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Apocalypto [2006] - Pascals Meinung

Souli

Von Souli in Bilder des Zerfalls: Im Klammergriff der Kontroverse - Teil 20

Apocalypto [2006] - Pascals Meinung

Geht man heutzutage mit einem Projekt etwas härter ins Gericht, das sich noch traut, mit Mel Gibson zu werben, dann steht schnell der Vorwurf im Raum, diesen Film doch eigentlich nur aufgrund persönlicher Antipathien gegenüber dem australischen Enfant Terrible zu verdammen. Mit Sicherheit sind diese Beschuldigungen auch so manches Mal nicht zu widerlegen und einige Zuschauer stemmen sich so ostentativ gegen den Mann, wie sich andere gegen Roman Polanski, Woody Allen oder auch Klaus Kinski stemmen. Allerdings muss auch bei offenherziger Differenzierung zwangsläufig das Urteil gefällt werden, dass Mel Gibson zwar ein wunderbarer und charismatischer Schauspieler sein kann, als Regisseur jedoch auf der inhaltlichen Ebene (bis auf sein Debüt) ausschließlich Miserables abliefert. Ob sein historisch-verzogener Egotrip Braveheart, in dem sich Mel Gibson als William Wallace zum Messias im Schottenrock stilisiert oder der weitreichend polarisierende Die Passion Christi, bei dem er letztlich nur daran interessiert schien, die Leiden Christi in ultrabrutale Bilder zu schweißen.

Es zeichnete sich ab, dass Gibsons Werke technisch vollkommen auf der Höhe sind, als Geschichtenerzähler taugt der achtfache Vater und Buddy-Movie-Veteran allerdings so überhaupt nicht. Und genau das gilt auch für sein Maya-Abenteuer Apocalypto, mit dem sich Gibson als Filmemacher endgültig das Genick gebrochen hat, weil er sich gleichsam jedwede Glaubwürdigkeit, auf die er augenscheinlich so erpicht schien, in katastrophalem Ausmaß negiert. Selbstredend ist Apocalypto kein Film, der sich wirklich um den Untergang der Hochkultur der mesoamerikanischen Indianer von vor über 600 Jahren kümmert, auch wenn hier (angeblich) in Originalsprache kommuniziert wird und auch mal von der Gottheit Kukulkan die Rede ist. Vielmehr dient das Sujet Mel Gibson als schemenhafte Projektionsfläche seiner Weltanschauung, die er – mal wieder – mit extremen Gewaltspitzen und religiöser Verstrahlung verknüpft. Seinen manierierten Geltungsdrang akzentuiert Gibson jedenfalls auch hier nachhaltig.

Die Probleme beginnen schon in der ersten Minute, in der das Zitat „Eine große Zivilisation kann erst von außen erobert werden, wenn sie sich von innen bereits selbst zerstört hat.“ von William James Durant über den Schirm flimmert. Es ist die Einleitung für Gibsons durchaus pathologisch-weltfremde Opfer/Täter-Verschiebung, die gleichwohl den Titel Apocalypto postwendend in den Kontext seiner fundamentalistischen Ideologie rückt. Untergang als Erlösung; Befreiung und Reinigung durch das Christentum anhand der Kolonialmacht Spanien. Eine Katharsis der Brutalität, katalytisch basierend auf einer Prophezeiung - frei nach Monsignore Mel Gibson. Und diese Gewalt, dieses evidente Blutvergießen, wird ausgeschöpft, wo es nur geht. Wenn das Dorf der Maya im Dschungel überrannt wird und die Bewohner sich bald als Teil ritueller Opfergaben in einer zivilisiert-barbarischen Tempelstadt wiederfinden, langt Mel Gibson aus den Vollen. Herzen werden aus dem Brustkorb gerissen, Köpfe vom Torso getrennt und Berge von Leichen getürmt. Was zu Anfang noch einen durchaus abschreckenden Charakter inne trägt, wird irgendwann nur noch plakativer Gegenstand plumper Revenge-Grammatik.

Dazu gesellt sich ein holzschnittartige Figurenmuster, welches Gut und Böse zu kennen glaubt, während sich die inhaltliche Struktur von Apocalypto zum gleichschenkeligen Dreieck aus Fanatismus, Determinismus und Fundamentalismus formt. Das „damals war es nun mal so“-Argument zieht nicht in diesem Fall so gar nicht, weil nichts davon der Historik dienlich ist, sondern nur dem reinen Selbstzweck folgt, wie sich gegen Ende in einer furchtbaren Doppel-Schnitt-Szene manifestiert, in der unser Held Jaguar Pranke erst in Zeitlupe den Schädel eines Widersachers einschlägt, um es dann noch einmal in normale Geschwindigkeit zu wiederholen. Grauenhaft, wie Mel Gibson hier an allen Ecken und Ende ethische Rechtfertigung für seine Bilder sucht und es damit auch vermeidet, dass der Zuschauer irgendwie Mitgefühl für die Figuren aufbaut. Der Patriarch tut eben das, was ein Familienoberhaupt nun mal zu tun hat, jedenfalls in Gibsons konservativen Gehirnwindungen. Apocalypto möchte Authentizität suggerieren, ist in Wahrheit aber nur ein stupider Exploiter, manisch darauf versessen, das Reißerische aus dem Ethno-Korsett zukehren.

Wenn man Apocalypto allerdings etwas zugutehalten kann, eigentlich sogar muss, dann sind es seine handwerklichen Aspekte: Die Fotografien, seine Ausstattung, frei von jeder CGI-Entfremdung, und die abstrusen Fantasy-Masken. Das macht schon etwas her, ohne Frage. Sicher verlässt sich Gibsons Dschungel auch auf die tumbe Paradies & Hölle-Dialektik und ist weit entfernt von der pittoresken Metaphorik eines Werner Herzog (Aguirre, der Zorn Gottes), der diese beiden Aspekte immerzu überlappt, anstatt sie zu parallelisieren. Dan Semlers Kameraarbeit fängt die Erhabenheit der Natur, ihre gefährlich-faszinierende Flora und Fauna, dennoch mehr als überzeugend ein. Nur reicht das nicht allein, denn der Inhalt siegt immer über die Oberfläche, jedenfalls wenn man versucht, etwas zu erzählen. In Apocalypto herrscht nun wirklich alles andere als eine gesunde respektive symbiotische Koexistenz beider Segmente. Das müsste auch der größte Gibson-Fanboy erkennen.

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