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flowzone

Kritik von flowzone

Gesehen: Januar, 2022

"I wanted to save the world.."

MR. ROBOT stellt für mich neben THE LEFTOVERS das Magnum opus der auf Zelluloid gebrannter aufschürfend emotionaler, psychedelischer Erfahrungen dar. Audiovisuell und inszenatorisch in allen Bereichen so komplex wie perfekt komponiert und ausgearbeitet. Eine psychologisch ausgefeilte Charakterserie mit einer künstlerisch enorm kreativ inszenierten Geschichte. Durchzogen mit jeder Menge Hochspannung, Thrill und grossangelegtem Mindfuck.

Von jeglicher Serienkonvention abhebend, bricht MR. ROBOT unsere Sehgewohnheiten. Ist schonungslos, konsequent und mutig. Und dadurch so verdammt genial.

Bspw. wird der Zuschauer mit den ersten Worten direkt in die Serie miteinbezogen. Aktiv sind wir am Geschehen beteiligt, blicken in Elliots Kopf, nehmen an seiner komplexen Gefühls- und Gedankenwelt teil. Er hält Rücksprache mit uns und wir werden aufgefordert mitzudenken.

Dabei muss hier nicht ständig irgendwas passieren. Keine billigen Tricks um Spannung zu erzeugen. Keine aufgesetzten Cliffhanger. Die Serie fordert eine gewisse Auffassungsgabe und verlangt volle Konzentration. Eine Affinität zu den speziellen Themen vorausgesetzt.

Detailverliebt wie komplex offenbart sich MR. ROBOT als vielschichtiges Werk, welches einem mit einer gewaltigen Fülle belohnt und mehrfach den Boden unter den Füssen wegzieht.

Episoden bei denen story- und actiontechnisch nicht viel passiert, liefern auf Charakter-Ebene weit mehr als andere Serien in einer gesamten Staffel. Stichwort: Authentizität. Es sind echte Menschen, mit echten Gefühlen. Und schlimme Ereignisse haben eine Nachwirkung.

Diese Aspekte ermöglichen es dem Zuschauer tief in die Serie und Charaktere einzutauchen. So haben die Geschehnisse eine enorme Wirkung. Wenn es zur Sache geht, dann sind aufgrund dieser Nähe der unmittelbare Thrill und die schonungslose Härte absolut eindringlich.

Alles mit reinem "show, don’t tell". Wirkungsvoll und Intensiv! Auch auf einer schwierig zu übermittelnder, kognitiver Ebene. Eine Referenzleistung des Visual Storytelling.

MR. ROBOT ist wie ein 50-stündiger Film anzusehen, der sich sogar in 5 Akte gliedern lässt. Von Anfang bis Ende in seiner Komplexität durchgeplant. Mastermind Sam Esmail (Drehbuch und Regie) hat seine Vision bis ins Detail komponiert und so ein vibrierendes Orchester geschaffen. Alles steht im Zusammenhang, baut aufeinander auf. Scheinbare Nebensächlichkeiten sind wichtig und tragen massgeblich zum grossen Ganzen bei. Selbst wenn ein anfänglicher Twist vorhersehbar erscheint, zeigt sich dessen wahre Bedeutung erst viel später und hebt schliesslich alles wieder auf ein ganz neues Level. Die Twists sind nicht mechanisch für den Zuschauer konzipiert, sondern natürliche tiefgreifende Enthüllungen für die Charaktere selbst.

Eine Vielzahl an Ausnahmefolgen bestechen durch ihre Einzigartigkeit und Genialität. Mit epischen Schlüsselmomenten, oder aufgrund der speziellen Machart. Stichworte: Sitcom-Folge, One-Take, ohne Dialog, Kammerspiel, Theaterstück. Dazu in jeder Staffel 3-5 aufeinanderfolgende Episoden mit einem durchgehend elektrisierenden Level an Hochspannung.

Dabei zeigt sich S02 authentisch in Bezug zu den Geschehnissen aus S01 und macht sich der Bezeichnung "Anti-Serie" nochmal alle Ehre. Wobei sich S03 als eine der besten Serienstaffeln überhaupt erweist. Mit S04 wird man nochmal eines Besseren belehrt. Zusammen mit Metaphern, Zitaten und Referenzen à la Fight Club ein audiovisuelles Meisterwerk: Kamerawinkel, Bildkomposition, Ausleuchtung, Schnitt und Musikuntermalung in Perfektion.

Die Dichte der angegangenen Themen ist enorm:

Digitalisierung und die daraus folgenden Konsequenzen. Kontrolle. Manipulation. Kapitalismus. Konsumgesellschaft. Generell Beleuchtung der Gesellschaft und des menschlichen Verhaltens.

Fuck Society..

Illusion. Was ist Wirklichkeit? Realität und das Akzeptieren dieser. Eskapismus. 

Psychische Erkrankungen. Depression. Sozialphobie. Einsamkeit. Schmerz. Verlust und Traumabewältigung. Verbundenheit. Aufopferung. Geborgenheit. Liebe.

Drogen Gebrauch und Missbrauch.

Die Welt hacken.

Rami Malek besticht durch seine elektrisierende Performance und Christian Slater markant als Mr. Robot. Beide Rollen hätten nicht passender besetzt werden können. Eine Meisterleistung wie Rami Malek seinem komplexen Charakter Leben einhaucht, da dieser sich vor allem durch innere Konflikte auszeichnet. Alle Nebencharaktere sind top besetzt und hervorragend gespielt. Das muss speziell hervorgehoben werden, weil die Serie vorwiegend auf emotionaler Ebene ihre Wirkung entfaltet. Fantastisches Schauspiel aller Beteiligten.

