Nach dem beeindruckenden Trailer waren die Erwartungen entsprechend hoch. 28 YEARS LATER geht jedoch ganz bewusst nicht den Weg des plakativen Zombie-Terrors – und das ist gut so. Stattdessen präsentieren uns Danny Boyle und Alex Garland einen beachtlich reichhaltigen Film, der auf mehreren Ebenen ordentlich was zu bieten und zu erzählen hat.
Den emotionalen Kern bildet eine Art Coming-of-Age-Geschichte des 12-jährigen Spike, der in dieser brutalen Welt heran- und über sich selbst wachsen muss. Daraus ergibt sich eine kleine Meditation über Leben, Tod und Vergänglichkeit. Nebenbei wird die Welt weiter aufbaut und erste Weichen für die nächsten Teile gestellt. Der Film ist durch und durch ein Boyle, und genau deshalb auch so gut!
Er zeigt sich experimentierfreudig, manchmal auch gewagt – das muss einem schon gefallen. Für mich sind Bildsprache und Inszenierung wieder mal grandios! Spannend variiert er hier verspielt seinen Stil, stets ernsthaft nah, rau und wirkungsvoll.
Nicht selten wunderbar ästhetisch – im Schönen wie im Hässlichen. Unterlegt mit einem einschneidenden Score und der perfekten Portion Crazyness, passend zur Realität im Film.
Der gewollte Humor sitzt tatsächlich super. Aber die Schluss-Szene, trotz 28 Jahren Wahnsinn auf der Insel, wirkt zu absurd. Kann man sich wegdenken.
Die Stimmung ist durchgehend bedrückend. Eine Welt wie wir sie kennen gibt es längst nicht mehr. 28 Jahre sind eine lange Zeit. Die mit dem Rage-Virus Infizierten ebenso wie die Überlebenden haben sich angepasst und weiterentwickelt. Allgemein hat mir das Worldbuilding sehr zugesagt, besonders auch als Auftakt einer neuen Trilogie – und das während man noch etwas zu erzählen hat.
Boyle und Garland liefern hier ihre Vision und konzentrieren sich dabei auch auf eine menschliche, funktionierende Geschichte. Daneben bringt der Film einige interessante Themen und Gedankenansätze mit. Die Weiterentwicklungen wirken ebenso stimmig wie der spirituelle Unterton und die emotionale Reise, die man mit Spike durchlebt.
Überrascht hat mich auch die Ehrlichkeit des Films. Sehr gefühlvoll und intim. Besonders Schlüsselmomente sind bedacht und sorgfältig in audiovisuell und ästhetisch eindrucksvollen Szenen festgehalten. Wirklich berührend. In dieser Form nur von Boyle und/oder Garland möglich.
28 YEARS LATER ist für mich ein mutiges, magisches Filmerlebnis, das mich in sämtlichen Bereichen voll abgeholt und mitgenommen hat. Ein starker Auftakt zur neuen Trilogie.