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Die Puccio-Entführungen: »Alles inhouse«

Malinche

Von Malinche in »Ich stellte mir Freaks vor« — Interview mit »El Clan«-Regisseur Pablo Trapero

Die Puccio-Entführungen: »Alles inhouse« Bildnachweis: © 20th Century Fox

Sie hatten auch ihren eigenen Slang, oder? Sie sprachen ja nicht von »Opfern«, sondern von »Gästen«.

Nun, das ist auch ein wenig Fiktion. Die Art, wie Arquímedes redet, ist eine Erfindung, ebenso sein Sprechstil am Telefon, wo man meint, das ist eine Maschine, die da redet, ein wenig militärisch. Das mit den »Gästen« … ein paar Ausdrücke stammen aus dem tatsächlichen Jargon von Entführern. Das Konzept der »Hotellerie« gibt es da zum Beispiel tatsächlich.

Normalerweise werden Entführungen nicht von Anfang bis Ende von der gleichen Person ausgeführt, vor allem nicht, wenn es Gruppenaktivitäten sind und nicht wie hier etwas eher Privates. Aber in der Regel ist das alles unabhängig organisiert — einer führt die Entführung durch, diese Zelle kennt dann wiederum nicht die Zelle der Leute, die für die »Hotellerie« zuständig sind, also den Ort, wo der Entführte festgehalten wird. Und die wiederum kennen nicht denjenigen, der die Lösegeldverhandlungen führt. Also, einer verhandelt, einer entführt, einer bewacht, einer macht die Übergabe. Es sind unterschiedliche Gruppen, und das schützt die Integrität der ganzen Organisation — wenn eine der Zellen gefasst wird, wissen sie nichts über den Rest. Das ist also eine gängige Methode bei Entführungen.

Der Unterschied ist, dass Puccio alles selbst gemacht hat, alles »inhouse«: er entführte, hielt sie in seinem Haus gefangen, verhandelte, kassierte das Lösegeld …

Argentinisch gesagt: Ein Familienunternehmen.

Ein Familienunternehmen, klar. Die Rotisserie, die sie anfangs betrieben und die auch sehr bekannt im Viertel war, war auch ein Zeichen dafür, dass die Familie Geld hatte — vor allem, als sie aus der Rotisserie den Sportladen machten, der aus heutiger Sicht natürlich ziemlich altmodisch ist. Aber all diese Artikel … Bei Geschäften wie diesem ist viel Geld im Spiel, weil es alles moderne Dinge waren. So wie heute bei den Läden für Extremsportarten. Damals war das eine Revolution und eine echte Neuheit — tatsächlich erinnern sich die Leute noch immer an diesen Laden, weil er so ein bisschen Avantgarde für solche »extremen« Sportarten wie Tauchen oder Surfen in Argentinien darstellte.

Wann hattest du die Idee, dass der Fall Puccio ein Film werden sollte? Wie, wann, wo?

Wie ich schon sagte, die erste Neugier entwickelte ich, während ich »Löwenkäfig«drehte. Und etwas später, ein paar Jahre später, als ich wirklich zu recherchieren begann, da war ich schon sicher, dass es ein Film sein würde. Mitte, Ende 2012 kündigte ich das an, als ich gerade »Elefante Blanco« beendet.

Natürlich war zu jenem Zeitpunkt noch gar nichts fertig, ich steckte ja noch mitten in der Recherche. Aber dass ich einen Film über die Puccios machen würde, wusste ich mit Sicherheit seit 2008 und 2012 habe ich die Idee endgültig festgemacht. Nach 2012 wurde ich eingeladen, an einem sehr großen Film mitzuarbeiten, einem Film auf Englisch, der in Indien gedreht werden sollte. Er sollte auf dem aktuellen Roman des Autoren beruhen, der auch »Slumdog Millionaire« geschrieben hatte. Die Arbeit an diesem Film hat mich anderthalb Jahre gekostet, aber letztlich ist wegen aller möglichen Produktionsfragen noch nichts gedreht worden. Da musste ich also warten. Und als letztes Jahr klar wurde, dass jener Film endgültig nicht gedreht wird, widmete ich mich wieder »El Clan«.

Zur Vorbereitung hast du Leute getroffen, die die Puccios kannten. Wie haben die darauf reagiert, dass du einen Film über dieses Thema drehen willst?

Also, als mir klar wurde, dass es zu dem Thema wenig Informationen gibt, fühlten wir uns gezwungen, selbst Nachforschungen anzustellen. Irgendwo zwischen journalistisch und detektivisch. Darum war das ein ziemlicher langer Prozess. Es brachte mit sich, dass wir mit Anwälten sprchen, mit Richtern. Wir sprachen mit zwei Richtern, die heute in Argentinien extrem bekannt sind, Servini de Cubrí und Alberto Piotti. Wir sprachen auch mit Experten, mit psychologischen und kriminalistischen Gutachtern, mit Leuten aus dem Viertel, ehemaligen Clubkollegen Alejandros, Freunde Alejandros, die ihn auch zu Hause besucht hatten und darum die Familie hinter den Kulissen kannten. Freunde von Maguila.

Wir haben viele Anläufe unternommen, mit Epifanía und Adriana — Mutter und Tochter —  zu reden, das sind die, die noch am Leben sind. Aber wir haben es nicht geschafft, sie haben es nicht getan. Wir hatten Zugang zu den Akten, den Zeugenaussagen, zu Fotografien … Alles das hat es uns gestattet, eine ganze Welt aufzubauen.

Und als wir 2012 den Film offiziell ankündigten und ich für das andere Projekt in Indien war, ließ Arquímedes Puccio die Medien wissen, dass Trapero ihn besuchen sollte, damit er seine wahre Geschichte erzählen konnte. Nun, er war schon alt und als ich nach Argentinien zurückkehrte, war er bereits gestorben. Aber such mal im Internet, da findest du die Nachricht, in der Puccio sagt: »Ich werde die wahre Geschichte erzählen«. Nichtsdestotrotz hat er bis zuletzt alles geleugnet. Arquímedes Puccio hat niemals um Verzeihung gebeten, hat nichts von dem anerkannt, wofür er verurteilt wurde. Aber es ist bewiesen, dass er es getan hatte.

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