Auch Nebenfiguren sind genau ausgearbeitet und erhalten ein detailliertes Profil. Teils richtig markante und ikonische Figuren. Zusammen mit den genial geschriebenen Dialogen ergeben sich oft atemberaubende Szenen, wenn Kontrahenten aufeinandertreffen. Ganz grosses Kino!

Sam Esmail vermag es einzigartige magische Momente zu erschaffen. Völlig natürlich und bedeutungsvoll. Cineastisch gesehen höchste Kunst, wenn Figuren, Dialoge, Kamera und Ton/ Soundtrack in ihrer Ästhetik mit bedeutenden Schlüsselmomenten verschmelzen. Totale Überwältigung!

Psychisch grenzwertig und aufwühlen an THE LEFTOVERS erinnernd, übermittelt MR. ROBOT trotz vorwiegend düsterer Ernsthaftigkeit so gut wie alle Aspekte des Lebens. Auch Heiterkeit und Liebe, sowie grossartige Komik. Das funktioniert deswegen so gut, weil MR. ROBOT tief in die Psyche des Zuschauers greift und sich dort festsetzt, sozusagen mit uns verschmilzt.

Es werden Momente hervorgebracht, die wir auch selbst so oder ähnlich erlebt haben. Grössere Schlüsselmomente mit entsprechender Bedeutung, die in Erinnerung bleiben. Aber speziell auch beiläufige Augenblicke, die an uns vorbeiziehen. Tagtäglich, oder aus unserer Kindheit. Momente, die wir vergessen oder denen wir kaum Beachtung geschenkt haben. Diese sind genauso gehaltvoll und bereichernd. Sam Esmail zeigt uns viele solche Momente in ihrem ganzen Zauber. 

So kann einem dadurch bewusst werden, wie wir manchmal dem unmittelbaren Erleben entgleiten und alles an uns vorbeirauscht. Wie wir den Fokus oft auf grösseres, aber nur scheinbar wichtigeres legen. Wirklich bei sich ist man nur, wenn man im Moment lebt und somit auch subtile Momente bewusst erleben kann. Diese helfen uns auch extremes Leid und Schmerz auszuhalten und irgendwie durchzustehen. Liebe und Zuwendung, oder einfach nur da zu sein. Aber es reicht auch schon eine nette Geste, eine Begegnung, ein Blick, eine Unterhaltung, Nähe, ein wenig Träumen und Philosophieren. Diese Momente gilt es auszukosten, bewusst zu Leben.

Man erkennt was wirklich Bedeutung hat, und wo man vielleicht auf dem Holzweg ist und es nichts bringt, Äusseres zu ändern. Es liegt alles bei uns. Der Schmerz und das was wir uns antun hat nichts mit der Welt zu tun, aber mit uns. So sind wir. Auch wenn die fortschreitende Technologie uns verändert, bleiben wir im Kern doch so wie wir sind. Das macht uns aus. Gleichzeitig ist Liebe das was uns Kraft gibt, was uns erfüllt und nicht aufgeben lässt. Es geht darum hier zu sein, zu akzeptieren und zu wachsen.

So gesehen ist MR. ROBOT auch auf psychedelischer und spiritueller Ebene eine kleine Offenbarung.

Ganz beiläufig sind überall popkulturelle Referenzen und Hommagen eingebaut. Die Vielfalt und Kreativität geht auch hier komplett durch die Decke. Einige fallen direkt auf: Fight Club, Trainspotting, Zurück in die Zukunft, Matrix, V For Vendetta und diverse Serien. Weitere aus dieser langen Liste zu erwähnen würde nur die Entdeckerfreude und Überraschung schmälern.

Was für Referenzen versteckt sind, ist mindestens so erfreulich wie sie verpackt und in die Serie eingewoben wurden. Mal ist es ein Song der im Radio läuft. Eine Kamera-Einstellung 1:1 übernommen. Ein Dialog oder Querverweis auf storytechnischer Ebene. Oder aber direkt und klar mit einem ähnlichen Charakter (Patrick Bateman) oder sogar der Original-Figur (no spoilers).

Die Songauswahl glänzt ebenso mit Referenzen aus jeder Epoche. Generell ist der Ton immer auffallend. Ob Glitch-Geräsche und Verzerrungen, der geniale Score von Mac Quayle, oder die Songauswahl. Pulsierend, stets in Synergie mit den gezeigten Bildern. Die Varianz und der Einbezug sind grossartig: M83 sticht atmosphärisch besonders hervor. Dazu bspw. die Pianoversion der Mindfuck-Hymne "Where is my Mind" von den Pixies. Für Tarantino-Stimmung eine kambodschanische Version von Nancy Sinatras "Bang Bang". Chromatics, Tears For Fears, Depeche Mode, Roxette, Gang Starr, Lupe Fiasco, Robert Plant, Robbie Robbs "In Time", Mogwai, OK Go, u.v.m.

Eines von vielen weiteren Spielereien und Easter Eggs: Jede in der Serie gezeigte Internetseite ist wirklich aufrufbar. Es gibt sogar einen eigenen Subreddit von E-Corp, wo Angestellte über ihren Alltag schreiben. Auf einer Seite konnte man einen versteckten Code entschlüsseln, oder sich für die Zusendung eines T-Shirts registrieren.

MR. ROBOT ist weit mehr als nur eine Serie. Sie wirkt in so vielen Bereichen auf eine Weise, wie das sonst nichts in diesem Format auch nur ansatzweise schafft. Jeder der aufgezählten Punkte ist für sich perfektioniert und in Synergie zusammen mit der genialen und ergreifenden Story ein Erlebnis sondergleichen.

Es erfüllt mich, ein Teil davon gewesen zu sein.

A FUCKING MASTERPIECE

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