Von Smooli in Best of the Worst: Wofür Kotztüten, wenn es diese Filme gibt? - Teil 3
am Montag, 14 September 2015, 12:44 Uhr
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Man möchte wohl gar nicht wissen (obwohl, eigentlich doch), zu welch ordinären Schimpfwortkaskaden sich gestandene Rapper, wie beispielsweise ein Eminem („8 Mile“), hinreißen lassen würden, wenn sie sich das desaströse Jimi-Blue-Vehikel „Homies“ anschauen müssten: „Ochsenspast“ wäre da mit Sicherheit wohl noch eine der ganz milden Beleidigungen, die anschließend durch den Raum mäandern würden. Aber es hat ja schließlich alles seine Gründe, warum nicht nur renommierte Szene-Künstler, sondern auch die weitere Zuschauerschaft, die das 12. Lebensjahr bereits eine ganze Weile hinter sich gelassen hat, lauthals über „Homies“ räsonieren dürfte: Adnan Köses zweiter Spielfilm, nach dem 2008 erschienen „Lauf um Dein Leben! - Vom Junkie zum Ironman“ mit Max Riemelt, ist nicht einfach nur misslungen und vergessenswert, „Homies“ ist ein echter Knarzpfosten von deutscher Anti-Anti-Anti-Kultur, der mit Rap, seinem Geist, seinen Ausdrucksformen und seinem Lifestyle, genauso viel zu tun hat, wie Jimi-Blue Ochsenknecht mit einer Hauptrollenbesetzung im neuen Film von Michael Haneke („Die Klavierspielerin“).
Richtig enervierend an „Homies“ ist, dass er sich nicht einmal ansatzweise darüber im Klaren ist, wie wirklichkeitsfremd und verklärend er sein Thema handhabt: Marvin (die Ochsenknecht-Brut) nämlich hat es satt, im Bonzen- und Villenviertel mit dem goldenen Löffel im Mund zu residieren und bricht auf dem gutbürgerlichen Käfig aus, um endlich „real“ zu werden. Und um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, hilft ihm der Geist von Rap-King DW Court (Günther Kaufmann, „Die Sehnsucht der Veronika Voss“), der Marvin noch einmal ganz entschieden eintrichtert, dass man nicht bei Mutti auf der Couch zum Rapper wird, sondern einzig und allein auf der Straße! Da kommt es ihm gerade recht, dass er dem coolen Osman (Noch mehr Gangsta als Hammertime: Ismail Deniz, „Prisoners of War“) in die Arme läuft und für ihn im „Viertel“, wo sie von nun an überwiegend abhängen und Pizza schnabulieren, als Ghostwriter fungiert. Aber ein echter Rapper lässt sich nicht ausnutzen, auch wenn der theatralische Blick auf den Boden emotional natürlich richtig derbe was hermacht.
Selbstverständlich gibt es dort auch eine Mädchen, Stella (Sabrina Wilstermann) ihr Name, für das sich die beiden krassen Typen interessieren – Stress ist also vorprogrammiert! Junge, Junge, „Homies“ ist schon ein Krampf. Die furchtbaren Darsteller, die es selbst beim Casting zu „Schloss Einstein“ nicht in die nächste Runde geschafft hätten, sind eine Sache; wie extrem das Drehbuch aber Sozialrealismus mit Sozialromantik verwechselt, tut dann schon weh: Vermutlich hat man sich wirklich gedacht, „Homies“ als gesellschaftspolitische Milieu-Studie anzulegen und den Aufstieg eines Schickeria-Sprösslings zu dokumentieren, der sich durch den forcierten sozialen Abstieg die Zuversichts- und Durchhalteparolen zunutze macht, die er über einen schier endlosen Zeitraum von gut 90 Minuten propagieren darf: Leb deinen Traum! Es kommt nicht darauf an, wo du herkommst, sondern darauf, wo du hingehst! Mach die Hasenscharte zum Schönheitsideal! Dumm ist das neue sexy! Dass „Homies“ dabei mehr und mehr Klischees und Ressentiments bekräftigt, ist ihm redlich egal – Hauptsache die Verkaufszahlen bei der nächsten Jimi-Platte stimmen.