bombastisch inszeniert sind. Spektakulär und schaurig zugleich sind zudem die überdimensionalen Sentinels, die in den Actionszenen ein echter Gewinn sind und von denen man gern mehr gesehen hätte.
Ein guter X-Men Film
Ob X-Men: Zukunft ist Vergangenheit der bislang beste Teil der Reihe ist hängt vermutlich zu stark von rein subjektiven Faktoren ab. Auf objektiver Ebene kann man am Film einiges kritisieren und loben. Letztendlich halten sich jedoch Logik- und Anschlussfehler, handwerkliche Ungenauigkeiten sowie Schauspielleistung und Actionszenen die Wage. Da ist der Film aber unter dem Strich hoch unterhaltsam ist lohnt sich nicht nur für Fans der Reihe das Ansehen. Allerdings gab es dieses Jahr auch schon bessere Superheldenblockbuster und auch Zukunft ist Vergangenheit gibt es noch viel Luft nach oben.