Von den zugänglicheren Serien ist JUSTIFIED seit langer Zeit meine Nummer 1. Spannend, auf einem gehobenen Niveau, dicht erzählt und voller Highlights. Eine der Serien, die ich mir gerne alle paar Jahre ansehe. Perfektes Wohlfühl-Entertainment. Auf den ersten Blick quasi Tarantino als Serie, nur bekömmlicher, auf dem Boden geblieben und viel mehr. Basierend auf Kurzgeschichten von Elmore Leonard ist die Handlung in Kentucky, Harlan County angesiedelt und erweist sich als perfekter Ort für den Neo-Western.
JUSTIFIED bietet eine der genialsten Antagonisten-Rollen die ich je gesehen habe. Walton Goggins ist die Rolle des redegewandten Outlaw Boyd Crowder auf den Leib geschrieben. Ein Gesetzloser wie er im Buche steht. Auf der gegenüberliegenden Seite des Gesetzes: Deputy U.S. Marshal Raylan Givens, hervorragend gespielt von Timothy Olyphant. Nicht weniger eloquent vermag dieser mit seiner gerissenen Abgeklärtheit nahezu jede brenzlige Situation zu entschärfen. Die Dynamik, Dialoge und Wortgefechte sind grossartig. Intelligent, elegant und poetisch geschrieben. Eine wahre Freude. Und wenn Raylan und Boyd jeweils aufeinandertreffen ist das purer Hochgenuss.
Die beiden Gegenspieler weisen einige interessante und spannend dargebrachte Gemeinsamkeiten auf. Sie sind quasi 2 Seiten einer Medaille. Dass sie früher zusammen Kohle geschürft viel durchgemacht haben, hat eine Verbindung und bleibenden gegenseitigen Respekt geschaffen. Die Tatsache, dass Raylan eben auch in der rauen Welt von Harlan County aufgewachsen ist und genauso gut auf der anderen Seite des Gesetzes hätte landen können, erweist sich als durchweg spannenden Kniff.
Charaktertechnisch wird neben geschliffenen Dialogen auch viel Tiefgang und Hintergrund geboten. Die Charaktere sind so geschrieben, dass man ihre Beweggründe nachvollziehen und auf natürliche Weise Sympathien entwickeln kann. Gut und Böse sind hier nicht Eindimensional. Daneben glänzen vor allem auch die skurrilen, abgebrühten und kultigen Figuren.
In JUSTIFIED werden Konflikte mit Waffengewalt und oder Redekunst gelöst. Es gibt ordentlich Thrill und Hochspannung. Dazu Shootouts und entsprechende Brutalität. Locker und auf einem angenehm gehobenen Level amüsant, ohne dass dabei die bittere Dramatik und Tragik zu kurz kommt. Viele denkwürdige Momente, die in Erinnerung bleiben. Stets super gefilmt und in Szene gesetzt.
Auch Kentucky/ Harlan County ist griffig gezeichnet: Über die Figuren und deren Schicksale, welche oft direkt oder indirekt mit Harlan selbst zu tun haben. Man entwickelt ein Gefühl, wie es sein könnte dort zu leben. Harlans Kultur, Geschichte und die Menschen dort werden authentisch übermittelt. Familiengeschichten der Hauptfiguren, als Harlan noch im Aufschwung war und Konflikte einzelner Familien, welche seit über 100 Jahren bestehen. JUSTIFIED ist auf allen Ebenen ausgebaut. Dezentes und natürliches Worldbuilding.
Anfangs noch 1 Fall pro Folge, was aber dazu dient die Charaktere, ihre Rollen, Zusammenhänge und den Schauplatz zu etablieren. Schon bald merkt man, wie zuvor gezeigte Details inzwischen in einem grösseren Kontext stehen und die Welt und Figuren sich ausgebaut haben. Ehe man sich versieht, ist man mittendrin. Jede Staffel hat eine übergeordnete Geschichte mit Kern- und Nebenfiguren, welche sich teils auch über die gesamte Serie ziehen.
Gekrönt wird JUSTIFIED neben intensiven Staffelfinalen, mit einem fulminanten und stimmungsvollen Serienabschluss – inklusive berührendem Schlussakkord. Grossartig!
"You will never leave Harlan alive"